Bundesweites hat sich in den vergangenen Monaten in über 40 Städten jeweils ein Ernährungsrat gegründet. Sie wollen die Lebensmittelversorgung in der Stadt revolutionieren.

Unsere Ernährung trägt zu einem großen Teil zur Klimakrise bei. Sie sorgt außerdem über die industrielle Landwirtschaft und die Massentierhaltung dafür, dass Tiere leiden, fruchtbarer Boden verloren geht, Wasser verschmutzt und viel zu viel fossile Energie verbraucht wird. Außerdem ist sie mit der Grund, warum Menschen in anderen Teilen der Erde hungern. Der Wandel hin zu einer sozialen und ökologischen Lebensmittelversorgung ist damit einer der wichtigsten Bausteine für eine bessere Welt.

Das Ziel eines Ernährungsrats

Um das zu bewirken, haben sich nun mehr als 40 Ernährungsräte und Ernährungsratsinitiativen aus dem deutschsprachigen Raum getroffen. Das Ziel dieses ersten Kongresses der Ernährungsräte: Der Aufbau demokratischer Ernährungssysteme in den Kommunen. Die meisten Ernährungsräte haben sich bislang aus der Zivilgesellschaft gegründete und stellen den Dialog zwischen Politik, Verwaltung, Landwirten, Händlern, Verbrauchern und Gastronomen her.

„Über unsere Ernährung bestimmen heute vor allem große Lebensmittelkonzerne, die auf den Weltmarkt ausgerichtet sind. Doch immer mehr Menschen wollen mitentscheiden, wo ihr Essen herkommt und wie es produziert wurde. Ein Ernährungsrat ist dafür ein perfektes Forum“, meint der Filmemacher und Gründer des Kölner Ernährungsrats Valentin Thurn.

Nach Ansicht von Valentin Thurn sollten die Kommunen und Länder das Engagement der meist ehrenamtlichen Initiativen unterstützen. Die Ernährungswende von unten sei eine riesige Chance für die Städte, sich klimafreundlicher und gesünder zu versorgen. Außerdem kann „Essen … eine Brücke zwischen sozialen und ethnischen Gruppen sein. Nicht zuletzt können wir so das Thema Nachhaltigkeit mit Spaß verbinden“, meint Valentin Thurn.

Zu den konkreten Zielen eines Ernährungsrats gehört es, die Lebensmittelversorgung in den Städten transparent zu machen, lokale Erzeuger zu stärken und Lebensmittel aus dem Umland direkt in die Städte zu bringen. Kleinbäuerliche Betriebe sollen tragfähige Einkommensperspektiven erhalten, weshalb die Ernährungsräte faire und vielfältige Marktstrukturen wollen. Zudem müssten nachhaltig erzeugte Lebensmittel auch für einkommensschwache Haushalte erschwinglich werden, finden die Ernährungsräte.

Die Geschichte des Ernährungsrats

Die ersten Ernährungsräte gründeten sich in Deutschland 2015/2016 in Berlin und Köln. 2017 kamen außerdem jeweils noch ein Ernährungsrat in Frankfurt am Main, im Saarland, in Dresden und Oldenburg dazu. Auch in Oberösterreich, Zürich und Südtirol gibt es Ernährungsräte. Viele weitere Ernährungsräte befinden sich in Gründung, zum Beispiel in Hamburg.

Die Idee des Ernährungsrats stammt aus Nordamerika, wo sich die ersten „Food Policy Councils“ vor immerhin schon 30 Jahren gegründet haben. Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse machen sich die deutschsprachigen Ernährungsräte zunutze: Auf dem Kongress in Essen tauschten sie sich mit Ernährungsratsexperten aus den USA, Kanada, Brasilien und Großbritannien aus.

„Urbane Ernährung wird bisher als politisches Handlungsfeld weitgehend vernachlässigt“, meint Christine Pohl vom Ernährungsrat in Berlin. „Ein Ernährungsrat ist die lokale Antwort auf viele Probleme, die durch unser derzeit globalisiertes Ernährungssystem verursacht wurden“, findet sie. Die Frage „Wie ernähren sich die Menschen in meiner Stadt?“ sei so einfach wie wichtig. „Jetzt kommen endlich die unterschiedlichsten Menschen zusammen, um gemeinsam die Bestimmungsmacht über ihre Teller zurückzugewinnen“, sagt sie. Und das finden wir auch gut!

Wer sich für ein Engagement in einem Ernährungsrat interessiert oder selbst einen gründen möchte, findet auf der Website des bundesweiten Netzwerkes weitere Informationen: http://ernaehrungsraete.de

 

Bildquelle: https://en.wikipedia.org/wiki/File:Carrots_of_many_colors.jpg