Am kommenden Sonntag ist Erntedankfest. Ein Feiertag, der aus dem Blickfeld vieler nahezu verschwunden ist. Die Organisation „Die Tafel“ nimmt ihn allerdings zum Anlass, um ihr 15-jähriges Bestehen zu feiern. Bereits einen Tag zuvor, nämlich am Samstag, den 4. September 2008, wird es einen bundesweiten Aktionstag geben, der ein Zeichen gegen Armut und für bürgerschaftliches Engagement setzen soll.
Rund 800 lokale Tafeln laden zu den unterschiedlichsten Aktionen ein – beispielsweise zu so genannten „Langen Tafeln“, bei denen in öffentlichen Gesprächsrunden darauf aufmerksam gemacht werden soll, dass in einem wohlhabenden Land wie Deutschland Millionen von Menschen arm oder von Armut bedroht sind.
Die Tafel: Sichtbarer Beweis für Armut
Die Tafeln sei der sichtbare Beweis dafür, dass Armut in unserem Land alles andere als ein Randphänomen ist, für eine immer größer werdende Zahl von Menschen sei sie bittere Realität, zieht die Organisation anlässlich ihres Jubiläums Bilanz. „Dass sich Einrichtungen wie die Tafeln in dieser kurzen Zeit etablieren konnten, zeigt, wie löcherig das soziale Netz geworden ist“, resümiert der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V. Gerd Häuser.
Die Tafeln stünden aber auch für ein beispielloses bürgerschaftliches Engagement, findet Häuser. Getragen werde es von zehntausenden ehrenamtlichen Helfern einerseits und unzähligen kleinen und großen Spendern und Sponsoren andererseits. „Sie sind es, die die gewaltige soziale Leistung der Tafeln jeden Tag möglich machen“, so Häuser.
Die Tafel als Faktor der Daseinsvorsorge
In ihrer Vielzahl sind die wohltätigen Tafeln in den vergangenen 15 Jahren zu einem wichtigen Faktor in der Daseinsvorsorge für sozial benachteiligte Bürgerinnen und Bürger geworden. „Als sich die ersten Tafeln gegründet haben, ging es noch vorwiegend darum Obdachlosen zu helfen“, erinnert sich Gerd Häuser. Mit den Jahren wurde immer deutlicher, wie viele Menschen tatsächlich bedürftig sind:
Heute suchen Langzeitarbeitslose sowie Familien mit Kindern, darunter viele Alleinerziehende, die Unterstützung der Tafeln. Zu den Tafel-Kunden zählen aber auch Berufstätige und Rentner, deren Einkommen kaum zum Leben reicht. Sie alle sind Empfänger staatlicher Transferleistungen.
Sozialpolitische Lücken
„Die geltende Sozialgesetzgebung hat ihren Teil zu dieser Entwicklung beigetragen. Es ist sicher kein Zufall, dass sich die Anzahl der Tafeln seit Einführung der Hartz-Gesetze im Jahr 2003 von damals 320 auf heute fast 800 vervielfacht hat“, so Gerd Häuser. „Die Tafeln füllen eine größer werdende sozialpolitische Lücke. Dass es sie überhaupt geben muss, ist ein Armutszeugnis für ein nach wie vor reiches Industrieland wie Deutschland.
Die Tafeln können mit ihrer Arbeit persönliche Notlagen allerdings nur kurzfristig mildern. Es kommt aber auf den Staat an, die Ursachen von Armut wirksam zu bekämpfen. Armut stigmatisiert die Betroffenen, insbesondere die Kinder.“
Aufgrund dieser traurigen Bilanz hat der Die Tafel e.V. drei Forderungen aufgestellt, die sich an die Politik richten:
- 1Ihre Anstrengungen zu verstärken, die Menschen in Arbeit zu bringen, und zwar zu einem Lohn, der es den Arbeitsnehmern ermöglicht, von ihrer Arbeit auch leben zu können.
- Alles zu tun, um die erschreckend hohe Kinderarmut in den Familien zu bekämpfen, zum Beispiel durch den Ausbau der Kinderbetreuungsangebote und die Schaffung kostenloser Mittagessenangebote in den Schulen.
- Den Bundesverband Deutsche Tafel e.V. als Interessenvertretung der fast 800 gemeinnützigen Tafeln in Deutschland bei seiner Verbandsarbeit stärker zu unterstützen.
„Eine Anerkennung als siebter Sozialverband würden wir uns angesichts der kontinuierlich steigenden Leistungen der Tafeln in der Wohlfahrtspflege sehr wünschen. Mit Blick auf die weiter steigende Armut in Deutschland werden den Tafeln auch zukünftig eher mehr als weniger Leistungen abverlangt werden.
Damit sie ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen können, werden wir uns als Verband verstärkt in sozialpolitische Fragen einmischen. Bei fast einer Million Tafel-Kunden ist das fraglos nötig“, erklärt der Vorstandsvorsitzende abschließend.
Infos: www.tafel.de
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