Fabrica: Wie bau ich mir mein Handy selbst?

Im Fabrica-Pavillon im Gezi Park Fiction in Hamburg-St.Pauli kann man sich sein eigenes Handy zusammenbasteln. Ist das fair, nachhaltig und kreativ? Wir waren da, um uns ein Bild zu machen…

Auf in die Fabrica

Mitten in St. Pauli – im Park Fiction mit einem wunderbaren Blick auf den Hafen – steht ein Container, in dem seit einer Woche jedermann und jede Frau sein eigenes Handy zusammenbauen kann – inklusive der Möglichkeit, es mit eigenen Design-Vorstellungen und Funktionen auszustatten.

Als ich dort bei einer aprilhaften Mischung aus Regen und Sonnenschein eintreffe, sind bereits zwei Männer am Basteln. Ein älterer Herr steht daneben und schaut zu. So ganz einfach scheint es nicht zu sein, das Do-It-Yourself-Cell-Phone zusammenzubauen, dass der PHD Student David Mellis (http://web.media.mit.edu/~mellis/) im „Lifelong Kindergarten“ Group am berühmten MIT Media Lab in Boston, USA entwickelt hat. Immer wieder prüfen die beiden, wo welche Verbindungen bestehen, um die Tastenfunktionen zu erkunden.

In dem kleinen Pavillon herrscht ansonsten Ruhe. Überall liegen angefangene Handys herum: Die Elektronikteile mit dem altertümlichen Display, die Hüllen aus Sperrholz, Kabel, Akkus, Platinen… Zwölf Handys sind in der ersten Woche bereits entstanden, teilt mir einer der beiden Männer mit. Dabei sei es den Leuten vor allem darum gegangen zu sehen, wie man so ein Gerät selbst herstellen kann.

Wer braucht ein neues Handy?

Eine Frau mittleren Alters kommt herein. Sie schaut sich um. Wir kommen ins Gespräch: Sie ist interessiert, aber – sie zieht ein Smartphone aus der Jackentasche – sie hat sich gerade ein neues Handy gekauft und braucht deshalb kein weiteres. Ich überlege: Meines tut es eigentlich auch noch… Deckt das Angebot des Fablab also einen echten Bedarf? Nein, natürlich nicht. Ist es besonders fair und umweltfreundlich?

Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Woher die Rohstoffe der Bausätze stammen und unter welchen Bedingungen sie zusammengebaut wurden, dazu kann mir der Fablab-Mitarbeiter nichts sagen. „Aber heute Abend gibt es einen Vortrag von Sebastian Jakusch über Faire IT“, erklärt er mir. Jakusch engagiert sich seit Jahren für faire IT (wir haben mit ihm bereits ein Interview gemacht „FairPhone & Co – FairTrade im Elektromarkt?„) und weiß, dass es bei einem so komplexen Produkt wie einem Handy derzeit noch nahezu unmöglich ist, einen komplett fairen und umweltfreundlichen Herstellungsprozess sicherzustellen.

Für den Ernstfall geprobt

Einen direkten und konkreten Beitrag für eine fairere und umweltfreundlichere Handy-Produktion scheint mir das Versuchslabor das Fab Lab St. Pauli damit zwar noch nicht zu sein. Auch bezweifle ich, dass jemand das doch eher sperrige und wenig komfortabel erscheinende Handy tatsächlich langfristig nutzt. Aber es zeigt, was machbar ist und das wollen auch die Macher: „Wir möchten damit zeigen, dass Elektronik-Produkte auch hier – mitten in der Stadt – gebaut werden können, nicht nur in den weit entfernten Fabriken unter schlechten Arbeitsbedingungen“, schreiben die Organisatoren von Fab Lab Fabulous St. Pauli in ihrem Flyer.

Und so ist die Aktion ein guter Anlass, um auf die Missstände in diesem Bereich hinzuweisen, die Leute zum Nachdenken anzuregen, einen Ort zum Austauschen zu schaffen und den Menschen zu zeigen: Es sind jetzt schon Alternativen möglich, die weit mehr sind, als eine nette technische Spielerei am Nachmittag. Fablabs könnten mit ihrer dezentralen Produktion die Basis für eine vollkommen neue Form der Produktion und Wirtschaft sein. Bis diese Vision aus den Versuchslaboren tatsächlich in die gelebte Wirklichkeit kommt, ist es aber noch ein weiter Weg.

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Öffungszeiten des Fabrica Produktionspavillons

13. August bis 7. September 2014
Dienstag bis Samstag
14 bis 21 Uhr
http://www.fablab-hamburg.org/fabrica/

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