Wie weit geht man mit seinem Engagement? Wie konsequent verfolgt man seine Ziele? In dieser beeindruckenden Doku über den US-amerikanischen Programmierer, Autor und Hacktivisten Aaron Swartz erfährt man viel über Courage und den bedingungslosen Glauben an eine bessere Welt:
„Es gibt zwei verschiedene Blickwinkel: Alles ist super. Dank Internet haben wir alle möglichen Freiheiten und es wird ganz toll werden. Oder: Alles ist schrecklich. Das Internet hat alle möglichen Werkzeuge geschaffen, uns zu kontrollieren und auszuspionieren. Und beide sind richtig! Das Internet hat beides bewirkt und beides ist bemerkenswert. Welches von beiden sich letztlich durchsetzt, liegt an uns. Es ist Quatsch zu sagen, die eine oder andere Seite hat Recht. Beides stimmt. Es liegt also bei uns, was wir daraus machen. Denn es wird immer beide Seiten geben.“
Aaron Swartz (* 8. November 1986; † 11. Januar 2013)
Wer ein wenig Zeit mitbringt, findet in rund 100 Minuten einige Inspiration durch eine Person mit beeindruckender Persönlichkeit. Swartz, Koautor der RSS-Spezifikation 1.0, beteiligt an der technischen Umsetzung der Creative-Commons-Lizenzen, Begründer diverser Internet-Projekte und unermüdlicher Web-Aktivist zeigt uns, dass durchaus ein Mensch allein vieles bewegen kann, wenn er etwas hat, woran er glaubt. Swartz hätte in der „freien Wirtschaft“ Millionen scheffeln können, entschied sich aber für eine Laufbahn als Aktivist. Für ihn war eine bessere Welt ein moralisches Imperativ.
Siehe hierzu auch das „Guerilla Open Access Manifest“, welches den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen fordert: https://www.openeverything.eu/guerilla-open-access-manifest/
Guerilla Open-Access Manifest
Informationen sind Macht. Aber, wie so oft, gibt es Menschen die diese Macht für sich behalten wollen. Das weltweite wissenschaftliche und kulturelle Erbe, für Jahrhunderte in Büchern und Zeitschriften veröffentlicht, wird zunehmend von einer Handvoll privater Firmen digitalisiert und eingeschlossen. Möchtest du aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse studieren, musst du zunächst Unmengen an Verlage wie Reed Elsevier überweisen.
Allerdings gibt es auch Menschen, die antreten um daran etwas zu ändern. Das Open-Access Movement hat tapfer gekämpft um sicherzustellen, dass Wissenschaftler ihre Urheberrechte nicht leichtfertig abgeben, sondern ihre Arbeiten stattdessen im Internet veröffentlichen – unter Bedingungen die allen Zugriff erlauben. Aber selbst in den besten Szenarien betrifft dieses Engagement nur Dinge, die noch publiziert werden. Alles andere wird verloren sein.
Dieser Preis ist zu hoch. Akademiker zwingen dafür zu bezahlen, wenn sie die Arbeiten ihrer Kollegen lesen wollen? Ganze Bibliotheken einscannen aber nur den Leuten bei Google erlauben sie zu lesen? Wissenschaftliche Artikel nur für elitäre Universitäten in der ersten Welt bereitstellen, aber nicht den Kinder im globalen Süden? Das ist empörend und inakzeptabel.
„Ich stimme zu“, sagen viele, „aber was können wir tun? Die Firmen halten die Rechte, sie machen enorme Gewinne wenn sie für Zugänge abkassieren und das alles im gesetzlichen Rahmen – es gibt nichts womit wir sie stoppen könnten.“ Doch, es gibt etwas das wir tun können, etwas das schon einmal getan wurde: Wir können uns wehren.
Ihr mit Zugang zu den Ressourcen – Studenten, Bibliothekare, Wissenschaftler – euch wurde ein Privileg zuteil. Ihr werdet am Wissensbankett gefüttert, während der Rest der Welt ausgesperrt wird. Aber ihr dürft nicht – ja, moralisch, könnt ihr nicht – dieses Privileg für euch behalten. Ihr habt die Pflicht mit der Welt zu teilen. Ihr müsst Passwörter mit Kollegen tauschen oder Downloads für Freunde durchführen.
Gleichzeitig wart ihr, die ihr ausgesperrt wurdet, nicht untätig. Ihr habt euch durch Löcher gezwängt und seid über Zäune geklettet, um von Verlagen geschützte Informationen zu befreien und sie mit Freunden zu teilen.
Aber all diese Aktionen führen auf dunkle Seite der Macht, sie führen in den Untergrund. Es wird Stehlen und Piraterie genannt, als ob das Teilen von Wissensreichtümern das moralische Äquivalent zur Plünderung eines Schiffes und zum Mord der ganzen Crew wäre. Dabei ist Teilen nicht unmoralisch – es ist eine moralische Notwendigkeit. Nur solche, von Gier geblendeten würden einem Freund eine Kopie verweigern.
Natürlich sind großen Firmen vor Gier geblendet. Die Regeln in denen sie sich bewegen erwarten dies – ihre Aktionäre würden sich mit weniger auch nicht zufrieden geben. Und die Politiker haben ihnen das abgekauft, erlassen Gesetze die ihnen die exklusive Macht geben, selbst zu entscheiden wer kopieren darf.
Es existiert keine Gerechtigkeit in diesen ungerechten Gesetzen. Es ist Zeit, ins Licht kommen und in der großen Tradition des zivilen Ungehorsam, unseren Widerstand gegen diesen privaten Diebstahl öffentlicher Kultur zu zeigen.
Wir müssen Informationen, wo auch immer sie gespeichert sind, nehmen, unsere eigenen Kopien machen und sie mit dem Rest der Welt teilen. Wir müssen Dinge, die nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind, nehmen und sie diesem Archiv hinzufügen. Wir müssen Zugang zu geheimen Datenbanken kaufen und sie ins Netz stellen. Wir müssen wissenschaftliche Zeitschriften herunterladen und sie in File-Sharing Netzwerke einspeisen. Wir müssen für Guerilla Open-Access kämpfen.
Wenn wir weltweit genügend Menschen sind, senden wir nicht nur eine Botschaft unseres Widerstands gegen die Privatisierung von Wissen – wir machen es zu einem Teil der Vergangenheit. Wirst du dich uns anschließen?
Aaron Swartz
Juli 2008, Eremo, Italien
Guerilla Open-Access Manifest Deutsch (.pdf) Original (.pdf)
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