Jetzt, nachdem sich die erste Aufregung in Sachen China gelegt hat, wird das Thema so nach und nach wieder an den Rand des Weltgeschehens gerückt. Jeder hat seine Meinung gesagt, einen Boykott der Olympischen Spiele gefordert oder vehement verneint, den Dalai Lama zur Ikone erhoben oder verdammt. Doch das Problem scheint damit nicht gelöst.
So berichten gerade die „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) über den aktuellsten Fall der Zensur in Sachen olympisches Feuer:
Zahlreiche ausländische Journalisten wurden in den vergangenen Tagen daran gehindert, frei über den Weg des olympischen Feuers durch die chinesischen Provinzen Xinjiang und Tibet zu berichten. Aus Sicht von Reporter ohne Grenzen bricht China damit klar sein Versprechen an das Internationale Olympische Komitee (IOC), ausländische Medien uneingeschränkt in China arbeiten zu lassen.
Nur ungefähr 50 ausländische Journalisten konnten über die Reise der olympischen Fackel durch Lhasa am 21. Juni berichten. Fast die Hälfte waren von chinesischen Behörden handverlesene Korrespondenten aus Hongkong, Macao und Taiwan. Internationale Presseagenturen und einige Fernsehsender mit Übertragungsrechten für die Spiele durften zwei Tage aus Lhasa berichten. US-amerikanische oder britische Zeitungen hatten gar keinen Zutritt. Die Journalisten, die nach Lhasa reisen konnten, hatten wenig Bewegungsfreiheit. „Polizisten in Zivil und Uniform filmten jeden unserer Schritte“, erfuhr ROG von einem Journalisten. Die Behörden sperrten Webseiten mit Berichten ausländischer Journalisten von dem Fackellauf, etwa die kanadische „Globe and Mail“-Seite.
Sport und Politik – unvereinbar laut IOC
Das IOC hat sich die Scheuklappen aufgesetzt und verweist auf die Unvereinbarkeit von Sport und Politik – angesichts der voran gegangenen innerpolitischen Strategie Chinas, eben diese Spiele zu nutzen, um sich politisch ins beste Licht zu rücken, bzw. der ursprünglichen IOC-Argumentation, China mit der Vergabe auch politisch zu öffnen, eine Farce. Es geht eben doch mehr darum, die Sponsoren-Milliarden und bestehende westliche Begehrlichkeiten gegenüber dem chinesischen Markt nicht zu gefährden. Also ein Widerspruch, der zu einer echten Problemverfilzung werden könnte, wenn es erst mal losgeht.
Inwieweit die Proteste gegen China instrumentalisiert wurden, um bestehende politische und wirtschaftliche Differenzen der USA mit einer weltweiten, öffentlichen Druckkulisse anzufüttern, spielt nur eine nebengeordnete Rolle. Wichtig bei allem ist, nicht die Menschen aus den Augen zu verlieren, um die es hier geht. Und hier ist doch wohl unstrittig, dass die Verhältnisse in dem Reich der Mitte noch weit davon entfernt sind, um als menschenwürdig bezeichnet zu werden.
Es gibt positive Entwicklungen
So stellt Amnesty International Deutschland zu Recht fest: Tatsächlich sind in einigen Bereichen positive Entwicklungen zu beobachten. So wurde ausländischen Journalisten eine größere Freiheit in der Berichterstattung eingeräumt. Auch Reformen für die Beschränkung der Todesstrafe sowie eine größere Transparenz in der Anwendung wurden in die Wege geleitet. In ihrem jüngsten China-Bericht stellt Amnesty International jedoch fest, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Menschenrechtslage in den vier zentralen Bereichen bisher ausgeblieben sind:
- Die Todesstrafe wird weiterhin verhängt, u. a. für Delikte wie Steuerhinterziehung. Nationale Statistiken hierzu werden nicht offen gelegt. Familien und Anwälte erhalten weder Zugang zu den Angeklagten noch Informationen über deren Situation.
- Inhaftierungen ohne Anklage und die Strafe der ‚Umerziehung durch Arbeit’ wurden nicht abgeschafft, sondern nehmen im Zug der ‚Säuberung’ der Olympiastadt Peking zu.
- Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger haben sich in vielen Landesteilen verstärkt.
- Die Pressefreiheit chinesischer Autoren ist weiterhin stark eingeschränkt. Journalisten werden willkürlich entlassen oder wie andere Autoren und Blogger inhaftiert. Medien werden verboten und zahlreiche Internetseiten gesperrt.
Punkte, die man allerdings auch bei den großen Demokratien des Westens ausmachen und kritisieren kann. Altkanzler Helmut Schmidt sagte in einem Interview sinngemäß, dass sich der Westen in Zurückhaltung üben solle, da er einerseits selbst solche Zeiten hinter sich habe und auf der anderen Seite diese Dinge aus der Ferne nicht beobachten könnte. Ein Glück, dass das Ausland im Fall Deutschland damals nicht so dachte und sich (zu Recht) einmischte. Es ist ganz gleich, wes Geistes Kind totalitäre Staaten sind, solange es hier Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Schlimmeres gibt, braucht es die Augen der Welt, die darauf schauen.
Quellen:
Amnesty International Deutschland
Reporter ohne Grenzen
Bild: Pixelio.de, Jerzy
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