In Deutschland gibt es keine schweren Erdbeben und auch keine Tsunamis. Mit dem Moratorium meint die deutsche Bundesregierung, der Sorge um nicht beherrschbare Atomkraftwerke genüge getan zu haben (wir werden sehen, was nach den Landtagswahlen passiert…). Doch stimmt das wirklich?

Nein, meint die Umweltschutzorganisation urgewalt – und weist auf die so genannten Hermesbürgschaften hin: Bürgschaften in Millionenhöhe, die es deutschen Firmen ermöglicht, Atomkrafttechnologie in die “schwierige Märkte“ so genannter Entwicklungs- und Schwellenländer zu exportieren. Denn können die Käufer ihre Ware nicht bezahlen kommen wir, die Steuerzahler, für größere Ausfälle auf…

Kein Wunder, dass die Energieexpertin bei urgewald Regine Richter fordert: “Schluss mit staatlicher Unterstützung für Atomexporte. Denn wenn schon ein so hoch industrialisiertes Land wie Japan die Gefahren der Atomkraftnutzung nicht beherrschen kann, darf nicht mit Hilfe von Hermesbürgschaften die Verbreitung dieser Technologie in Ländern gefördert werden, in denen die Rahmenbedingungen, Sicherheitsstandards und Aufsicht viel schlechter sind.“

Eigentlich schlossen die Hermesleitlinien seit 2001 den Export von Nukleartechnologie aus, schreibt urgewalt in seiner Pressemitteilung. “Kaum jedoch war die neue Regierung an der Macht, schaffte sie die Hermesleitlinien ab und gab eine Bürgschaft über 1,3 Milliarden Euro an Areva/Siemens für den Bau des brasilianischen Atomkraftwerks Angra 3″, erklärt Heffa Schücking, Geschäftsführerin von urgewald.

Dabei versuchen brasilianische Umweltschützer schon seit Jahren den Bau des AKWs zu verhindern, da es in einer potenziellen Erdbebenzone liegt, ein veralteter Reaktortyp gebaut werden soll, der einzige Evakuierungsweg häufig durch Erdrutsche blockiert wird, die Atomaufsicht nicht unabhängig ist und immer wieder hohe brasilianische Politiker laut über die Vorteile einer eigenen Atombombe nachdenken.

Laut Bundesregierung lagen im März 2010 zudem Anträge für Zulieferungen zu den russischen Atomkraftwerken Leningradskaja und Novovoronezhkaja vor, die jedoch bis Juli zurückgezogen wurden, wie urgewalt berichtet.

Darüber hinaus soll es Anträge für Zulieferungen für das geplante Atomkraftwerk Changjiang nahe der Stadt Haiwei auf der Insel Hainan und in Taishan in der Guandong Provinz (Auskunft der Bundesregierung im März und November 2010). In Changjiang wird ein chinesischer Druckwasserreaktor gebaut, ein CNP 600, den die China National Nuclear Corporation (CNNC) entwickelt hat. In Taishan sollen zwei Areva EPR (Europäische Druckwasserreaktoren)  entstehen.

Ingesamt soll die Bundesregierung laut urgewalt zwischen Oktober 2009 und August 2010 11 Bürgschaften für Lieferungen für Atomanlagen in China, Frankreich, Japan, Südkorea, Litauen, Russland und Slowenien vergeben haben. Der Gesamtwert dieser Lieferungen liege bei 24 Millionen Euro. Im Februar 2011 hätte die Bundesregierung zudem von einem Antrag über 26,1 Millionen Euro für Zulieferungen an ein AKW in China berichtet und über eine Rückversicherung für Zulieferungen an ein AKW in Südafrika in Höhe von 11 Millionen Euro. Zudem nennt sie Voranfragen im Rahmen von Projekten in Großbritannien, Finnland und Vietnam. Vietnam hat im vergangenen Oktober einen Vertrag mit Russland zum Bau von zwei Atomreaktoren unterzeichnet.

Welches Licht werfen diese – meist jenseits des Lichtes der Öffentlichkeit getroffenen – Pläne auf die Bundesregierung und die Politiker? Vor den laufenden Kameras sprechen Merkel, Röttgen und Co immer wieder davon, wie wichtig ihnen die Sicherheit ist, wie betroffen sie seien und dass es ihnen ausschließlich um das Wohl der Allgemeinheit gehe…

Doch kann man das glaube, angesichts der von urgewalt geschilderten Verhältnisse? Nicht nur, dass sie bereits sind unser angeblich so knappes Steuergeld für diese Industrie aufs Spiel zu setzen (das kommt in Form von Arbeitsplätzen etc. ja im Idealfall „wieder rein“). Nein, sie scheinen des möglichen Profits willen auch die Sicherheit vieler anderer Menschen auf diesem Planeten nicht ganz so viel Bedeutung bezumessen – die sind ja schließlich auch keine Wähler, könnten böse Zungen nun bemerken…

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