Der Handabdruck soll den ökologischen Fußabdruck ergänzen. Eine geniale Idee. Hier erfährst du, wie du mit dem Handabdruck die Welt verändern und selbst zu dem Wandel werden kannst, den du dir wünschst für diese Welt!
Was kann ich als Einzelne oder Einzelner schon tun? Diese Frage hören wir immer wieder. Nicht nur von Menschen, die das als Ausrede nutzen, um sich gar nicht erst die Mühe zu machen, ein solidarisches und umweltfreundliches Leben zu führen. Sondern auch von denjenigen, die sich zwar selbst Mühe geben und allerlei in ihrem Leben verändert haben – aber mittlerweile merken, dass es niemals die Mehrheit der Menschen sein wird, die ihrem Beispiel folgen.
Die Frage ist also berechtigt. Dennoch lautet unsere Antwort: eine ganze Menge! Etwas zu tun – und sei es noch so klein – lohnt sich, denn es kommt auf jede und jeden Einzelnen an. Ein Beispiel: würde man jede Aluminiumdose in den USA recyceln, könnte man vier Millionen Häuser damit ein Jahr lang mit Strom versorgen und achthundert Millionen US-Dollar einsparen (Quelle: „Wut ist ein Geschenk“).
Klar sind diese Zahlen besonders eindrucksvoll, wenn sie groß sind. Aber würde man die Hälfte der Aluminiumdosen recyceln wären es immer noch 2 Millionen Haushalte und vierhundert Millionen US-Dollar. Dazu kommt, dass bisher zahlreiche Studien haben belegt, dass Menschen, die Müll für das Recycling sortieren, zufriedener sind. Es bringt dir also was, was zu tun. Das wird dir sofort klar, wenn du dir den Unterschied zwischen ökologischem Fußabdruck und öko-sozialem Handabdruck klar machst.
Der ökologische Fußabdruck
Lange Zeit war es der ökologische Fußabdruck, der helfen sollte, dies deutlich zu machen. Mit ihm kann man berechnen, wie umwelt- und ressourcenbelastend ein Mensch, ein Produkt, eine Organisation oder gar ein ganzes Land ist. Das Ziel ist es dabei, die eigene Lebens-, Arbeits- oder Produktionsweise so zu verändern, dass der Fußabdruck möglichst klein wird. Dabei soll der Fußabdruck insgesamt auch die sogenannten Rebound-Effekte zeigen. Wenn ein Mensch zum Beispiel alle seine Glühbirnen durch LED-Lampen ersetzt, kann er Strom sparen. Wenn er dann jedoch das Licht durchgehend brennen lässt, macht er damit die Einsparung wieder zunichte. Der Fußabdruck bleibt gleich.
Die Idee des ökologischen Fußabdruck ist damit gut. Doch die Sache hat einen Haken. Der Fußabdruck lenkt unseren Fokus auf die Bemühungen eines einzelnen (eines Menschen, einer Organisation etc.) – genauer gesagt meist auf den Verzicht, was noch mal negativ besetzt ist. Der Fußabdruck zeigt aber zum Beispiel nicht, wie leicht oder schwer es in dem jeweiligen Umfeld ist, mit einem kleineren ökologischen Fußabdruck zu leben. Beispielsweise ist es in einem Industrieland wie Deutschland schier unmöglich einen so kleinen Fußabdruck zu haben, wie in manchen Ländern des globalen Südens. Der Grund: Allein die Infrastruktur hierzulande verschlingt jede Menge Rohstoffe und erzeugt Unmengen schädlicher Klimagase. Zum Beispiel der Bau von Autobahnen und anderen Straßen und vieles mehr.
Dazu kommt, dass es bei allen Menschen eine riesige Kluft gibt zwischen Wissen und Handeln. Es gibt dafür sogar einen Fachbegriff: Den Knowledge-Action-Gap (die Wissen-Verhaltens-Lücke). Menschen aus der bürgerlichen Mittelschicht, denen Umweltschutz zum Beispiel eigentlich besonders wichtig ist, haben daher oft einen vergleichsweise großen ökologischen Fußabdruck. Viel größer zum Beispiel als arme Menschen, denen das Thema vielleicht relativ egal ist, die sich aber eben einfach keinen großen ökologischen Fußabdruck leisten können …
Der Handabdruck
Der Handabdruck soll im Gegensatz zum Fußabdruck größer werden. Denn er steht für sozial und ökologisch gerechtes Handeln. Meist liegt der Fokus dabei auf strukturellen Verbesserungen. Das heißt, wer auf seinen Handabdruck achtet, der fragt sich: „Was kann ich tun, damit sich die Rahmenbedingungen für uns alle so verändern, dass es allen möglichst leicht fällt, einen kleinen Fußabdruck zu haben?“ Hätten alle Menschen einen großen Handabdruck, so hätten wir in Null Komma Nix ein Land, in dem es unsinnig, unnormal und komisch wäre, sich nicht solidarisch und ökologisch zu verhalten – es wäre nämlich viel leichter, einfacher und billiger es zu tun. Das erklärt, warum du mit dem Handabdruck die Welt verändern kannst!
Niemand würde zum Beispiel Energie aus fossilen Energieträgern haben wollen – sie wären schwer zu bekommen und viel teurer als erneuerbare Energie. Niemand würde mehr mit dem SUV durch die Innenstädte brausen. Und überhaupt: die allermeisten würden überhaupt nicht mehr Auto fahren wollen, weil das öffentlichen Nahverkehrsnetz so bequem und praktisch ist, dass nur noch ganz eingefleischte Auto-Liebhaber die große Mühe auf sich nehmen, ein eigenes Auto zu kaufen, zu unterhalten und zu benutzen … Und das ist nur ein Beispiel für einen kleinen Ausschnitt unseres Lebens. Wenn du möchtest, kannst du dir ja mal die Zeit nehmen und dir eine Welt ausmalen, die dir da so vorschweben würde :-).
Übrigens: Das Centre for Environment Education (CEE) in Indien hat den Handabdruck (Hand Print) als offenes Konzept entwickelt, das alle Menschen rund um den Globus individuell für sich nutzen und weiterentwickeln können. Ihr Anliegen: Menschen rund um den Globus sollen mit dem Handabdruck die Welt verändern! „Die zehnjährige Srija entwarf die Hand als Symbol für positives Handeln im Rahmen eines Nachhaltigkeitsprojekts des CEE“, beschreibt es die Umweltschutzorganisation Germanwatch, die den Handabdruck als Instrument in der Bildungsarbeit einsetzt. Germanwatch setzt dabei seinen Schwerpunkt auf strukturverändernde Handlungsmöglichkeiten und politisches Engagement.
Auf die Strukturen kommt es an!
Es sind vor allem die veralteten politischen und wirtschaftlichen Strukturen, die uns immer wieder dazu bringen, uns entgegen unserer eigentlichen Werte zu verhalten. Es ist eben sehr viel einfacher und auch noch günstiger, sich etwas neu zu kaufen, als das alte Produkt reparieren zu lassen. Und so bringt heute kaum noch jemand Schuhe zum Schuster, verreist mit dem Billigflieger statt mit dem Zug oder „verzichtet“ auf „teure“ Bio- und Fair-Trade-Produkte. Sich ökologisch und sozial sinnvoll zu verhalten ist einfach sehr, sehr aufwendig, auf Dauer anstrengend und auch noch teurer. Kein Wunder, dass das zu wenige machen …
Wir müssen also die Strukturen verändern. Die Umweltschutzorganisation Germanwatch schlägt dazu eine Reihe von Ansätzen vor:
- Subventionen und finanzielle Anreize verändern Strukturen. Das zeigte zum Beispiel das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das unter anderem ganz viele Menschen motiviert hat, selbst erneuerbare Energie zu „produzieren“, weil sie Geld dafür bekamen. Es wurde weltweit kopiert.
- Neue Infrastrukturen schaffen, zum Beispiel das öffentliche Personen-Nahverkehrsnetz (ÖPNV) deutlich ausbauen und ihn vielleicht sogar kostenlos anbieten.
- Transparenz durch klare Informationen erzeugen. Zum Beispiel, in dem es nur eine überschaubare Anzahl zuverlässiger Bio- und Fair-Trade-Sigel gibt.
- Neue Standards setzen. Wenn zum Beispiel alle Menschen standardmäßig bei einem Energieanbieter angemeldet sind, der Strom aus erneuerbaren Quellen liefert, dann bleiben die meisten dabei. Ein Schweizer Kanton hat das ausprobiert und festgestellt.
- Neue Regeln bestimmen, was in Organisationen und Unternehmen geschehen kann – etwa, dass nur noch faire Produkte gekauft werden dürfen. Es kann aber auch auf politischer Ebene geschehen. Was wäre beispielsweise, wenn unser Wirtschaftsindikator nicht das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wäre, sondern ein Gemeinwohl- oder Glücks-Indikator? Und wenn Unternehmen gemäß ihrer Gemeinwohl- oder Glücksbilanz Steuern zahlen müssten?
Diese Beispiele machen deutlich: wenn wir gemeinsam die Strukturen verändern, können wir riesige Schritte in Richtung einer umweltfreundlichen und solidarischen Lebensweise vorwärtsgehen.

Mit dem Handabdruck die Welt verändern – aber auf welcher Wirkungsebene?
Die Umweltschutzorganisation Germanwatch schlägt die in dieser Grafik dargestellten Wirkungsebenen vor: Es beginnt beim „Ich“. Hier kann ich alleine die Entscheidung treffen und im Grunde sofort mit den Veränderungen beginnen. Meine Wirkung ist aber auch nicht so groß. Wer mit dem Handabdruck die Welt verändern möchte, möchte vermutlich mehr bewirken. Deshalb lohnt es sich, nach weitere Wirkungsebenen Ausschau zu halten. Das sind zum Beispiel meine Familie, Freunde, Kolleg:innen – also mir nahestehende Menschen. Ich kann mit ihnen gemeinsam unsere Denk- und Verhaltensmuster verändern. Dazu muss ich mich mit ihnen austauschen und auf neue Regeln und Verhaltensweisen einigen. Das ist aufwendiger, hat aber auch eine größere Wirkung.
Dieses Prinzip setzt sich fort: von meinem Arbeitgeber über Geschäfte, in denen ich einkaufe, die Schule meiner Kinder etc. Nächste Ebenen sind ganze Branchen, Verbände oder Verwaltungen auf regionaler oder gar auf Bundesebene. Die Ebenen weiten sich aus bis auf EU- oder sogar die globale Ebene. Oft können sich Menschen gar nicht vorstellen, auf diesen Ebenen wirkmächtig zu werden. Es braucht auch eine gute Organisation, Wissen und Fähigkeiten, um das hinzukriegen. Aber es ist nicht unmöglich. Wir alle wachsen mit unseren Aufgaben :-).
Je höher du in der Wirkungsebene kommst, desto größer wird dein symbolischer Handabdruck. Symbolisch deshalb, weil niemand tatsächlich ausrechnen kann, wie groß die Wirkung einer Veränderung tatsächlich ist. Empfehlenswert ist es, wenn du mit deinem Engagement auf einer Ebene anfängst, auf der du weißt, wer wie die Entscheidungen trifft – und du denkst, dass du darauf Einfluss nehmen kannst. Sammele hier Erfahrungen. Mit der Zeit, kannst du immer eine Wirkungsebene hinaufsteigen, wenn du möchtest.
Beispiele für Handabdruck-Projekte
In der Broschüre „Wandel mit Hand und Fuß“ der Umweltschutzorganisation Germanwatch gibt es ein paar Beispiele, was solche Handabdruck-Projekte sein können. Ich habe ein paar ausgewählt:
- Eine Kirchengemeinde beschließt, ihr gesamte Vermögen nur noch in umweltfreundliche, friedliche und solidarische Geldanlagen zu investieren.
- Eine Gruppe von Studierenden bringt ihre Uni-Mensa dazu, immer ein lokale, Bio- und Fair-Trade-Essen anzubieten, das auch noch günstiger ist als die anderen. Es hat mit dem Studentenwerk, den Mitarbeitenden und dem Mensa-Betrieb einen Einkaufsplan erstellt, der das ermöglich.
- Ein Wohnviertel setzt sich mit einer Bürger:inneninitiative erfolgreich für mehr und bessere Fahrradwege, Fahrradstraßen und überdachte Stellplätze ein.
- Ein Verein stellt seine gesamte Beschaffung auf ökologische und faire Produkte um. Das geht vom Toilettenpapier bis zum Stromanbieter.
- Bundesweite Demonstrationen kämpfen dafür, dass der Atomausstieg nicht rückgängig gemacht wird und setzen ein Ende des Atommülls durch.
Fazit: Mit dem Handabdruck die Welt verändern
Die Idee des Handabdrucks wendet unser Engagement für eine soziale und ökologische Lebensweise von dem Klischee des Verzichts hin zu einem aktiven, positiven Handeln „für“ etwas. Das finde ich einen sehr guten Ansatz. Auch das Bewusstsein, dass es für einen echten Wandel letztlich andere Strukturen braucht, finde ich unheimlich wichtig. Nach wie vor dürfte sich bei den meisten die Frage einstellen: „Die Strukturen zu ändern, wie soll das gehen?“. Aber letztlich haben wir keine Wahl. Es ist die einzige Option, wenn wir unseren Kindern einen lebenswerten, gesunden Planeten hinterlassen wollen.
Übrigens: am 3. Mai ist Erdüberlastungstag in Deutschland. Dann haben wir hierzulande die Ressourcen aufgebraucht, die die Erde in der Größe es Stückchens Erde, das „Deutschland“ heißt, erzeugen kann. Würden alle Menschen so leben wie wir, bräuchten wir in etwa drei Erden. Das ist furchtbar. Wir müssen dringend etwas verändern. Macht mit und vergrößert euren Handabdruck! Mit den folgenden Materialien könnt ihr Mitstreiter:innen für eure Vorhaben gewinnen!
Kostenlose Materialien zum Handabdruck
- Handabdruck-Poster: https://www.germanwatch.org/de/93000
- Logbuch, um Handabdruck-Wissen zu reflektieren: https://www.germanwatch.org/de/93001
- Aktionsposter „Handprint Challenge“ https://www.germanwatch.org/de/90280
- Wochenkalender „Handwerkszeug für Zukunftshandeln“ https://www.germanwatch.org/de/89456
- Methodenhandbuch „Transformative Bildung mit Handabdruck“ https://www.germanwatch.org/de/88147
- Postkarten zum Handabdruck https://www.germanwatch.org/de/84959
- Handabdruck Online-Test https://www.germanwatch.org/de/93026
- Bildungsmaterial „Transformation gestalten lernen“ https://www.germanwatch.org/de/19607
- Der „Handel-O-Mat“ ist ein Kreativ-Tool, mit dem du Handlungsideen entwickeln kannst https://www.germanwatch.org/de/17401
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