Wir müssen die Vielfalt für Innovation nutzen. Das geht mit der Methodik Design Thinking, mein der Inklusionsdesign Christian Graf.
Wie können Menschen mit unterschiedlichen Sichtweisen, Meinungen und Erfahrungen gemeinsam viel bessere Ideen und Lösungen entwickeln? Eine Gruppe von Hamburger Service Designern widmet sich dieser Frage bei sogenannten Government und Sustainability Jams. Wir wollten mehr wissen und haben den Hamburger Inklusionsdesigner Christian Graf gefragt.
Christian, wer bist Du und was machst Du?
Christian Graf: Ich bin von Haus aus User Experience Designer und habe viele Jahre die Interaktion mit digitalen Anwendungen gestaltet. Letztes Jahr habe ich das Social Startup HAPTOMAI (www.haptomai.de) gegründet und berate Unternehmen und Institutionen, wie sie Produkte und Angebote inklusiv gestalten können – also für alle Menschen und ohne Einschränkungen auch für diejenigen mit Handicap. Daneben engagiere ich mich bei Service Design Hamburg (www.service-design-hamburg.de). Das ist eine kleine Gruppe von Leuten, die regelmäßig Government Jams und Sustainability Jams organsieren.
Was sind denn Government und Sustainability Jams?
Christian Graf: Das sind weltweite Events. Jedes Jahr an einem bestimmten Tag kommen überall auf der Erde Menschen zusammen, um innerhalb von 48 Stunden Ideen und Lösungen für den öffentlichen Sektor oder für mehr Nachhaltigkeit zu entwickeln. Alle Gruppen rund um den Globus erhalten dann zeitgleich ein Thema, das wir Organisatoren zuvor auch noch nicht kennen – dieses Jahr war das beim Gov Jam zum Beispiel das Thema „Trust“.
Und dann geht es darum, dass möglichst unterschiedliche Menschen möglichst neue und innovative Ideen und Lösungen entwickeln. Wir von Service Design Hamburg sind dann eigentlich „nur“ als Moderatoren dabei, die die Methoden liefern, mit denen das Ganze gelingen kann.
Als Methode kommt vor allem Design Thinking zum Einsatz. Was ist das und wieso eignet sich das besonders, um Vielfalt für Innovation zu nutzen?
Christian Graf: Design Thinking lebt davon, dass ganz unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Erfahrungen, Fähigkeiten und Kenntnissen zusammenkommen. Und es ist ein iterativer Prozess. Das heißt es gibt mehrere Stationen auf dem Entwicklungsweg, die dafür sorgen, dass man zunächst das Problem genau versteht – und dann erst versucht Lösungen dafür zu finden. Das ist super, um Vielfalt für Innovation zu nutzen.
Also beim Beispiel „Trust“ würde es erst einmal darum gehen zu klären: Was ist das eigentlich? Was verbirgt sich dahinter? Wie sieht der Einzelne das? Und welche Fragen tauchen im Zusammenhang mit diesem Begriff angesichts der aktuellen Situation in unserer Gesellschaft auf? In Kleingruppen von vielleicht fünf bis sieben Leuten geht es zunächst raus in die Öffentlichkeit und man fragt wildfremde Menschen, was sie zu den Fragen und dem Thema zu sagen haben.
Wenn viele Informationen und Sichtweisen zusammengetragen wurden, einigt sich jede Kleingruppe auf ein Thema und formuliert eine konkrete Frage. Erst wenn die Gruppen ihre Fragen auf diese Weise nochmal geschärft hat, geht sie daran vielfältige Lösungsansätze zu finden – und die sind erfahrungsgemäß besonders spannend, wenn möglichst Menschen mit möglichst unterschiedlichen Blickwinkeln zusammenarbeiten. Am Ende steht dann wieder eine Kristallisation auf eine konkrete Lösung, die visualisiert oder gar als Modell gebaut wird.
Wer sich nun für euch interessiert, kann entweder zum nächsten Jam kommen – oder zur Konferenz für eine bessere Welt, wo ihr auch eine Session gebt. Worum geht es da?
Christian Graf: Wir wollen uns an diesem Tag speziell dem Thema Diversität widmen. Also wie können wir Unterschiedlichkeit nicht als Problem – sondern als Chance, als Gewinn verstehen. Das kann sich auf Inklusion beziehen, was jetzt zum Beispiel mein Thema wäre. Es könnte sich aber etwa auch auf die Frage beziehen, wie wir alte Menschen oder junge Menschen, arme Menschen oder auch reiche Menschen stärker einbeziehen.
Wie schaffen wir es, dass ganz unterschiedliche Menschen in unserer Gesellschaft zusammenkommen und das als eine positive Selbstverständlichkeit nutzen – und nicht als unangenehme, vielleicht sogar beängstigende Situation, die sie lieber meiden? Wie können wir lernen Empathie für den anderen zu entwickeln und auch so eine Akzeptanz und Gelassenheit für die Andersartigkeit? Denn das habe ich durch meine Arbeit mehrfach erfahren: Es lohnt sich, unvoreingenommen einen neuen Blickwinkel einzunehmen und die Welt mal aus einer vollkommen anderen Perspektive wahrzunehmen.
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