Pilotprojekt Grundeinkommen

Bedingungsloses Grundeinkommen im Realtest

Macht uns ein Bedingungsloses Grundeinkommen glücklich oder faul? Ein Pilotprojekt will das wissen …

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen – viele kreative Freiberufler*innen wie ich träumen davon . Andere halten es für eine unrealistische Idee. Ja – aber, was stimmt denn nun? Werden die Menschen über sich hinauswachsen, wenn sie vom Druck der Existenzangst befreit sind? Oder werden sie faul auf dem Sofa lümmeln, Bier trinken und Kommerzfernsehen gucken?

Pilotprojekt Grundeinkommen will Antworten

Die Wahrheit ist: Wir wissen es nicht! Sicherlich wird es beide Fälle geben. Aber welcher Art sind wir Menschen vorwiegend? Um das zu erforschen hat der Verein Mein Grundeinkommen zusammen mit dem Institut für Wirtschaftsforschung, der Universität zu Köln und dem Max-Planck-Institut eine Studie gestartet:

120 Menschen erhalten drei Jahre lang 1.200 Euro im Monat. Bedingungslos. Die Wissenschaftler vergleichen dann deren Lebensentwicklung mit der einer Vergleichsgruppe. Finanziert wird das Ganze von 140.000 Privatmenschen, die die Bedinungslosen Grundeinkommen möglich machen.

Auch Höhe und Finanzierung will man erforschen

Wenn sich in diesem ersten Schritt zeigt, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen tatsächlich eine positive Wirkung auf die Menschen hat, geht es an Stufe 2 und 3. In Stufe 2 soll ermittelt werden, ob es besser ist, allen grundsätzlich 1.200 auszuzahlen – oder die Garantie zu geben, dass alle mindestens 1.200 Euro pro Monat haben. Letzteres bedeutet, dass nur bei Menschen mit geringerem Einkommen aufgestockt wird. Das wäre natürlich viel günstiger insgesamt, als die erste Version.

Im dritten Schritt soll dann die Finanzierung geprüft werden. Hier gibt es ja unterschiedliche Konzepte: Die einen wollen das Grundeinkommen über eine wesentlich höhere Einkommenssteuer finanzieren. Das ist auch das Modell, das in diesem Test simuliert werden soll. Andere schlagen vor, ein Grundeinkommen für alle über eine Finanztransaktionssteuer, eine Steuer auf natürliche Ressourcen oder eine erhöhte Konsumssteuer zu finanzieren.

Welche positiven Auswirkungen könnte ein Bedingungsloses Grundeinkommen denn haben?

Das Paper zur Studie nennt mehrere positive Auswirkungen, die sich durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen erwarten lassen:

  • Burnout adé: Wer ein Grundeinkommen hat, kann es sich leisten, weniger zu arbeiten. Möglicherweise würde die Anzahl der Burnout-Patient*innen sinken und damit auch die Krankenkosten. Möglicherweise würde es dann auch weniger Menschen mit psychischen Erkankungen geben und solchen, die durch Stress verursacht werden.
  • Tschüss Existenzangst: Was passiert mit einer Gesellschaft, wenn die Menschen keine Existenzangst mehr haben? Diese Frage können wir nicht beantworten, denn wir haben es noch nie erlebt. Psychologen können sich aber vorstellen, dass diese Befreiung ein enormer Kreativitätskatalysator ist. Welche sozialen, ökologischen, technischen und kulturellen Innovationen dürften wir erwarten, wenn die Menschen Zeit dafür hätten?
  • Hallo positives Menschenbild: Bewusst oder unbewusst lautet das in unserer Gesellschaft vorherrschende Menschenbild „wer was leistet, kriegt auch was“. Was bedeutet: „wer arm ist, ist faul“. Und auch: „Menschen muss man zum Arbeiten zwingen. Wenn sie nicht müssen, gehen sie auch nicht arbeiten“. Könnte ein Bedingungsloses Grundeinkommen hier unsere Einstellung verändern? Psychologen können sich vorstellen, dass unsere intrinsische Motivation steigt, etwas zu tun. Und, dass insgesamt mehr Vertrauen zu anderen entsteht, wenn auch uns mehr Vertrauen entgegen gebracht wird. Was für eine bessere Welt wäre das! Wissen tun wir es freilich erst, wenn wir es ausprobieren.

Menschen, die durch den Verein Mein Grundeinkommen in den letzten Jahren bereits 1.200 Euro pro Monat erhalten haben, haben folgendes berichtet:

Als Testperson teilnehmen

Übrigens: Jede*r kann sich als Testperson bewerben und wird möglicherweise ausgewählt. Dann würdest du 3 Jahre lang 1.200 Euro bedingungslos jeden Monat bekommen. Bisher haben bereits über 1 Million Menschen beworben. Ich auch 🙂

Das geht ganz leicht: Du gehst einfach auf die Website unter www.pilotprojekt-grundeinkommen.de und füllst ein nicht langes Formular aus. Wer ausgewählt wird, muss in den 3 Jahren sieben Fragebögen ausfüllen, was jeweils rund 25 Minuten dauern soll. Ganz bedingungslos ist es damit nicht, aber auf jeden Fall für einen guten Zweck!

Expedition Grundeinkommen: Ein staatliches Modellprojekt

Übrigens ist diese Studie nicht die einzige Bestrebung, die Auswirkungen eines Bedingungslosen Grundeinkommens wissenschaftliche zu erforschen. Unter dem Stichwort „Expedition Grundeinkommen“ führt der Verein in fünf Bundesländern eine Volksabstimmung über ein staatliches Modellprojekt durch. Stimmen die Menschen dafür, soll das Bedingungslose Grundeinkommen in diesen Bundesländern offiziell getestet werden: https://expedition-grundeinkommen.de

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

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