Lebensmittel-Lobby triumphiert: Die Lebensmittelkennzeichnungsschlappe der EU-Politiker

„Zwar wurde bereits im letzten Jahr die Lebensmittel-Ampel abgelehnt, jene farblich gestaltete Kennzeichnung, die erstmals versteckte Zucker-, Fett-, und Salzbomben schonungslos aufgedeckt hätte. Aber es bestand immer noch die Möglichkeit, deutliche Verbesserungen für den Verbraucher herauszuholen. Diese Gelegenheit wurde verspielt!“, meint Foodwatch in seiner Pressemitteilung und spricht von einem „Schlag ins Gesicht der Verbraucher“. Nun ist Thilo Bodes Organisation nicht für zahme Worte bekannt. Was also ist geschehen?

Die EU-Abgebordneten haben „nach dreijährigem Ringen … über die Neuregelung der Kennzeichnungsvorschriften und Herkunftsangaben abgestimmt“, schreibt Foodwatch. Mit dem aus „naiver“ Verbrauchersicht wohl eher wenig nachvollziehbaren Ergebnis, dass bei Fleisch und Milchprodukten nicht auf der Verpackung stehen muss, woher die Lebensmittel stammen. Mich würde das allerdings schon interessieren. Zwar kaufe ich als Vegetarier kein Fleisch, aber ich würde schon gerne Milch kaufen, die erstens aus unserer Gegend stammt und nicht kilometerweit heran gekarrt werden muss. Und zweiten Milchprodukte von solchen Kühen, von denen man – ähnlich wie bei Eiern – eine Vorstellung hat, wie die Tiere leben.

Doch damit nicht genug: Nicht nur dass die Ampelkennzeichnung letztes Jahr von unseren EU-Politikern „ganz freilwillig und wohl durchdacht“ gekippt wurde – für die im übrigen nicht nur die Mehrheit der Bevölkerung sein soll, sondern auch (Kinder)Ärzte und Verbraucherverbände (siehe auch http://bit.ly/okQS4y).

Nun haben die EU-Abgeordneten laut Foodwatch auch noch beschlossen, dass die Kennzeichnungen über den wahren Zucker-, Salz- und Fett-Gehalt erstens in gleicher, viel zu kleiner Schrift bleiben dürfen – und auf die Rückseite der Verpackung wandern dürfen. Mit anderen Worten: Vorne werden die Lebensmittel mittels überschlanker Models und hohler Wellness-Claims als natürlich, gesund und bio verkauft. Und ganz klein auf der Rückseite werden sie pro forma als Kalorien- und Zuckerbomben ohne nennenswerten Nährstoffgehalt enttarnt. Aber wer schaut da schon so genau hin? Eben. Was für ein Glück für die Lebensmittelindustrie…

Weitere Infos gibt’s bei Foodwatch: http://www.foodwatch.de/

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

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