Verbraucherinformationsgesetz im Test

Das wichtigste verbraucherpolitische Vorhaben der Großen Koalition von CDU/CSU und SPD, das Verbraucherinformationsgesetz (VIG), ist gescheitert – das befindet zumindest die Organisation foodwatch, die das im Mai 2008 in Kraft getretene Gesetz sechseinhalb Monate in der Praxis getestet hat.

Die Bilanz sei erschreckend, meint foodwatch: Auskünfte würden in den meisten Fällen nicht erteilt, Fristen nicht eingehalten und zum Teil abschreckend hohe Gebühren verlangt. „Das VIG erweist sich als reine Symbolpolitik. Verbraucher werden abgeschreckt, abserviert und abkassiert“, sagte Kampagnenleiterin Cornelia Ziehm von foodwatch.

foodwatch hat 29 Anfragen bei Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden gestellt. Unter anderem wollten die Verbraucherschützer wissen, wohin das Fleisch aus dem letzten Gammelfleischskandal geliefert wurde, welches Mineralwasser wie hoch mit dem giftigen Schwermetall Uran belastet ist oder welcher Betrieb bei Lebensmittelkontrollen aufgefallen ist. „Knapp 80 Prozent aller Anfragen blieben unbeantwortet, die schwarzen Schafe wurden fast nie genannt, gesetzliche Fristen teilweise massiv überschritten und in einigen Fällen Gebühren von mehr als 1000 Euro festgesetzt“, sagte Cornelia Ziehm.

Fiasko für die Große Koalition

„Das VIG ist ein Fiasko für die Große Koalition, eine Verhöhnung der Verbraucher und ein Armutszeugnis für die Demokratie“, so das Fazit von Cornelia Ziehm. Die Große Koalition habe mit dem VIG die Chance vertan, mittels größerer Transparenz zu einem funktionierenden Lebensmittelmarkt beizutragen. „Offensichtlich nehmen die Koalitionspolitiker Verbraucherrechte nicht ernst. Das dürfen wir nicht akzeptieren“. Das VIG sei in seiner jetzigen Form nicht dazu geeignet, Lebensmittelskandale zu verhindern, befindet die foodwatch-Mitarbeiterin.

foodwatch fordert dem entsprechend nun eine grundlegende und umgehende Neufassung des VIG. Wirtschafts- und Geheimhaltungsinteressen dürften nicht länger Vorrang vor dem Bedürfnis der Verbraucher nach Information haben. Wer der gleichen Meinung ist, kann nun mitmachen: foodwatch hat im Internet eine Mitmach-Aktion gestartet und sammelt Unterschriften für ein wirksames Verbraucherinformationsgesetz. Protest-E-Mails können unter www.foodwatch.de an Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner und die Verbraucherminister der Länder abgeschickt werden.

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

Hinterlasse einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Es ist möglich: Vorbilder für eine bessere Welt

Kann man die Welt verbessern, wenn man bettelarm, unterdrückt, vergewaltigt und ohne Schulbildung ist? Diese Frage stelle ich mir hier in unserer wohlstandsverwöhnten Welt...

Etikettenschwindel

Gesund und lecker – das sind die Attribute, die heutzutage von Nahrungsmitteln erwartet werden. Doch wer auch nur ein bisschen bewandert ist und sich...

Gen-Verbot hin und her – dann wird es uns zu bunt

Die meisten Deutschen sind gegen Gen-Technik. Dennoch kommt sie…

Jeder darf voten: abgespeist

Ach, Sie haben sich tatsächlich auch schon mal gewundert, dass in einer Milchschnitte tatsächlich nur Milch, Weizen und Honig drin stecken soll? Und das...