Bock oder Gärtner – die politischen Folgen der Finanzmarktkrise

Die Finanzmarktkrise (und in ihrem Schlepptau die Wirtschaftskrise) haben gezeigt, dass der internationale Finanzmark stärker geregelt werden muss. Es kann nicht sein, dass Millionen von Menschen leiden, weil einige nicht genug Geld bekommen zu können meinen. Doch welche Regeln brauchen wir?

Die G20 wollen sich Anfang April zur Erörterung genaue dieser Frage treffen.  Aber was wird dort beraten? Welche Vorschläge kommen da auf den Tisch? Worüber streitet man sich da? Welche Lösungen und Ideen stehen zur Debatte? Und – wer macht hier eigentlich Vorschläge?

Erstaunlicherweise (oder sind wir nicht wirklich erstaunt?) sollen das nun wiederum Menschen jenes Kalibers sein, die uns überhaupt erst in die Krise geführt haben – jedenfalls wenn man einer Kurzstudie „Would You Bank on Them?“ von Corporate Europe Observatory, Friends of the Earth Europe, LobbyControl und Spinwatch glauben darf. Sie haben die „Expertenrunde“ unter die Lupe genommen, die der EU-Kommission Vorschläge zur Reform der Finanzmärkte machen soll, und kommt zu dem Ergebniss:

Die achtköpfige Expertengruppe ist extrem einseitig besetzt. Vier Mitglieder haben direkte Verbindungen zu den Großen der Finanzbranche: Jacques de Larosière war lange als Berater von BNP Parisbas tätig, Otmar Issing ist Berater von GoldmanSachs, Onno Ruding berät CitiGroup. Mit Rainer Masera ist auch der ehemalige Geschäftsführer von Lehman Brothers Italy in der Gruppe vertreten. Einem fünften, Callum McCarthy, wird in seiner Rolle als Chef der britischen Finanzaufsicht FSA grobes Versagen vorgeworfen. Ein weiterer, Leszek Balcerowicz, gilt als marktradikaler Gegner von Regulierung. Kritische Perspektiven fehlen in der Gruppe.

Natürlich fordert Lobby Control nun eine ausgeglichenere „Expertenrunde“, mehr Transparenz und Offenheit. Das würden wir uns natürlich auch wünschen – schon seit langem und leider doch bisher weitgehend ohne realistische Hoffnung. Wer nun in Schimpftiraden über das Demokratie-Defizit der EU ausbrechen möchte: gemach. Denn auch in Deutschland soll es laut Lobby Control nicht besser aussehen:

Die deutsche Expertenkommission der Bundesregierung zur Reform der internationalen Finanzmärkte, genannt „Neue Finanzarchitektur“, weist ein ähnliches Muster auf. Ihr Vorsitzender ist Otmar Issing – neben der bereits erwähnten Beratertätigkeit für GoldmanSachs Präsident des Center of Financial Studies, einem von der Finanzbranche gesponsorten Institut an der Universität Frankfurt. Mit Klaus Regling ist ein weiterer knallharter Monetarist in der Gruppe, der auch schon in der Finanzbranche arbeitete (für Moore Capital Strategy Group, einen Hedge-Fond). Außerdem gehört der deutschen Gruppe Jan Pieter Krahnen an, der neben seiner Tätigkeit als Professor an der Goethe Universität Frankfurt Direktor des Center of Financial Studies ist und im Beirat der DZ Bank sitzt.

Dazu kommt William R. White von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), der frühzeitig vor der Finanzkrise gewarnt hatte. Als Vertreter der Bundesregierung nehmen der Wirtschaftsberater von Angela Merkel, Jens Weidmann, und der Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen teil. Asmussen steht als Aufsichtsratsmitglied der Mittelstandsbank IKB und wegen seiner früheren Mitgliedschaft im Gesellschafterbeirat der True-Sale International (TSI) in der Kritik, einer Lobby-Plattform für die Förderung von Verbriefungsgeschäften in Deutschland (siehe hier oder in zahlreichen Meldungen auf den Nachdenkseiten). Auch Krahnen ist heute noch Mitglied im TSI-Beirat.

Weitere Infos unter: www.lobbycontrol.de/blog/