7Talks für eine bessere Welt [Teil 3/7] Frieden & Gerechtigkeit

In der dritten Folge unserer experimentellen Talkreihe, 7Talks, haben wir Detlef Mielke von der Deut­schen Frie­dens­ge­sell­schaft – Ver­ei­nigte Kriegs­dienst­geg­ne­rIn­nen / DFG-VK., zu Gast. Es geht um die Frage: „Wie können wir Frieden schaffen in der Welt?“

1. Runde

Die Momentaufnahme

Kein Mensch will Krieg. Zumindest kein vernünftiger Mensch. Keiner der mit anderen mitfühlen kann, könnte so etwas wollen. Und doch ist diese Welt, ist unser Planet kein ausschließlich friedlicher Ort, gibt es Kriege, gibt es Mord und Totschlag und – so scheint es – niemals enden wollendes Leid. Es gibt Menschen, die den Einsatz von Waffen befürworten, tolerieren oder gar aktiv unterstützen, wenn es darum geht, „Frieden“ herzustellen. Oder politische, wirtschaftliche und geostrategische Interessen durchzusetzen. Man fragt sich, warum eigentlich…

Es gibt Waffen. Und sie werden auch benutzt. Denn der Verkauf und Einsatz von Waffen bringt Profite. Es ist ein Wirtschaftszweig. Der Gebrauch ist ein Wirtschaftsfaktor, sogar kein unerheblicher. Die Deutschen sind Waffenlieferant Nummer Drei in der Weltbestenliste. Und man kann auch davon ausgehen, dass es betrieben wird, obwohl die Folgen überhaupt nicht absehbar und beherrschbar sind.


Die Zielfrage

Unsere Weltgeschichte ist eine Geschichte der Kriege, der Kämpfe um Besitz, Land, Macht und Geld? Muss das eigentlich so sein? Ist das der Weisheit letzter Schluss? Gibt es eine Möglichkeit, die Spirale der Gewalt zu überwinden? Was können wir, was müssen wir tun? Die Zielfrage für diesen Talk lautet:

„Wie können wir Frieden schaffen in der Welt?“


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Die Themenfelder

In der ersten Runde konnten sowohl unser Talkgast Detlef Mielke, als auch die Zuschauer Themenfelder vorschlagen, die sie für besonders wichtig und problematisch halten:

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Krieg in unser aller Namen

Detlef Mielke: „Dieses Land in dem ich lebe führt Kriege zurzeit. Gerade jetzt: 1900 Soldaten sind immer noch in Afghanistan. Nur redet kaum noch jemand darüber. Die führen Krieg und behaupten, dass sei in meinem Namen. Das sei in Eurem Namen! Sie behaupten auch, sie führen überhaupt keinen Krieg, sondern machen da die Welt gerade besser. Ich lebe im Herzen der Bestie. Ich lebe in einem Land, das andere Länder ausbeutet. Das andere Menschen ausnutzt. Das mitverantwortlich ist für die sechs Millionen Kinder, die nach UN-Angaben jährlich sterben. Seit Jahrzehnten. Und die Bundeswehr ist ein Teil dieses Instrumentes zur Beherrschung der Welt. Wir wollen deshalb die Bundeswehr abschaffen.“[/notification]

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Krieg als Wirtschaftsfaktor

Moderator: „Es gibt starke Interessen von Gruppen die Vorteile dadurch haben, dass Kriege stattfinden. Man verdient Geld mit Kriegen! Man hat darüber hinaus vielleicht territoriale, energiepolitische und andere Vorteile. Das sind massive Gründe, solche Dinge voranzutreiben.“[/notification]
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Kapitalismus braucht Krieg

Zuschauerin: „Inzwischen sagt ja sogar schon der Papst: Der Kapitalismus braucht den Krieg! Es wäre also ein wichtiger Ansatzpunkt, das ökonomische System zu verändern – für eine friedlichere Welt.“[/notification]
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Kampf um Ressourcen

Zuschauerin: „Es ist ein Kampf um Ressourcen, der schon längst im Gange ist. Ich weiß gar nicht, ob da politisch so viel entschieden wird, das ist alles so vordergründig. Für mich ist es so, dass die Welt längst nach diesen Wirtschaftsprinzipien funktioniert. Die Wirtschaft entscheidet. Und es ist so, dass man das in der Öffentlichkeit vielleicht nicht so publik macht: Es ist der Kampf um knapper werdenden Ressourcen.“[/notification]
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Herrscher schreiben Geschichte

Detlef Mielke: „Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte der Kriege, weil diejenigen die Macht haben, Kriege führen. Und weil sie die Geschichte schreiben und uns die Geschichte vermitteln – als eine Geschichte von Kriegen.“[/notification]
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Selbsterhaltung des Militärs

Zuschauerin: „Ich denke auch, dass sich das Militär ein bisschen selbst erhält. Das ist auch ein wirtschaftlicher Aspekt. Aber es ist so, das eine Riesen-Industrie da drinnen steckt. Und das muss eben in irgendeiner Form auch gerechtfertigt werden. Und die wissen vielleicht auch gar nicht, was sie anderes machen sollten.“[/notification]
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Gewalt als Lösungsstrategie

Zuschauer: „Krieg ist so lange unvermeidbar, so lange es Herrschaft gibt. Herrschaft ist ja auch im Inneren eines Landes das Durchsetzen von Machtpositionen in Form von Gewalt. Ich habe gerade einen Film gesehen über die Vertreibung von Mietern in Berlin- wie dort eine Familie aus dem Haus vertrieben werden sollte. Und da haben sich rund 1000 Menschen davor versammelt und versucht, das zu verhindern. Und da sind gleich mehrere Hundertschaften Polizei angerückt. Auch das ist Gewalt im Inneren. Und so lange es diese Formen von Gewalt im Inneren einer Gesellschaft gibt, wird es auch nach Außen so sein. Ich denke, es muss beides zusammen angegangen werden.“[/notification][notification type=“notification_error“ ]

Teilnahmslosigkeit

Moderator: „Es gibt zudem eine gewisse Interessenlosigkeit von Leuten die sagen: Das passiert jetzt außerhalb und nicht direkt vor unserer Tür. Insofern setzen wir uns nicht so aktiv ein. Es existiert ein Desinteresse und bis zu einem gewissen Grad führt auch unsere Teilnahmslosigkeit dazu. Und das Strafe ein durchaus probates Mittel ist, um Politik überall dort wo es bisher nicht funktioniert dann eben auch militärisch weiter zu führen.“[/notification]
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Konditionierung der Gesellschaft

Moderator: „Zudem stellt sich die Frage, wie wir als Gesellschaft konditioniert sind. Beispielsweise, indem wir uns sagen: Wer bestraft werden muss für sein Handeln, der verdient es auch, dass das ab einem gewissen Grad mit militärischen Mitteln geschieht. „[/notification]
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Dialogunfähigkeit

Zuschauer: „Aus meiner Sicht ist ein Grund für Krieg auch immer dann gegeben, wenn Parteien oder Personen nicht dialogfähig sind. Und in dem Zusammenhang ist Krieg in einer gewissen Weise vielleicht unvermeidbar.“[/notification]
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Medienberichterstattung

Zuschauerin: „Bekannt ist auch, dass jeder Krieg mit einer Lüge beginnt. Da sehe ich unsere Medien in der Pflicht, dass sie nicht die Kriegshetze und die Lügen weiterverbreiten, sondern auch objektiv Berichterstatten.“[/notification]


2. Runde

Szenarien für eine bessere Welt

In der 2. Runde haben wir gemeinsam positive Szenarien und Lösungsansätze gesammelt.

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Bewusstseinswandel in Gesellschaft

Detlef Mielke: „Es gibt positive Entwicklungen. Sehr viele sogar. Die Mehrheit der Bevölkerung in der BRD ist gegen Kriege. Das ist eine positive Entwicklung. Ich glaube ja nicht an den 100-jährigen Kalender, aber beim Beginn des 1. Weltkrieges vor 100 Jahren, da war eine Mehrheit für Kriege. Kriegsführung war wichtig zur Mannwerdung. All diese Ideen die es da gab, existieren in dieser Gesellschaft so kaum noch.“[/notification]

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Frieden beginnt im kleinen Kreis

Zuschauerin: „Ich habe mir eine Pyramide aufgemalt… Ich finde, Frieden geht los im kleinen Kreis. Wenn ich sage, ich habe in meiner Familie eine stabile Situation und das ist friedlich und voller Verständnis, dann kann ich das nach Außen tragen, zur Schule, zur Arbeit… Und dann kann man das auf eine Gesellschaft übertragen. Und wenn es mehrere Länder gibt, in denen es so stabil ist, weil von Unten her Stabilität und Verständnis kommt, dann kann man das irgendwann auch auf die ganze Welt beziehen. Man muss eine Gerechtigkeit aufbauen, die unten anfängt und immer weiter aufgefächert wird. Das hat gar nicht so viel mit Politikern zu tun, sondern mit der Zufriedenheit des Einzelnen.“[/notification]

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Konfliktforschung

Detlef Mielke: „Es gibt ganz viele Entwicklungen, Übungen, Lernfelder. In Hamburg gibt es ein Institut, das ikm (Institut für konstruktive Konfliktaustragung und Mediation e.V.), dass sich genau mit dieser innergesellschaftlichen Konfliktlösung beschäftigt. Das kommt aus der Friedensbewegung. Es gibt auch im internationalen Bereich Konfliktlösungsinstrumente. In Europa gab es den Helsinki-Prozess. Den kennen wahrscheinlich nur noch die Älteren. Ost-West-Konflikt und -Annäherung. Die sogenannte „Entspannungspolitik“, oder die „neue Ostpolitik“. Daraus entstand etwas, was auch jetzt immer erwähnt wird: Die KSZE und die OSZE. Es gibt diese Lösungsinstrumente! „[/notification]

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Konfliktvermeidung

Detlef Mielke: „Ob aus Konflikten immer Kriege entstehen, oder ob die machthabenden Entscheider und Entscheiderinnen immer Krieg wollen, das will ich nichts unterstellen. Weil wir ganz schlecht messen können, welche Konflikte denn vermieden wurden, durch Instrumente wie z.B. die OSZE. Oder durch den Aussöhnungsprozess innerhalb Europas. Der EU stehe ich sehr kritisch gegenüber, weil sie eine Außenwirkung hat. Trotzdem gibt es auch eine Innenwirkung und es gibt einen Austausch, an dem lange Jahre und Jahrzehnte Menschen ernsthaft gearbeitet haben. Das wird deutlich in so lokalen Geschichten, wie Städtepartnerschaften usw. – die gelebt werden.“ [/notification]

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Verzicht auf Krieg

Detlef Mielke: „Ich kann auch das „Kriege beenden“ bezeichnen als einen „Verzicht auf Krieg“. Verzicht auf die Bundeswehr. Verzicht auf militärische Auseinandersetzungen.“ [/notification]
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Auf Frieden, nicht auf Krieg, fokussieren

Zuschauerin: „Ich möchte mal den Fokus vom Krieg auf den Frieden lenken. Denn ich frage nicht: Was können wir gegen Krieg tun, sondern was können wir für Frieden tun. Wie können wir das stärken, was wir wollen? Wenn wir immer über Krieg reden, dann lenken wir auch unsere Energie dahin. Das ist wie ein Sog.“[/notification]

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Kommunizieren

Zuschauerin: „Ich denke Kommunikation ist ganz wichtig. Ich habe etwas gelesen über eine Organisation die machen Brieffreundschaften zwischen Israelis und Palästinensern. Die sich schreiben und zeigen, dass es immer noch Menschen gibt, die sich verstehen, dass man Gemeinsamkeiten hat. Dass das Schubladendenken aufbricht und durch Erziehung lernt, die Individuen zu sehen, miteinander klar zu kommen und sich aufeinander einzulassen.“ [/notification]

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Kleine Lösungen schaffen

Zuschauer: „Ich finde es schwierig Krieg und Frieden als Ganzes zu adressieren. Ich könnte mir vorstellen, dass es auf konkrete Situationen bezogen andere Lösungen gibt, als beim großen Feld, wo alles Mögliche einbezogen werden muss.“ [/notification]

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Kriegsursachen verringern

Zuschauer: „Es gibt auf verschiedenen Problemfeldern, mal unabhängig von Krieg und Frieden, ähnliche Ansätze. Ich denke, eine der größten Herausforderungen die wir in Zukunft haben werden ist es, eine Ökonomie aufzubauen, die mit weniger Ressourcenverschwendung arbeitet. Die mit mehr geschlossenen Kreisläufen arbeitet, mehr auf Selbstversorgung setzt. Damit würden zumindest einige Kriegsursachen wenn nicht wegfallen, so doch zumindest gemildert werden.“ [/notification]

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Friedenswillen zeigen

Zuschauerin: „Die Tatsache, dass eine Mehrheit der Bevölkerung für den Frieden ist, muss sichtbar werden. Ich finde es ganz wichtig, dass man das zeigt. Das man auf die Straße geht, bei den Petitionen mitmacht etc.“ [/notification]

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Friedliche Begegnungen

Zuschauerin: „Ich wünsche mir, dass wir die Massen mobilisieren können für friedliche Begegnungen. Das nicht das „Gegen den Krieg-sein“ mehr und mehr wird, sondern dass viele Leute zusammenkommen und sagen: Nein, hier nicht. Wir wollen friedlich miteinander leben!“ [/notification]

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Auf Vormachtstellung verzichten

Zuschauerin: „Es ist sehr einfach so ein Statement, wie „Ich bin für den Frieden“ nach Außen zu tragen. Aber ich weiß nicht, ob immer das Bewusstsein dabei ist zu sagen, dass man politisch auch bereit ist, auf eine Stellung in der Welt zu verzichten, die wir jetzt – als Privilegierte – einnehmen. Da muss der Zusammenhang auch klar werden, dass man sagt, dass man den Frieden will. Dass man dann aber auch bereit ist, international andere Politik zu unterstützen, als sie momentan betrieben wird.  “ [/notification]


3. Runde

Fazit

„Wir können uns natürlich ganz viel überlegen, wie sich Konfliktparteien anderswo in der Welt austauschen sollen. Für mich beginnt aber das Kehren vor der eigenen Haustür. Wir müssen erst einmal dafür sorgen, dass von hier kein Krieg ausgeht. “ (Detlef Mielke)


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Mitmachen!

Das waren einige Auszüge aus dem Talk. Wenn Ihr mehr erfahren wollt schaut Euch das Video an. Wir werden demnächst die Themenfelder, Szenarien und Lösungsansätze noch weiter diskutieren und überlegen hierfür ein Plenum einzurichten. Wenn Ihr weitere Themenvorschläge, Meinungen zu den genannten Themenfeldern oder auch Lösungen habt, dann freuen wir uns über einen Kommentar!
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Info

7Talks für eine bessere Welt ist eine experimentelle, interaktive Talkshow von 4,5 Stunden anlässlich der Konferenz für eine bessere Welt, am 7. September 2014 in Hamburg. Talkgäste und Zuschauer sammeln und diskutieren gemeinsam Szenarien für eine bessere Welt. Alle Talks werden zeitlich auf einer großen Wand illustriert.

Moderation: Marek Rohde
Co-Moderation: Jonas Laur.
Graphic Recording: Clara Roethe
Video: Erster Sinn.

https://www.dfg-vk.de
http://clararoethe.de
http://www.erstersinn.de