Seit diesem Sommer gibt es eine neue Verwaltungsrichtlinie, die die Bundesregierung verpflichtet, halbjährlich zu berichten, welche Mitarbeiter aus welchen Unternehmen oder Verbänden in den Ministerien mitarbeiten und mit welchen Themen sie sich dort genau beschäftigen. Der erste Bericht liegt nun vor und ist – obwohl natürlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt – bekannt geworden. Die Organisation LobbyControl hat ihn sich angesehen, ausgewertet und nachgeprüft. Sie kommt zu dem Schluss: Es gibt Fortschritte – aber auch noch ungelöste Probleme.

Aber die gute Nachricht zuerst: die Zahl der Lobbyisten in den Ministerien scheint laut LobbyControl zurück zu gehen. Gerade im Wirtschaftsministerium sieht die Organisation einen Rückgang der Fälle, in denen Lobbyisten aus Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden direkt in den sie betreffenden Referaten mitarbeiteten. „Insofern haben sich unsere Proteste und unser Druck gelohnt“, freut sich LobbyControl.

Doch die Hände in den Schoß legen, wollen die Aktivisten deshalb noch lange nicht. „Unsere Nachprüfungen haben gezeigt, dass es dringend nötig ist, der Bundesregierung auf die Finger zu schauen“, erklärt die Organisation. Inzwischen habe das Innenministerium LobbyControl gegenüber eingeräumt, dass der Bericht an einer Stelle unvollständig ist: Das Bildungsministerium habe einen Mitarbeiter des VDI Technologiezentrums nicht aufgeführt, der im Frühjahr dort tätig war.

Auch würden die neuen Regeln nicht strikt umgesetzt, schreibt LobbyControl. So sei die Leiterin des Vorstandsbüros der Berliner Wasserbetriebe seit August 2008 für ein halbes Jahr im Entwicklungsministerium im Referat „Wasser; Energie; Stadtentwicklung“ eingesetzt worden, meint LobbyControl. An den Berliner Wasserbetrieben halten RWE und der französische Veolia-Konzern 49,9 Prozent der Anteile. Beide Konzerne sind international in Privatisierungsprojekten im Wasser- und Energiesektor aktiv. Außerdem profitiere der Mutterkonzern der Berliner Wasserbetriebe, die Berlinwasser Holding AG, von Mitteln aus dem Haushalt des Entwicklungsministeriums. Eine solche Überschneidung mit den Geschäftsinteressen der entsendenden Unternehmen ist laut LobbyControl jedoch nach der neuen Richtlinie verboten. „Dieser Fall muss sofort beendet werden!“, fordert die NGO.

Unverändert dient die direkte Mitarbeit in den Ministerien als privilegierter Zugang zur Politik für finanzstarke Wirtschaftsinteressen. Von den 58 Fällen, die der Bericht auflistet, kamen 18 aus Unternehmen und Wirtschaftsverbänden, hingegen nur einer aus einer Gewerkschaft. Angesichts dieser massiven Probleme und der fortgesetzten undemokratischen Einflussnahme will sich LobbyControl weiterhin dafür einsetzen, die Mitarbeit von Lobbyisten in den Ministerien ganz zu beenden. „Wir werden uns dazu nochmal an die zuständigen Ausschüsse im Bundestag (Haushalt- und Innenausschuss) wenden und hoffen, dass diese ihre eigene Rolle ernst nehmen und den Bericht genau prüfen würden“, erklärt die Organisation.

Die komplette Auswertung des Berichtes kann man übrigens hier als PDF herunter laden.  Außerdem hat LobbyControl inzwischen alle Fälle aus dem Bericht in ihre Datenbank eingetragen, in der man auch alle anderen, bisher bekannt gewordenen Fälle finden kann: www.keine-lobbyisten-in-ministerien.de.