Vor wenigen Tagen erregten das Meinungsforschungsinstituts Forsa und die Freie Universität Berlin mit dem Ergebnis ihrer Umfrage zur Demokratieverdrossenheit noch einiges Aufsehen. Das bedenkliche Ergebnis. Nur 39 Prozent der befragten Deutschen sähen sich als „rundum zufriedene Demokraten“. Bedenklich, da sich hier ein allgemeiner Trend abzeichnet.

Zwar halten 86 Prozent der befragten Bundesbürger die Demokratie für die richtige Staatsform. Doch: Mit dem tagtäglichen demokratischen Prozess ist hingegen nur eine Minderheit zufrieden“, fasste der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer, einer der Autoren der Studie, das Ergebnis zusammen. Man fragt sich unweigerlich, welche Staatsform denn aussichtsreicher wäre – und erinnert sich unweigerlich an Momente in der Geschichte, in denen die Demokratie auf dem Rückzug war und demagogischen Verführern das Feld überließ.

Zieht sich der Bund zurück?

In die selbe Kerbe schlägt nun ein Fall, über den ich heute im Netz gestolpert bin. Es geht um die Initiative „Netzwerk Courage“, die mit ihrem Anliegen insbesondere in Schulen tätig war, um hier zu diskutieren, aufzuklären und junge Menschen zu bestärken. Das erklärte Ziel:

Wir befördern eine demokratische Kultur, an der sich alle aktiv beteiligen können. Wir machen Mut, nicht wegzusehen, wenn Diskriminierung geschieht. Wir unterstützen eine emanzipatorische und damit nicht-rechte Gegenkultur durch die Stärkung von antirassistischen Positionen und das Aufzeigen alternativer Handlungsoptionen. Dazu gehört für uns die Achtung jedes einzelnen Menschen, unabhängig von Herkunft, Sprache, Religion oder Geschlecht. 

Doch nun steht die Bildungsoffensive des Netzwerkes vor dem Aus – kein Geld:Overhead des Netzwerks für Demokratie und Courage nicht mehr vom Bund gefördert.

Bildungsoffensive droht nun das Aus

Das Thema Bildung ist derzeit in aller Munde. Studien machen die Runde, weisen bundesweit auf Potenziale hin, Interessenverbände rufen zur Bildungsoffensive auf und die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel lädt Ende Oktober zum nationalen Bildungsgipfel ein.

Das Netzwerk für Demokratie und Courage befindet sich seit 1999 in der Bildungsoffensive. Nun droht dem Erfolgsprojekt das Aus. Die neuerliche Antragstellung im Xenos-Programm des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist gescheitert, die Fortsetzung der Aktivitäten ab 2009 nicht mehr gesichert. Damit können zukünftig Anfragen zur Beratung der Ländernetzwerke und zum Qualitätsmanagement nicht mehr wahrgenommen werden, die bundeslandübergreifende Koordination der politischen Bildungsarbeit des NDC entfällt.

Das NDC führt derzeit in zehn Bundesländern jährlich ca. 1.000 qualitativ standardisierte Projekttage für Ausbildungseinrichtungen durch und erreichte damit 2007 ca. 20.000 SchülerInnen, Auszubildende und MultiplikatorInnen. Primäre Zielsetzung der Projekttage ist es, Menschen zum demokratischen Engagement zu ermutigen, Zivilcourage herauszufordern, Rassismus abzubauen, klar gegen rechte Meinungen aufzutreten, Aufklärung zu leisten, Wissen und Kompetenzen zu vermitteln. Getragen wird das Netzwerk von ehrenamtlich engagierten jungen Menschen, die dadurch ihre sozialen und inhaltlichen Kompetenzen erproben und weiter entwickeln können. Das hohe Engagement der Ehrenamtlichen, die Vielzahl der Anfragen sowie die überdurchschnittlichen Evaluationsergebnisse bestätigen die Qualität der Angebote. Zahlreiche Auszeichnungen und Preise bestätigen dies.

Demokratie stärken, Rechtsextremismus bekämpfen, Beteiligungsmöglichkeiten schaffen – diese Aufgaben können nur durch gesamtgesellschaftliches Engagement bewältigt werden. Mit der Absage an eine Fortfinanzierung der NDC-Arbeit durch das Xenos-Programm entzieht sich der Bund dieser Verantwortlichkeit. Angesichts der politischen Forderung nach mehr Chancengleichheit und Teilhabe durch Bildung ist die Einstellung der Bundesförderung nicht nachvollziehbar.

Dresden, 15.9.2008″

Man wundert sich, angesichts der aktuellen Forsa-Ergebnisse (siehe oben), der postulierten Bildungsoffensive der Bundesregierung und milliardenschwerer Unterstützung für marode Landesbanken doch sehr über die Zurückhaltung. Wir wissen nicht, ob es bereits alternative Finanzierungskonzepte gibt, halten aber das Projekt – gerade angesichts des desolaten Zustandes unserer Gesellschaft, für unterstützendswert. Wer Interesse hat, der sollte unbedingt Kontakt zum NDC aufnehmen. Bis 2009 läuft das Projekt noch weiter – also etwas Zeit bliebe noch. Wer weiß…?

Quelle:
Netzwerk für Demokratie und Courage
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Artikel in der FTD