Die Demokratie ist nicht die Ideallösung. Aber sie ist unter den schlechten Systemen immer noch das beste: Im freien Widerstreit der Interessen setzen sich nach und nach die Gesetzte und Regeln durch, die entweder für die Mehrheit die beste Lösung darstellt – oder für eine besonders engagierte Minderheit. Die Politiker sind in der Theorie dann diejenigen, die diesen Streit schlichten, indem sie entsprechende Entscheidungen treffen und Gesetze auf den Weg bringen. Soviel zu Theorie…

Das Dumme an Demokratien ist nämlich, dass es in ihr auch immer Tendenzen gibt, eben genau diese Demokratie »einzudämmen«. Dann üben die mit besonders viel Geld, Macht oder persönlichen Kontakten einen besonderen Einfluss auf die Politiker aus. Und schon entscheiden diese eben nicht mehr, was der bestmögliche Konsens bzw. Kompromiss ist – sie entscheiden im Sinne dieser Einflussreichen. Dann entstehen Ungerechtigkeiten gegenüber bestimmten Menschengruppen, Tieren und der Natur.

Ziviler Ungehorsam und konfrontative Kampagnen

Schon lange ist dieses Spiel bekannt. Und schon lange haben sich genau aus diesem Grund immer wieder engagierte Mitmenschen für Ideale und Verbesserungen eingesetzt. Sie wollen durch gesellschaftlichen Druck eben jenen ihre Privilegien wieder zu entreißen, die sie sich – im demokratischen Sinne – ergaunert haben. Mit anderen Worten: Solange sich Aktivisten, NGOs und Bürgerinitiativen an in ihrem Kampf an demokratie-förderndes Recht halten, solange sind sie für die Demokratie eben auch ein lebensnotwendiges Element.

Bei dieser Erkenntnis setzt Martin Balluch – Buchautor und selbst Tierschutz-Aktivist mit jahrzehntelanger Erfahrung an: Er macht sich in dem Buch »Widerstand in der Demokratie. Ziviler Ungehorsam und konfrontative Kampagnen« Gedanken über Fragen wie: Warum ist der Unterschied zwischen Ethik und Politik für Aktivisten wichtig? Wann dürfen Aktivisten Gesetzte übertreten, ohne undemokratisch – und damit illegitim – zu werden? Und wieso muss man bei aller Harmonieliebe zu konfrontativen Kampagnen greifen, wenn man unsere Gesellschaft zum besseren wandeln will?

Über den Unterschied zwischen Ethik und Politik

»Die klare Unterscheidung zwischen Ethik und Politik scheint auf den ersten Blick vielleicht nicht relevant, in der Praxis aber ist sie es«, schreibt er. Warum? Nun, weil die Ethik keine Kompromisse zulässt. »Eine ethisch falsche Handlung kann nicht dadurch richtig werden, dass dafür andere in ihrer ethischen Überzeugung Abstriche machen«, erklärt Balluch. Der rein ethisch denkende Aktivist muss damit Extremist werden, der nicht verhandelt. Doch genau das verhindert die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.

Anders in der Politik: Sie lebt vom Kompromiss. Und doch braucht sie die Ethik – und ethisch motivierte Demokraten! Denn die Ethik gibt ihr die Grenzen vor. Nicht alles, was politisch weiterbringt ist ethisch zu rechtfertigen. Das erleben wir immer wieder bei unseren Politikern, ob es nun mit spätrömischer Dekadenz zu tun hat oder unfair errungenen Doktortiteln.

Ethik versus Demokratie und Politik

Aber auch die politischen Erwägungen können ethisch motiviertem Handeln Grenzen setzen. Balluch bringt ein Beispiel: Ethisch wäre es zwar durchaus zu rechtfertigen, die Anlage eines Schlachthofes zu zerstören – demokratie-politisch allerdings nicht.

Die saubere Unterscheidung von Ethik und Politik ist laut Balluch damit Grundvoraussetzung für einen positiven, demokratie-fördernden Aktivismus. Auch wenn die Kampagnen konfrontativ geführt werden und die konfliktträchtige Stimmung im Land anheizen, so muss doch am Ende dieses Prozesses immer die Einigung stehen – nicht die wie auch immer geartete »Zerstörung« des Gegners.

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Hinweis: Lies auch die anderen beiden Posts zum Buch

 

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Bibliografische Angaben

»Widerstand in der Demokratie. Ziviler Ungehorsam und konfrontative Kampagnen«
Martin Balluch
ProMedia Verlag, ISBN 9-3-85371-304-4
9,90 Euro (www.mediashop.at)

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