Irgendwie war es doch schon lange klar, oder? Das geplante Ausstiegsszenario für Atomkraftwerke, dass noch vor einigen Jahren Hoffnung machte, ist gekippt worden. Politik und Lobbyisten haben sich in Berlin durchgesetzt und verkaufen uns die Verlängerung als alternativlos.

Die Betreiber klatschen in die Hände und interessieren sich nur für die eigenen Vorteile, während etliche Mainstreammedien ordentlich Stimmung gegen die Gegner machen. Dabei werden die Argumente „Störfälle“, „Atommüll“ und „Terrorgefahr“ am liebsten gemieden. Doch genau diese zeigen, dass unsere Energie-Zukunft weiterhin gefährliche Begleiterscheinungen mit sich bringt. Von wegen „grüne Energie“…

Spaß suchende Event-Protestler

Nachdem auf WELT ONLINE Atomkraftgegner als Spaß suchende Event-Protestler dargestellt wurden, liefen die Kommentatoren Sturm und konfrontierten Autor und Redaktion mit ihren Sorgen. Einige griffen die Meinung des Artikels auf und zeigten ihre Verachtung gegenüber diesen Gegnern. Der überwiegende Rest wies jedoch zurecht darauf hin, dass die Demonstranten eben nicht nur aus einer bunt gewürfelten Gruppe linker Aktivisten besteht, sondern sich der Protest durch alle Gesellschaftsschichten zieht.

Auch die von Befürwortern gern gemiedene Frage nach dem Atommüll tauchte immer wieder auf. Hierauf gab es von den Befürwortern keine Antwort, denn außer der „Demo-gleich-Links-These“ gab es kaum andere Argumente. Und wer versuchte, trotzdem aus Atomstrom „grüne Energie“ zu machen, kam bei den Diskutanten nicht sehr weit. Mittlerweile wurde die Kommentarfunktion geschlossen, wie es immer gern gemacht wird, wenn sich die Stimmung gegen die Meinung der Autoren richtet.

Unheilige Allianz von Wirtschaft, Politik und Medien

Während die Demonstranten den Reichstag geradezu einkesselten, und nicht locker ließen, ist der Drops eigentlich schon gelutscht. Und genau hier wird das Prinzip der unheiligen Allianz aus Wirtschaft, Politik und Medien wieder einmal deutlich:

1. Die Wirtschaft hat ein Interesse (Geld),
2. beackert die Politiker,
3. nutzt die Medien, um die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen.
4. Die Medien werden zu Steigbügelhaltern,
5. wiederholen ihre Argumente immer wieder,
6. beginnen damit, alle Gegner zu diskreditieren,
7. und erklären die Wirtschaftsinteressen als Meinung der Mehrheit.
8. Die Politik ändert entsprechend Gesetze und Vereinbarungen,
9. und bezieht sich dabei auf die (vermeintliche) Mehrheit

Medien werden zu Wirtschaftslobbyisten

„Ganz Deutschland ist dafür,…“ – „Ganz Deutschland ist dagegen,…“ titelt manches große Blatt ganz einfach drauf los; oftmals mit Berufung auf irgendwelche Umfragen, die allerdings nur unter der eigenen (und über Wochen weich gekauten) Leserschaft durchgeführt wurde – oder aber auf Gutachten, die allerdings von wirtschaftsnahen Organisationen durchgeführt wurden.

Auf diese Weise wird versucht, dass öffentliche Klima zu beeinflussen, ganz gleich, ob die Zahlen einer Kritik standhalten würden. Es wird einfach behauptet was gewünscht ist und dann soll doch mal jemand das Gegenteil behaupten. Mit einigen Tausend Handzetteln gegen Millionenauflagen anzutreten fällt nicht eben leicht…

Die tatsächlich alternativen Energien geraten ohnehin unter Druck, denn sie dürfen erst eingespeist werden, wenn der Atomstrom zurück gefahren wird. Wenn nicht, dann bleiben sie auf der Strecke, was wiederum den Strom verteuert. So soll dafür gesorgt werden, dass die positive Bilanz grüner Energie nicht noch deutlicher wird. Man spricht zwar von der Atomkraft als einer „Brückentechnologie“ hin zur grünen Energiepolitik, doch diese Brücke wird nach Belieben immer weiter verlängert.

Einkesseln des Reichtags

Auch das Fernsehen leistet seinen Beitrag und zeigt zwar (wie in diesem Fall) die Demonstranten, doch kommen sie selten gut weg in der Berichterstattung. Man nennt die von der Polizei angegebene Teilnehmerzahl und stellt sie stets gegen die Zahlen der Veranstalter. So wird der Protest in der Regel schon mal um 50 Prozent reduziert. Sie greift Begrifflichkeiten auf, die bereits in der Tagespresse für Stimmung gegen die Gegner machte.

Aktuell ist vom „Einkesseln“ des Reichstages in Berlin die Rede. Das hört sich schön bedrohlich an; so, als würde es sich hier um eine gewaltbereite Gruppe von „Autonomen“ handeln. Gern zeigt man Bilder von Leuten die etwas skurril daher kommen und leicht lächerlich gemacht werden können. Auf diese Weise bekommt das ganze Ansinnen der Demonstration eine ganz eigene

Aura der Ernstlosigkeit. Demonstration = Party

Dieses Bild reicht schon. Wenn man dann noch ein paar linke Gruppen zeigt die am besten laut herum schreien und bedrohlich aussehen… perfekt!

Doch alles Getrickse hilft nicht. Die Frage des Atommülls schwebt wie eine dunkle Wolke über der politischen Entscheidung. Längere Laufzeiten bedeutet nun mal auch mehr Atommüll – da kann sich niemand heraus reden. Und wer, angesichts dieser Umweltbelastungen, Atomstrom als „grüne Energie“ verkaufen will, wird beim nächsten Asse II wahrscheinlich eine Weile abtauchen, oder aber einen solchen Skandal zum Einzelfall erklären. Eine Verbindung zwischen Atomlobby, Wirtschaftsinteressen und Naturverschmutzung wird jedoch strikt geleugnet.

Nicht entmutigen lassen

Auch wenn es so aussieht, als wenn jedwede Gegenwehr letztlich verpuffen würde, sollte man sich nicht entmutigen lassen. Auch wenn sich die „Vierte Macht“, die Medien, weitgehend von ihrer Aufgabe, den Mächtigen auf die Finger zu schauen und ihre Aktionen kritisch zu hinterfragen, verabschiedet hat, ist die Bevölkerung nicht dumm. „Atomkraft ist klasse, günstig und alternativlos!“ heißt es zwar gebetsmühlenartig, doch kein Mensch – nicht einmal die Befürworter – würden gern neben einem Atomkraftwerk oder einer Atommülldeponie wohnen.

Es gibt also ein berechtigtes Interesse auch dann nicht locker zu lassen, wenn alles schon vergebens erscheint. Gerade aktuell weißt Greanpeace auf die Gefährdung durch Terrorangriffe hin – und sticht damit in ein argumentatives Wespennest. Denn die allseits geschürte Angst vor Anschlägen dient ja bereits einer Staffete politischer (und wirtschaftlicher) Maßnahmen und wird immer wieder aufs Neue hoch gekocht. Auch darauf gibt es keine klare Antwort. Terrorgefahr ja, aber Terror gegen Atomkraftwerke… indiskutabel? Man muss also hoffen, dass es nie dazu kommt, doch wirklich triftige Argumente haben die Befürworter auch hier nicht.

Laufbahn wie ein Bumerang

Das Gerangel um die Energie der Zukunft wird weiter gehen. Und es geht um sehr viel Geld. In dieser Phase haben sich Politiker zum Büttel der Atomlobby gemacht. Doch genau dieses Verhalten könnte sich zu einem späteren Zeitpunkt der Laufbahn wie ein Bumerang zurück melden. Bis dahin gilt es die Bevölkerung aufzuklären und auch auf die bestehenden Probleme, zum Beispiel bei der Mülllagerung hinzuweisen. Hier haben die Befürworter einfach keine Argumente mehr; müssen also intensiv und immer wieder darauf hingewiesen werden.

Wer möchte ein zweites Tschernobyl, doch niemand? Auch wenn gesagt wird, dass ja in anderen Ländern (wie Schweden) nun auch verstärkt auf Atomstrom gesetzt würde… Je mehr Atomkraftwerke es gibt, desto größer nun mal auch die Wahrscheinlichkeit dass es zu Störfällen kommt. Desto größer die Menge an Müll und desto größer die Gefahr, dass in unserer politisch instabilen Welt Atommeiler zu Angriffszielen werden. Wer dies hin nimmt und sogar begünstigt, sollte stets daran erinnert werden, dass er auch sämtliche Folgen mit zu tragen hat.