Gerade vor Weihnachten ist es an der Zeit, wieder einmal darauf aufmerksam zu machen, was wir eigentlich kaufen – beispielsweise als Geschenk für unsere Lieben – und ob wir nicht einen Teil der Unmengen an Geldern und Geschenken, die da jährlich unter unseren Weihnachtsbäumen landen, nicht lieber spenden sollten…?

Unter dem Motto „Stoppt Ausbeutung!“ rufen UNICEF und die Siegelorganisation TransFair zu Spenden für Programme gegen Kinderarbeit und für Fairen Handel auf. Mit den Erlösen aus der traditionellen UNICEF-Weihnachtsaktion wird UNICEF in diesem Jahr gezielt arbeitende Kinder in Indien, Burkina Faso, Ecuador und auf den Philippinen unterstützen. Nach Schätzungen von UNICEF arbeitet fast jedes siebte Kind zwischen fünf und 14 Jahren – weltweit sind das etwa 158 Millionen. Rund 8,4 Millionen Mädchen und Jungen werden unter extremen Bedingungen wie Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft oder in der Prostitution ausgebeutet.

Der Schwerpunkt der gemeinsamen Aktion von UNICEF und TransFair sind die Arbeitsbedingungen in der Herstellung von Baumwolle und Textilien. Mit Hilfe eines überdimensionalen Riesen-T-Shirts, das an den Adventswochenenden in den Fußgängerzonen verschiedener Städte aufgestellt wird, wollen die Organisationen auf Zusammenhänge zwischen der üblichen Schnäppchenjagd hierzulande und den Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern aufmerksam machen. Verbraucher können mit der „Fair punkten“- Karte aus Papier, die den Kundenkarten vieler Handelsketten nachempfunden ist, ihren Wunsch nach Kleidung aus fair gehandelter Baumwolle ausdrücken.

„Millionen Kinder müssen unter gefährlichen oder gesundheitsschädlichen Bedingungen arbeiten, weil sie und ihre Familien sonst nicht überleben können. Wir alle können etwas tun, um diese Ausbeutung zu beenden“, sagte UNICEF-Schirmherrin Eva Luise Köhler. Die Ehefrau des Bundespräsidenten rief die Bürger dazu auf, die Aktion zu unterstützen.

„Wir beeinflussen mit unserem Konsumverhalten die Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern“, sagte der Geschäftsführer von TransFair Dieter Overath. „Wenn wir für ein T-Shirt nur wenige Euros bezahlen wollen, dann nehmen wir vielfach schlechte Arbeitsbedingungen in Kauf.“ Die Einführung fair gehandelter Baumwolle steht verglichen mit der erfolgreichen Verbreitung anderer Produkte wie Kaffee oder Fruchtsaft in Deutschland noch am Anfang. Ein Jahr nach dem Start bieten erst einzelne Unternehmen diese Kleidung an. TransFair und UNICEF wollen die Verbraucher sensibilisieren und mit dem Handel nach Wegen suchen, verstärkt fair gehandelte Baumwolle einzusetzen und so ausbeuterischer Kinderarbeit vorzubeugen.

„Zwar ist nur ein kleiner Teil der arbeitenden Kinder in der Exportindustrie tätig. Aber diesem Bereich kommt eine Signalfunktion zu. Der beste Schutz vor Kinderarbeit sind gute Schulen für alle Kinder und gerechte Arbeitsbedingungen für ihre Eltern“, sagte der UNICEF-Vorsitzende Dr. Jürgen Heraeus. „Kleider sollten gut aussehen – wir sollten sie aber auch mit gutem Gewissen tragen können“, sagte Eva Padberg, Top-Model und UNICEF-Repräsentantin. „Wir als Kunden sollten im Geschäft nachfragen: Wer zahlt vielleicht einen hohen Preis für unser Schnäppchen?“.

„Fair punkten“ gegen Kinderarbeit in der Textilindustrie

Umfragen von Konsumforschern zeigen, dass 80 Prozent der deutschen Verbraucher Angebote aus fairer Produktion wünschen. UNICEF und TransFair wollen gemeinsam mit der Textilwirtschaft Maßnahmen entwickeln, damit in Zukunft fair gehandelte Baumwolle keine Seltenheit mehr ist. In einem Schreiben an die größten Unternehmen der Branche fordern sie die Firmen zum Dialog auf. Als Vorbild gilt Großbritannien, wo große Ketten bereits umfassend Textilien aus fair gehandelter Baumwolle im Sortiment haben.

Indien: Kinder schuften oft unter sklavenähnlichen Bedingungen

Im südindischen Bundesstaat Andhra Pradesh arbeiten rund 200.000 Kinder in der Baumwollherstellung – vor allem in der arbeitsintensiven Produktion von Baumwollsaatgut. Viele Familien sind Angehörige der niedrigsten Kaste und völlig verarmt. Ihre Kinder arbeiten manchmal schon als Sechsjährige auf den Farmen – oft unter sklavenähnlichen Bedingungen, weil die Familien in Schuldknechtschaft der Landbesitzer leben. Besonders die Mädchen sind beliebte Arbeitskräfte, weil sie geschickt und fügsam sind. Elf, zwölf Stunden verbringen sie auf dem Feld – eine anstrengende und auch gefährliche Tätigkeit, denn auf den Feldern werden starke Unkrautvernichtungsmittel eingesetzt. Die Baumwollpflanzen werden mühevoll per Hand behandelt. Dabei atmen die Kinder die Pestizide ein. Viele leiden unter Hautausschlägen, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Atemnot. Doch die meisten haben keinen Zugang zu medizinischer Behandlung.

Aufklärung, um Ausbeutung zu stoppen

UNICEF führt – mit Unterstützung durch die IKEA Social Initiative – in hundert Dörfern der Region Kurnool seit mehreren Jahren ein umfassendes Programm gegen ausbeuterische Kinderarbeit durch. Dazu gehört, dass möglichst jedes Kind zur Schule geht. Die Kinder erhalten kostenloses Schulmaterial. In so genannten Brückenschulen können die Kinder verpassten Unterrichtstoff nachholen. UNICEF hilft, die Schulen besser auszustatten und klärt über die Pestizidgefahr auf.

Um die Verdienstmöglichkeiten der Familien zu verbessern, regt UNICEF die Gründung von Dorfkomitees an, in denen sich besonders die Frauen und Mädchen engagieren. UNICEF informiert die Frauen darüber, wie sie zinsgünstige Kleinkredite in Anspruch nehmen oder eine kleine Genossenschaft gründen können. Bei den Treffen lernen die Dorfbewohner auch, ihre Rechte besser wahrzunehmen und dass sie gemeinsam eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber ihrem Arbeitgeber haben. Sie erfahren, wo sie Fälle von Ausbeutung anzeigen können.

Weitere Infos unter: www.unicef.de und www.transfair.org