Dass sich an unserer Energieversorgung etwas ändern muss, ist nicht erst seit Fukushima klar. Der US-amerikanische Regierungsberater Jeremy Rifkin hat da eine Reihe von Vorschlägen, die er mit der »dritten industriellen Revolution« tituliert. Andere sprechen von der vierten. Aber egal wie man es nennt. Es geht um Alternativen. Und Rifkin hat ein ganzes Buch darüber geschrieben.

Der Klimawandel ist in südlicheren Ländern nicht mehr nur eine ferne, irgendwie irreale Bedrohung, sondern längst Alltag. Die Erdöl-, Erdgas- und Kohlevorkommen dieser Erde sind früher oder später zu Ende. Und die Konflikte wegen der einen oder der anderen Misere werden extrem zunehmen, wenn Alles so weiter läuft. Manche sprechen von einem neuen 30-jährigen Krieg.

Lobbyismus und seltene Erden

Man muss also etwas machen… aber was? Lösungen können nur international von der Politik oder lokal von Vorreitern realisiert werden. Letzteres geschieht schon überall – ersteres tritt bekanntlich ziemlich auf der Stelle. Umso vehementer ist Rifkin mit seinen Heilsversprechen unterwegs. Seine These: Man müsse die Energieversorgung eben dezentralisieren und auf erneuerbaren Energien basieren lassen. Weg mit den großen Energieversorgern (Fußangel Nummer eins) und her mit den Solaranlagen auf jedem Häusledach (Fußangel Nummer zwei).

Während sich Fußangel Nummer eins vielleicht noch durch entsprechende Bürgerbewegungen auf der einen und geschickten Lobbyismus auf der anderen Seite bewerkstelligen ließe (und von Lobbyismus-Annekdoten handelt eigentlich das Buch), gibt Rifkin auf Fußangel Nummer zwei keine Lösung: Wo will man um alles in der Welt genug Rohstoffe – etwa seltene Erden u.ä. – her bekommen, um all die Solar- und Windkraftanlagen etc. zu bauen? (Ganz zu schweigen davon, dass er natürlich mit keinem Wort darauf eingeht, dass unser Wirtschaftssystem insgesamt nicht dazu geeignet scheint die Umwelt zu schonen oder für soziale Gerechtigkeit zu sorgen).

LOHAS-Chick und Solidarität

Nein, es wird schon so ausgehen müssen, dass wir hier in den reichen Industrienationen kräftig Energie sparen müssen – vor allem, damit auch die Menschen in den ärmeren Ländern künftig mehr Energie haben und somit ein Schritt hin zu internationaler sozialer Gerechtigkeit getan werden kann.

Aber das allein ist nicht das Enttäuschende an diesem Buch. Rifkin tanzt von einer Anekdote zur nächsten. Meint, Angela Merkel hätte die Energiewende verstanden und treibe sie voran (geschrieben hat er das übrigens vor dem Ausstieg aus dem Ausstieg). Er schreibt von den Schönen und Reichen dieser Welt – etwa die Regierung von Monaco. Ja, sie können sich den LOHAS-Chick einer Stadt leisten, die komplett auf erneuerbaren Energien basiert.

Mein Fazit nach der Lektüre

Aber was ist beispielsweise mit den verschuldeten Ländern dieser Welt? Wohl immerhin – nicht nur in der EU – die Mehrzahl, inklusive den USA… Rifkin scheint mir in »elitären« Kreisen zu schweben jenseits von Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller. Damit schafft er es vielleicht, sich auf die »Sonnenseite« unserer Welt zu schlagen. Einer Welt, in der die Kluft zwischen Arm und Reich immer stärker wird: Hier die einen, die sich selbstgerecht in ihrem LOHAS-Livestyle einrichten und über die anderen dort die Nase rümpfen – wie umweltunfreundlich…

Natürlich ist das Buch interessant, um mal eine Ahnung davon zu bekommen, wie das Strippen ziehen hinter den Kulissen der großen Politik so aussieht. Doch wurde ich zugleich das ungute Gefühl auch nicht los, dass Rifkin ohnehin so viel Diplomatie an den Tag legen muss, dass man dann eben doch keine Ahnung davon bekommt, wie hinter den Kulissen der großen Politik die Strippen nun gezogen werden… Mein Fazit: Wer viel Zeit hat sollte es lesen.

Bibliografische Angaben:
Die dritte industrielle Revolution
Die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
Jeremy Rifkin
Campus Verlag
ISBN 978-3-593-39452-7
Preis 24.99 Euro
www.campus.de