Warum unsere guten Vorsätze oft nicht mit unserem Verhalten Schritt halten – und wie wir das ändern können. 5 Tipps, wie du deine Werte tatsächlich lebst.
Kennst du das? Du bist fest davon überzeugt, dass dir Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit oder politisches/soziales Engagement wichtig sind. Werte wie Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden oder Selbstbestimmung und Demokratie sind dir wirklich wichtig. Aber im Alltag, naja, da hapert es dann doch noch mit der Umsetzung. Willst du da nicht auch wissen, wie du deine Werte tatsächlich lebst?
Keine Sorge, du bist nicht allein. Allen Menschen geht es – mehr oder weniger – so. Ich hab zum Beispiel mit 17 beschlossen, dass ich mich vegetarisch ernähren möchte, damit keine Tiere wegen mir sterben müssen. Es hat noch rund 20 Jahre gedauert, bis ich verstanden habe, dass das nicht reicht. Seit dem lebe ich vegan. Mir ist es heute unbegreiflich, wie ich das nicht vorher merken konnte. Aber so ist es.
Was ist eigentlich das Value-Action-Gap?
Die Wissenschaft hat dafür sogar einen Fachbegriff: den Value-Action-Gap (auch Attitude-Behavior-Gap oder Value-Action-Gap genannt) [1]. So wird die Lücke genannt zwischen dem, was wir eigentlich wollen – und dem, was wir tatsächlich tun. Der Begriff stammt aus der Umweltpsychologie und Konsumentenforschung. Diese haben herausgefunden, dass Menschen trotz bester Absichten nicht immer so handeln, wie sie es eigentlich vorhaben. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Oft sind es Bequemlichkeit, Zeitmangel oder auch soziale Einflüsse, die uns ausbremsen.
Zum Beispiel: Ja, wir wissen, dass die Massenproduktion von immer neuer Kleidung ein Riesenproblem ist [2] – unfaire Arbeitsbedingungen und gigantische Umweltverschmutzungen. Deswegen passt es beispielsweise zu meinen Werten, keine neuen Kleidungsstücke zu kaufen. Ich decke mich auf Flohmärkten und Kleidertauschpartys neu ein. Und doch: wenn ein Meeting mit neuen Kunden ansteht oder ein Familientreffen, dann würde es mein Selbstvertrauen stärken, wenn ich mir einfach was schönes Neues kaufen würde … Das ist völlig menschlich und keineswegs ein individuelles Versagen.
Warum ist die Lücke so groß?
Die Ursache liegt in unserem Denken, erklärt der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman [3]. Er unterscheidet zwei Denksysteme im Gehirn: eines, das schnell, intuitiv und automatisch arbeitet, und ein anderes, das langsamer, überlegter und bewusster agiert. Das schnelle System ist vor allem für unsere alltäglichen Entscheidungen zuständig. Und es sieht eben meist nur die sofortige Belohnung: Schnell ein neues, günstiges Produkt etwa – statt das alte Teil reparieren zu lassen. Einfach so tun, als hätte ich die rassistische oder sexistische Bemerkung nicht gehört – statt mir Ärger mit Vorgesetzten einzuhandeln.
Soziale Normen und die Gruppe, in der wir uns bewegen, schicken uns oft Signale, die unseren Werten entgegenstehen – und wir passen uns an, ohne es bewusst zu merken. Denn hierfür wäre unser langsames Denken zuständig. Und dafür fehlt uns praktisch oft die Zeit und/oder an Selbstregulation. Oder wir haben keine klaren Routinen, die uns helfen, gute Absichten auch umzusetzen. Denn – wer kennt das nicht – der Wille ist da, aber im Alltag geht dann doch alles durcheinander. Auch, weil uns die Welt da draußen die Sache nicht einfacher macht: Es braucht meist mehr Energie, Gedanken, Zeit, Geld etc., das „richtige“ zu tun.
Und so setzen wir uns oft zwar ambitionierte Ziele, erreichen sie dann aber nicht. Dann entschuldigen wir uns selbst (haben insgeheim ein schlechtes Gewissen) und geben die Sache frustriert wieder auf.
Wie du deine Werte tatsächlich lebst
Aber du musst keineswegs aufgeben! Du kannst etwas gegen dein Value-Action-Gap unternehmen und es verkleinern. Das einzige, was du dazu brauchst, ist ein Plan, die Entscheidung und Ausdauer, dranzubleiben – auch wenn du immer mal wieder „scheiterst“. Sag dir einfach: „Das ist normal“ und mach weiter. Also leg los und setz die folgenden Schritte für dich um:
1. Ursachen erkennen
Beobachte dich zwei, drei Wochen ehrlich und schreib auf, wo dein Verhalten nicht mit deinen Werten übereinstimmt. Warum? Ist es Bequemlichkeit, Zeitdruck, fehlende Infos oder der Einfluss deiner Umwelt?
2. Prioritäten setzen
Wähle einen Bereich aus, der dir besonders am Herzen liegt. Definiere ein klares, erreichbares Ziel – am besten mit der SMART-Methode (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert) [4].
3. Wenn-dann-Pläne formulieren
Mach dir konkrete Handlungspläne: „Wenn ich in der Situation X bin, dann handle ich so.“ Etwa: „Wenn mein Kollege X das nächste Mal eine rassistische Bemerkung macht, dann sage ich das-und-das.“ Oder: „Wenn das nächste Elektrogerät kaputt geht, geh ich zum Repair Café.“
4. Alltagstaugliche Schritte ableiten
Plane kleine, machbare Aktionen für deinen Alltag. Teste sie für eine bestimmte Zeitspanne und schau, wie sie sich einfügen. Wir haben dazu das Format „Wandel-Labor“ entwickelt.
5. Reflektieren und anpassen
Halte fest, was gut klappt und was nicht. Passe deine Strategie flexibel an, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
6. Soziale Unterstützung suchen
Erzähl Freundinnen und Freunden von deinem Vorhaben oder gründe eine kleine Gruppe. Gemeinsam geht’s leichter, der Austausch motiviert.
7. Erfolge feiern
Gönn dir Belohnungen für deine Fortschritte – das macht Spaß und stärkt die Motivation. Hier findest du 10 Tipps, wie du dein Engagement feiern kannst.
8. Regelmäßige Erinnerung schaffen
Nutze Zettel, Apps oder Nachrichten, um dich täglich an deine Werte zu erinnern. So bleiben sie lebendig und präsent.
Fazit: Kleiner Schritt, große Wirkung
Der Value-Action-Gap ist keine unüberwindbare Hürde, sondern eine Einladung, bewusster und gelassener mit dir selbst umzugehen. Statt dich für nicht verwirklichte Vorsätze selbst zu geißeln, solltest du die Lücke immer wieder mit kleinen, freudvollen Schritten Stück für Stück schließen – für eine bessere Welt, die wir selbst gestalten.
Du hast die Kraft, deine Werte nicht nur zu kennen, sondern sie auch mit Leben zu füllen – jeden Tag ein kleines Stück mehr. Lass dich nicht von Rückschlägen entmutigen, denn gerade in der Beständigkeit liegt die echte Veränderung. Indem du deine Werte mutig und authentisch lebst, wirst du nicht nur deine eigene Welt stärken, sondern auch andere inspirieren, es dir gleichzutun. Also geh raus, sei rebellisch für eine bessere Welt und zeige, wie lebendig deine Werte wirklich sein können! Deine Zukunft beginnt genau jetzt – mach sie zu der, die du dir wünschst.
Bleib dran – du bist nicht allein, und deine Werte zählen!
Quellen & Links
- [1] Infos zur Value-Action-Gap: https://thedecisionlab.com/reference-guide/psychology/intention-action-gap
- [2] Greenpeace-Beitrag über die Folgen von Fast Fashion: https://www.greenpeace.de/engagieren/nachhaltiger-leben/fast-fashion-versus-gruene-mode
- [3] „Schnelles Denken, langsames Denken“ Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften: https://www.leopoldina.org/presse-1/nachrichten/schnelles-denken-langsames-denken
- [4] Anleitung von Wikipedia zu SMART-Zielen: https://de.wikipedia.org/wiki/SMART_(Projektmanagement)

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