Es gibt viele gute Gründe, sich für eine gute Sache einzusetzen. Aber wie kann man in der ganzen Informations- und Reizüberflutung überhaupt noch Aufmerksamkeit und Sympathie für einen guten Zweck gewinnen? Ein paar Tipps…
Aktiv für eine bessere Welt – aber wie?
Ihr kennt das bestimmt: Es gibt Dinge, Ungerechtigkeiten und Missstände, die machen einen einfach wütend. Man denkt sich: Dagegen muss man doch einfach irgend etwas machen. Aber was? Briefe an Politiker schreiben? Eine Online-Petition ins Leben rufen oder eine Facebook-Seite? Leserbriefe schreiben oder Flyer verteilen? Das alles sind gute und wichtige Dinge. Doch da geht noch mehr – und vor allem auch noch spaßiger.
Die Initiative Make IT fair hat als Inspirations- und Ideenquelle ein E-Book zusammen gestellt, dass eine ganze Reihe von guten Tipps und damit einen schnellen Überblick für erste Aktionen gibt. Wer schon etwas mehr Erfahrung hat und/oder tiefer einsteigen will, der findet umfangreichere Infos über Taktiken, Prinzipien, Theorien und praktische Case Studies in dem Buch Beautiful Trouble – das es zwar auch in gedruckter Form gibt, das unter Creative Commons aber auch frei im Netz zur Verfügung steht.
Jeder kann sich auch schon mit einfachen Mitteln und wenig Zeit für eine bessere Welt einsetzen… (Bildquelle: Beautiful Trouble)
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren guter Aktionen
Je kreativer Protestaktionen sind, desto mehr Aufmerksamkeit können sie gewinnen – und desto mehr Spaß machen sie allen Beteiligten. Sie sorgen für Sympathie auf Seiten der Passanten und für Motivation bei den Mitstreitern. Damit das alles auch so bleibt, ist eine sehr gute Planung ungemein wichtig. Versucht dabei, so viel Liebe zum Detail zu entwickeln wie möglich – nicht nur in der Planung, sondern auch in der Umsetzung. Schafft mit Eurer Aktion immer eine besondere, positive Stimmung. Denn dann wird die öffentliche Meinung auf Eurer Seite sein.
Sucht Euch zudem einen guten Anlass für eure Aktion. Das kann ein Jahrestag, die Veröffentlichung einer Studie, eine Tagung von Wirtschaftsbossen oder Politikern und vieles mehr sein. Entscheidet euch auch sorgfältig für den richtigen Ort und die richtige Methode. Sie müssen nicht nur zum Anlass und zu Euch passen, sondern Ihr müsst sie auch mit den Mitteln, die Euch zur Verfügung stehen, bewerkstelligen können. Wenn Euch Ressourcen fehlen, dann gebt nicht gleich auf, sondern überlegt Euch, wo ihr diese her bekommen könntet.
Kreative Protestmethoden
Es gibt eine nahezu unendliche Bandbreite von Methoden – und laufend werden es mehr. Wir haben hier mal einige wenige aufgelistet. Viele weitere findet ihr zum Beispiel in den oben genannten, kostenlosen E-Books.
1. Kreatives Nachfragen in Geschäften
Diese Form des »Protestes« kann wirklich jeder von uns umsetzen. Alles, was ihr dazu braucht, ist eine klare Botschaft und ausreichend Hintergrundwissen. Überlegt euch dann, welcher Tag und welche Uhrzeit passt, sodass ihr die Verkäufer nicht nervt, sondern tatsächlich erreichen und nachdenklich stimmen könnt. Übrigens: Die Clean Clothes Campaign hat kleine, Visitenkarten-große Info-Kärtchen entwickelt, die man sich in den Geldbeutel stecken und bei Bedarf an VerkäuferInnen übergeben kann.
Gute Laune macht das Leben doch gleich viel schöner – und auch den Protest. Zum Beispiel in Form eines Flash Mobs (Bildquelle: Beautiful Trouble)
2. Der Flashmob für eine bessere Welt
Flashmobs sind in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichsten Anlässen entstanden und auch in die Medien gekommen. Im Grunde geht es darum, sich (per Social Web) zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort für eine konzertierte Aktion zu verabreden. In der Regel haben Flashmobs eine performative Komponente – das heißt, es wird getanzt, geschauspielert oder pantonimisch symbolhaftes dargestellt. Eine weitere Variante der FlashMobs sind die MedMobs. Dabei wir im öffentlichen Raum gemeinsam meditiert. Auch dies kann zum Wohle eines bestimmten Anliegens geschehen.
3. Unsichtbares Theater
Eine Steigerung – was das schauspielerische Talent angeht – zum Flashmob ist das unsichtbare Theater. Dabei inszeniert man zu zweit, zu dritt oder zu mehreren ein Theaterstück um öffentlichen Raum, das als solches jedoch nicht (sofort) zu erkennen ist. Der Reiz dieser Protestform liegt darin, dass die Zuschauer nicht genau wissen: Ist das nun echt oder nicht? So könnte man sich zum Beispiel an einem Krabbeltisch in einer Billig-Kleider-Kette darüber unterhalten, wie die Kleider hergestellt sind – oder am Kühlregal eines Discounters eine Diskussion über die Nachhaltigkeit des dort angebotenen »Bio»-Fleischs anzetteln. Achtet darauf, dass die Aktionen nicht langweilig und mit stark erhobenem Zeigefinger ablaufen, sondern das Skurrilität, Humor und Lebensfreude eine tragende Rolle bekommen.
4. Falsche Demonstration
Auch hier geht es ein bisschen um’s Schauspielern – allerdings Schauspielern leicht gemacht, denn ihr seid in der Gruppe. Bei der falschen Demonstration geht es nur scheinbar um eine Demonstration für eine Sache. Diese ist jedoch so überspitzt und widersinnig, dass die Passanten stutzen: Was ist da los? Die Initiative Make IT Fair führt als Beispiel an, dass man in schnieker Business-Kleidung »Für niedrigere Löhne und höhere Gewinne« demonstriert.
5. Kunstvolle Mahnwachen
Sicher, die Lichterketten und Kerzenmeere der Friedensbewegung sind nicht mehr die überraschendste Form des Protests. Doch vielleicht schafft ihr es, neue und symbolhafte, künstlerische Ideen für Mahnwachen zu entwickeln. Dabei spielt natürlich der Zeitpunkt und der Ort eine ganz wichtige Rolle: Um wen wird »getrauert«? Für wen wird gewacht? Warum an diesem Ort? Und welche symbolischen, rituellen Handlungen und Kostüme könnten Eure Botschaft unterstreichen?
6. Positives Applaus-Störfeuer
Wenn ein hochrangiger Vertreter oder eine hochrangige Vertreterin einer Institution oder Organisation zu einem Vortag oder eine Rede erscheint, möchte man ihn oder sie vielleicht »bestreiken«. Ihn oder sie niederzuschreien oder in sonstiger Weise zu unterbrechen ist in der Regel sehr destruktiv und wird Euch wenig Sympathien einbringen – immerhin wurde derjenige ja eingeladen und ist damit für die meisten Anwesenden ein positives Vorbild.
Eine äußerst effektive und irritierende Methode habe ich allerdings neulich selbst das erste Mal (als Teil des Publikums) erlebt: Und zwar verteilen sich dazu die eingeweihten Aktivisten im Saal und brechen bei jedem Wort in wilden Applaus und Jubel aus. Achtet darauf, dass ihr nicht als eine Gruppe wahr genommen werdet. Zieht euch so an, dass ihr nicht auffallt. Je mehr ihr euch in die restliche Gesellschaft einschmiegt, desto größer wird die Verwirrung und damit Euer Erfolg sein. Aller werden sich dann nämlich fragen, ob ihr nun einfach »nur« Begeistert seid – oder ob ihr die ganze Angelegenheit stören wollt. Ihr werdet dadurch mindestens viel Zeit gewinnen.
Ad Busting – also das Verändern von Werbe- und sonstigen Botschaften im öffentlichen Raum – kann auch eine Form des Protestes sein (Bildquelle: Beautiful Trouble)
7. Menschliche Banner
Kaum etwas macht mehr Spaß und erzeugt mehr Gemeinschaftsgefühl als ein menschliches Banner. Dazu legen oder stellen sich Dutzende bis Hunderte von Menschen zu Worten und/oder Bildern zusammen. Eindrucksvolle Bilder oder Videos für die Presse gibt es dazu auch noch gratis. Außerdem können menschliche Banner – je nach Zahl der Teilnehmer – auch eindrucksvoll zeigen, dass viele Menschen hinter der Sache stehen.
Es gibt natürlich noch viel mehr Aktionen – und Eurer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Je bunter, kreativer, humorvoller und fröhlicher der Protest für eine bessere Welt wird, desto mehr Menschen wird man dafür gewinnen können. Wichtig ist aber auch, dass ihr den rechtlichen Aspekt nie aus dem Blick verliert. Auch dazu findet ihr in den o.g. E-Books ein paar Tipps. Wir wünschen Euch: Viel Spaß!
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