Natürlich sind Toiletten kein wirklich attraktives Gesprächsthema. Dabei könnten sie die Welt verbessern! Thomas Jakel hat das erkannt und hat mit uns darüber gesprochen.
Gemeinsam mit anderen hat er den Verein Non-Water Sanitation e.V. gegründet, um Menschen weltweit mit Sanitäreinrichtungen zu versehen. Er hat die Kleingartenkampagne ins Leben gerufen, um Kleingärtnern umweltfreundliche Toiletten nahe zu bringen. Und er hat in diesem Sommer das Social Business ecotoi gestartet, um seine Aktivitäten mit zu finanzieren. Wir sprachen mit ihm über die Hintergründe seines ungewöhnlichen Engagements.
Warum sind Klos eigentlich ein so wichtiges Thema – für Dich, aber auch insgesamt?
Für mich sind Klos noch gar nicht so lange ein Thema. Mein starkes Interesse an ihnen entstand erst, als ich 2011 in Indien war und erstaunt festgestellt habe, dass viele Menschen dort gar keine Toilette haben. Danach habe ich mich mehr und mehr mit dem Thema beschäftigt und verstanden, warum Toiletten wichtig sind:
Vierzig Prozent der Weltbevölkerung haben keinen direkten Zugang zu einer angemessenen sanitären Infrastruktur. Ohne Toiletten und eine Möglichkeit sich richtig die Hände zu waschen, treten viele unnötige Krankheiten auf. Zum Beispiel Durchfallerkrankungen, Cholera, die Infektion mit Würmern oder Typhus. Tausende Kinder sterben täglich an den Folgen. Durch Toiletten, Hände waschen und einer Aufklärung in Sachen Hygiene könnten die Menschen in Indien und anderswo diese lebensgefährlichen Krankheiten besser vermeiden.
Wen unterstützt ihr und warum?
Mit dem Non-Water Sanitation e.V. setzen wir uns für eine nachhaltige Sanitärversorgung ein. Aktuell haben wir zwei Projekte in Indien. Das erste Projekt setzen wir gemeinsam mit unserem Partner um, der German Toilet Organization (www.germantoilet.org) und der Ecosan Services Foundation (www.ecosanservices.org).
In diesem Projekt bauen wir Toiletten für Familien. Am meisten profitieren die Frauen und Mädchen davon, denn sie können nun auch tagsüber zur Toilette, müssen also nicht auf den Schutz der Dunkelheit warten, um sich nicht dem Blicken der Männer auszusetzen. Außerdem gibt es den gesundheitlichen Aspekt, von dem hoffentlich alle profitieren.
Im zweiten Projekt geht es um Schultoiletten. An der Schule leben über vierhundert Kinder: Etwa vierzig übernachten pro Klassenzimmer auf dem Boden. In der ganzen Schule gibt es nur vier Toiletten für die Mädchen, die zum Teil noch nicht mal richtig funktionieren. Somit ist der Großteil der Schüler und Schülerinnen gezwungen die Notdurft im Freien zu verrichten. Auch die Waschmöglichkeiten sind unzureichend.
In der Schule verpassen die Kinder viele Tage im Jahr den Unterricht aufgrund von Durchfall und anderen Erkrankungen. Außerdem besteht auch die Gefahr, dass die Kinder von Schlangen gebissen werden, wenn sie ihre Notdurft im Freien verrichten.
Darüber hinaus hat unser Verein die Kinder Anfang des Jahres im Bereich Menstruationshygiene und Händewaschen weiter gebildet. Wir haben gemeinsam mit den Kindern sogenannte TippyTaps (www.tippytap.org) gebaut, das sind Low-Tech-Waschgelegenheiten, um sich die Hände mit Wasser und Seife zu waschen. In den kommenden Monaten werden wir Schultoiletten für die SanitäSchüler bauen und eine Unterkunft mit besseren Schlafmöglichkeiten für die Kinder.
Wie funktionieren eure Trockenklos?
In Indien haben wir bisher Trockentrenntoiletten gebaut. Dabei wird die Fäzes in einem Tank aufgefangen und der Urin in einem separaten Tank. Dadurch, dass Urin und Fäzes nicht miteinander vermischt werden, ist die Toilette geruchslos. Den Urin können die Menschen, mit Wasser verdünnt, direkt auf den Feldern als Düngemittel nutzen.
Die ersten Familien berichten uns bereits, dass ihr Ertrag dadurch tatsächlich gewachsen ist. Die Fäzes wird separat kompostiert und nach einer gewissen Zeit, wenn alle Pathogene abgestorben sind, zum Anreichern des Bodens eingesetzt. Somit schließt sich der Kreislauf wieder. Und wir verschwenden in dieser – in der Trockenzeit sehr wasserarmen Region – kein Wasser.
Mit eurem Social Business ecotoi wollt ihr euren Verein mit finanzieren – was bietet ihr an?
Seit Juni diesen Jahres vermieten wir ökologische mobile Toiletten (www.ecotoi.de) an Festivals, Events und Baustellen. Mit den Toiletten bieten wir eine Alternative zu den üblichen Chemietoiletten. Im Vergleich dazu sind unsere Toiletten nachhaltig und – zum Erstaunen der meisten Benutzer – geruchsfrei!
Mit unserem Engagement möchten wir Veranstaltern und Bauherren helfen, ihre Events auch hinsichtlich der sanitären Versorgung nachhaltig zu machen.
Außerdem verkaufen wir über unsere Kleingarten-Kampagne Kompost- und Trocken-Trenn-Toiletten auch an Kleingärtner in Deutschland (www.kleingartenkampagne.de). Dabei gehen wir zum Beispiel auch zu den Vereinssitzungen der Kleingärtner und berichten über nachhaltige Sanitärkonzepte für ihre Gärten.
Das bedeutet, dass wir auch hierzulande Veranstalter, Bauherren und Kleingärtner dabei unterstützen, nachhaltige Sanitärlösungen einzusetzen. Und natürlich geht ein Teil der Einnahmen aus dem Verkauf der Kompost- und Trocken-Trenn-Toiletten wieder in die Finanzierung unserer Indienprojekte.
Was macht ecotois besser als die üblichen blauen Chemie-Klos?
Unsere Toiletten sind nachhaltig: Wir benutzen keine Chemie und die Fäzes wird komplett kompostiert. Der größte Vorteil für die Nutzer ist, dass unsere Toiletten geruchslos sind. Während viele Menschen die Chemie-Klos nicht ohne einen Anflug von Ekel betreten, haben wir bisher nur positives Feedback erhalten.
Irgendwie scheinen unsere Toiletten aus Holz ein gewisses Wohlfühl-Klima zu haben. Die Leute sind meist begeistert, wenn sie aus den ecotois kommen. Ich habe schon erlebt, dass Freunde dazu geholt wurden und sie die Toilette gemeinsam und mit Zuspruch in Augenschein genommen haben. Außerdem bieten wir mit den Tippy Taps auch immer eine Möglichkeit zum Händewaschen an.
Was habt ihr mit eurem Verein bereits realisiert?
Wir stehen noch ganz am Anfang. Ende diesen Jahres sind hoffentlich die ersten 24 Toiletten in Indien fertig gebaut. Der Bau der nächsten 16 Toiletten für das Schulprojekt wird vermutlich auch noch dieses Jahr beginnen. Außerdem stehen wir in Kontakt mit weiteren möglichen Projekten, so dass wir in 2014 hoffentlich weiter Fahrt aufnehmen können.
Und wer sind hauptsächlich eure ecotoi-Kunden?
Bisher haben wir in Deutschland lediglich fünf Toiletten. Dieser Sommer war unsere Pilotphase. Wir haben einiges dazu gelernt. Im nächsten Jahr möchten wir unser Kontingent allerdings gehörig aufstocken und unser Angebot weiter verbessern.
Aktuell sind unsere Kunden vor allem kleinere Events und Festivals. Wir haben aber auch schon an Familienfeiern vermietet und unsere ersten Langzeitaufträge akquiriert. In einem konkreten Fall werden zwei unserer Toiletten für mehrere Monate beim Naturschutzbund Marienfelde stehen.
Was sind eure Ziele? Wo wollt ihr in drei bis fünf Jahren stehen?
Unsere Vision ist es, möglichst vielen Menschen den Zugang zu einer nachhaltigen sanitären Infrastruktur zu ermöglichen und über nachhaltige, ressourcenschonende Sanitärlösungen aufzuklären. In fünf Jahren haben wir unsere Social Business Ansätze hoffentlich so weit etabliert, dass es uns möglich ist, noch deutlich mehr Menschen zu helfen.
Ob es nun der Bau von hundert oder mehreren tausend Toiletten pro Jahr ist, lässt sich aktuell schwer abschätzen. Aber wir werden unser bestes dafür geben, möglichst vielen Menschen zu helfen.
Welche Art Unterstützung könnt ihr gebrauchen?
Aktuell suchen wir nach
- Tollen Events, Veranstaltungen, Filmproduktionen oder nachhaltig orientierten Bauvorhaben, die unsere Ecotois mieten möchten. Einen großen Teil unserer Aufträge erhalten wir derzeit noch über Empfehlungen.
- Produktdesignern, die Lust haben mit uns an Konzepten zu arbeiten und unsere aktuellen Toilettenmodelle weiter zu verbessern – sowohl für Ecotoi, als auch für unsere Auslandsprojekte.
- Partnern, die uns in der Forschung hinsichtlich der optimalen Verwertung der Fäzes und des Urins unterstützen. Egal ob es um die Herstellung von Terra Preta oder andere Konzepte geht. Hier könnten wir auf jeden Fall Unterstützung gebrauchen.
Und letztlich hilft es uns vor allem, wenn Menschen über unsere Projekte sprechen.
Vielen Dank für das Interview, Thomas!
das ist ein sehr interessantes thema. die meisten menschen in deutschland können da vermutlich wenig mit anfangen, aber vielleicht machen sie sich ja doch mal gedanken drüber, wenn sie so einen text lesen (und dann vielleicht sogar noch ein bisschen weiter recherchieren und sich auf der internetseite http://www.nowato.de mal anschauen, wie einfach eine trockentoilette funktioniert) – danke dafür.