Nicht nur in Europa macht sich zur Zeit eine Stimmung breit, in der öffentlicher Hass und Gewalt gegen Andersartige und -denkende legitim scheint. Ich finde: Wir dürfen da nicht tatenlos zusehen, sondern müssen handeln… Hier sind 9 Dinge, die jede*r von uns tun kann.

1. Übe dich in Aufmerksamkeit

Aus meiner Recherche zum Thema Zivilcourage weiß ich, dass der erste Schritt, um sich gegen Hass und Gewalt stark zu machen, in einer guten Beobachtungsgabe liegt. Denn Hass und Gewalt fängt meistens in der Sprache und bei kleinen Gesten an – und ist da nicht immer ganz offensichtlich. Vor allem nicht, wenn es einen nicht selbst betrifft. Deshalb: Aufpassen und sich ggf. in die Haut der anderen versetzen, die vielleicht gerade ganz subtil diskriminiert und diffamiert werden.

2. Informiere dich

Okay, wir wollen helfen, nicht tatenlos zu sehen – doch was genau ist es eigentlich, was sich die betroffenen Personen wünschen. Wenn es um eine bestimmte Gruppe geht, die zum Beispiel diskriminiert oder stigmatisiert wird, dann kannst du ja auch mal ganz generell eine*n Vertreter*in fragen: Was genau wünschst du dir? Wie kann ich dich unterstützen? Wie zeige ich am besten, dass ich mich für dich einsetze?

3. Hab keine Angst, aufzufallen

In der Öffentlichkeit aufzustehen und Farbe zu bekennen kann ganz schön unangenehm sein. Denn meistens wollen wir uns in unsere soziale Umgebung einfügen und nicht die Außenseiter sein. Damit du bereit – wenn es drauf ankommt, Zivilcourage zu zeigen und möglicherweise sogar eine verbale Konfrontation zu suchen – kannst du vorab schon mal in einem risikolosen Umfeld üben:

Der Psychologe und Held*innenforscher Dr. Philip Zambardo empfiehlt dazu einen Tag lang mit einem grünen Fleck auf der Stirn herumzulaufen oder mit pinkfarbenen Hasenhausschuhen oder mit einer Clownsnase oder was auch immer dir peinlich und möglichst auffällig ist.

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4. Sprich als erstes

Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass sich die Menschen in kritischen Situationen immer an der- oder demjenigen orientieren, der als erstes reagiert. Wenn du also als erstes sprichst und beispielsweise gegen eine Hass- oder Gewalttat Position beziehst, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dir die anderen Anwesenden mit ihrer Meinung folgen werden.

Wenn die Gefahrensituation niedrig ist, du dich nicht traust, eine verbale Konfrontation zu suchen, aber dennoch einschreiten willst, kannst du dich auch an die oder den Betroffenen wenden und ein freundliches Gespräch mit ihm oder ihr beginnen (das kann auch was wirklich banales sein wie „du hast eine tolle Mütze“ oder ähnliches – Hauptsache der- oder diejenige merkt, sie ist nicht allein und du bist ihr oder ihm wohl gesonnen).

5. Such dir Vorbilder

Wenn du dir deine ganz persönlichen Held*innen aussuchst, kann dir das enorm viel Mut und Motivation geben. Mach einfach mal eine Liste an Menschen, die für dich aus bestimmten Gründen ein Vorbild sind. Das können dir bekannte Menschen sein – etwa aus deiner Familie oder deinem Freundeskreis. Es können aber auch allgemeine Vorbilder sein wie Gandhi oder Vandana Shiva.

Überlege dir, was von ihren Eigenschaften du auch haben möchtest. Stelle sie aber nicht auf ein Podest: Auch sie sind Menschen mit Fehlern und machen nicht immer alles super.

6. Trainiere dich

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es zunehmend zu Situationen kommen kann, in der du dich auch tatsächlich gegen körperliche Gewalt stellen musst. Das kann natürlich gefährlich werden. Deshalb solltest du selbst wirklich nur dann physisch einschreiten, wenn du dir absolut sicher bist, dass das die richtige Lösung ist. Besser ist es, wenn du die Polizei oder Feuerwehr rufen kannst.

Damit du dich gegebenenfalls aber richtig verhalten kannst, ist es nicht schlecht, wenn du einen Selbstverteidigungskurs besuchst und dich darin ausbilden lässt, wie man gewaltvolle Situationen deeskalieren kann.

7. Suche Hilfe

Vor allem wenn es um körperliche Gewalt geht, ist es meistens nicht ratsam, selbst (alleine) einzuschreiten. Besser ist es, wenn du dir Hilfe holst. Wenn es möglich ist, verständige die Polizei oder die Feuerwehr und warte, bis diese eintrifft. Wenn dies nicht möglich ist, bitte möglichst viele umstehende Menschen, gemeinsam mit dir zu intervenieren.

8. Nimm dir einen Moment

Versuche nicht immer sofort zu reagieren. Nimmt dir einen Moment, atme tief durch und überlege dir, welcher Mensch du am liebsten sein willst – und dann handle erst. Denn wenn wir Ungerechtigkeiten sehen oder etwas anderes, was gegen unsere Werte geht, dann schreiten wir manchmal zu schnell zu aggressiv ein. Lass dich dazu nicht hinreißen. Handle mit Bedacht. Es reichen schon ein paar Sekunden.

9. Befreunde dich mit deinen „Feinden“

Meistens haben wir eine klare Vorstellung, auf wessen Seite wir stehen – sonst würden wir uns ja nicht einbringen wollen. Doch wenn wir nur die Konfrontation suchen und keine Verständigung, dann tragen wir dazu bei, dass die Kluft wächst. Eine wichtige Sache, mit der du Hass und Gewalt mindern kannst, ist daher, dich mit denjenigen zu befreunden, die deiner Meinung nach falsch liegen.

Sich mit ihnen zu befreunden bedeutet nicht, dass du nun alles, was sie tun und sagen, gut findest. Aber es die beste Möglichkeit, um Vorurteilen zu begegnen, Angst abzubauen und Gemeinsamkeiten zu entdecken, wenn ihr euch auf einer persönlichen Ebene kennenlernt. Vor allem, wenn du selbst zur „Zielgruppe“ ihres Hasses gehörst (wobei das natürlich auch besonders riskant sein kann).


Dein Tipp gegen Hass und Gewalt?

Soviel erst einmal zu den Ideen und Tipps, die ich heute für euch gesammelt habe. Inspiriert hat mich das Greater Good Science Center an der Berkeley University und The Heoric Imagination Project.

Vielleicht habt ihr ja aber auch selbst noch gute Ideen und Tipps? Dann teilt sie doch bitte über die Kommentarfunktion. Denn ich finde, es ist zur Zeit so wichtig, dass wir uns alle für eine offene Gesellschaft und gegen Hass und Gewalt engagieren…

Bildquelle: frankieleon / flickr