Jeder Haushalt bietet eine Fülle zumeist ungenutzter Dinge, die sich entweder in bare Münze umwandeln lassen oder einfach so dem Gemeinwohl und Umweltschutz dienen.

Wir Verbraucher sind erschöpft vom ewigen Massenkonsum. Wir fühlen uns leer durch sinnlosen Konsumzwang. Wir sind frustriert, weil wir dank sinkender Reallöhne »downshiften« müssen. Wir haben genug davon, uns täglich im Job abzustrampeln und zu erniedrigen, um uns anschließend mit Konsumgütern zu belohnen, die wir erstens nicht brauchen und die zweitens nie so gut sind, wie uns die Werbung das versprochen hat… Nein, wir wollen nicht mehr! Wir wollen lieber Dinge selber machen – ob im Garten, beim Basteln oder Handwerken. Und wir wollen auf Konsum verzichten. Oder genauer gesagt: intelligenter konsumieren!

Etwa durch Leasen, Leihen und gemeinsame Nutzung. Das schont nämlich nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt! All das hat die australische Trendforscherin Rachel Botsman ganz richtig erkannt und nun im Buch »What’s mine is (y)ours« mit dem eingängigen Schlagwort »Collaborative Consumption« neu vermarktet. Die Wirtschaft freut sich: Botsman breitet vor ihnen eine ganze Palette neuer Geschäftsmodelle aus und wird dem entsprechend durch die Medien und Konferenzen gereicht. Ich aber frage mich: was ist neu an dieser Idee?

Schauen wir uns zunächst einmal die Thesen Botsman genauer an: Ihrer Ansicht nach folgt auf die Ära des Web 2.0 – in der wir digitale Güter wie Fotos, Filme, Texte und Sounds mit einander über das Internet teilten – nun ein Zeitalter, in dem uns der digitale Technikfortschritt die lokale Ortung ermöglicht. Damit verbinden sich eine Fülle von nun möglichen Dienstleistungen und Services: Mit unseren Smartphones können wir nämlich nicht nur anzeigen, wo wir uns gerade befinden, wir können auch ausmachen, wo sich andere Menschen sowie Gegenstände befinden – ein Auto eines Car-Sharing-Services zum Beispiel. Uns so dringt das Internet in unsere reale Welt – eine Entwicklung, die schon seit Jahren u.a. unter dem Stichwort »Das Internet der Dinge« prognostiziert wird.

Doch sind solche so genannten »Location Based Services« gar nicht unbedingt notwendig. Auch jenseits des in Deutschland für viele suspekten Ortung kann man beim kollaborativen Konsum mitmachen: Ebay ist wohl das bekannteste Beispiel. Jeder, der etwas hat, was er nicht mehr braucht, findet hierüber jemanden, der es gerne hätte. Couchsurfing ist ein anderes Beispiel: Über die Website kann man zum einen selbst einen Schlafplatz zur Verfügung stellen. Zum anderen kann man eine günstige Übernachtungsmöglichkeit von privat finden, die meist auch noch nette Kontakte liefert. Via parkatmyhouse kann man den Parkplatz vor seinem Haus vermieten (vorausgesetzt man ist Eigentümer des Grund und Bodens!).

Die Autorin und Trendforscherin Rachel Botsman erklärt das Konzept des »Collaborative Consumption«. http://vimeo.com/25483239

Und schließlich gehören dazu laut Botsman auch die echten »Klassiker«: Tauschringe, Umsonstläden (Link zu Beitrag), Gemeinschaftsgärten, offene Werkstätten… Ja, sie alle erleben derzeit eine Renaissance! Ja, und sicher: all diese Entwicklungen sind nicht von der Hand zu weisen. Fest steht auch, dass in diesem Sektor ein neuer Dienstleistungsmarkt entsteht. In Bewegungen wie zum Beispiel die des OpenSource sehen immer mehr ein Hoffnungsmodell für Wirtschaftsformen anderer, gemeinschaftlicherer, sozialerer, kollaborativerer Art. Woher kommt also der Hype um Rachel Botsman?

Entsteht er durch ihre guten Verbindungen? Immerhin war sie vorher Direktorin der William J. Clinton Foundation, schreibt regelmässig für die »Australian Financial Review« und »Wired« und spricht bei so einflussreichen Konferenzen wie der TED… Vielleicht liegt es auch daran, dass sie sich die Mühe gemacht hat, die gefühlte Bewegung mit harten Zahlen zu belegen, wie zum Beispiel das Video zu ihrem Buch zeigt:

[vimeo]http://vimeo.com/11924774[/vimeo]

Vielleicht kommt es aber auch daher, dass sie eine Hoffnung verströmt: Ihrer Einschätzung nach ist es nämlich nicht nur so, dass uns die neuen Technologien den Austausch, den Verleih oder den Verkauft von Gebrauchtem und Vorhandenem ermöglichen – sie sorgen auch für ein ganz neues Gefühl des Vertrauens unter den Menschen. Wir mutieren damit von den Einzelkämpfern am Wühltisch mit den spitzen Ellenbogen zu den integrierten, von einander im positiven Sinne abhängigen Gemeinschaftswesen, die wir im Grunde unseres Herzens doch alle sein wollen.

In diesem Sinne frage ich auch nicht lange weiter nach, wieso Rachel Botsman nun genau so gehypt wird. Soll sie doch! Wenn auf diese Weise das internationale »Business« den Zugang zu den bislang für sie kaum beachtenswerten Sphären des Subkonsums findet, warum nicht? Wenn auf sich auf diese Weise die Erkenntnis durchsetzt, dass wir nur in echter Kollaboration – und die setzt Vertrauen, Ehrlichkeit, Respekt und Fairness voraus – eine lebenswerte Zukunft haben, dann soll sie von mir aus gerne gehypt werden!