Nach 100 Tagen Amtszeit von Agrarministerin Aigner kommen Umweltschutzverbände zu einer negativen Bilanz: sie vernachlässige Umwelt und Verbraucher, meint bspw. die Umweltschutzorganisation Greenpeace.
Keines der drängenden Umwelt- und Verbraucherthemen habe die neue Landwirtschafts- und Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) bislang in Angriff genommen kritisiert Greenpeace. Ob Agrargifte, Gentechnik oder Verbraucher- sowie Klimaschutz: Die Ministerin habe bei der Lösung der Probleme bislang keine Initiative gezeigt, so das niederschmetternde Fazit von Greenpeace.
Agrar-Lobby und Bauernverband
„Bisher wirkt Ministerin Aigner eher wie das Sprachrohr der Interessen von Agrarlobby und Bauernverband, denn wie eine umweltbewusste Verbraucherministerin“, führt Barbara Kamradt, Leiterin des Landwirtschaftsbereichs von Greenpeace, die Kritik fort. „Ihre Kollegen in anderen EU-Ländern verbieten den Anbau von Gen-Mais oder setzen sich für gentechnikfreie Regionen ein. Doch Aigner geht diesen Schritt nicht und ignoriert neue wissenschaftliche Indizien für die Gefährlichkeit von Gen-Mais. Auch in Sachen Agrargifte schlägt sie sich eher auf die Seite der Chemielobby und vernachlässigt die Interessen der Verbraucher.“
Aigners eigene Behörde, das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, habe erst im Oktober vor zu hohen Pestizidbelastungen in Obst und Gemüse gewarnt. Für Ministerin Aigner allerdings kein Grund, das Pestizidreduktionsprogramm nachzubessern – wie von Bundestag und EU gefordert, so Greenpeace. Auf europäischer Ebene habe Deutschland zusammen mit anderen EU-Ländern ein besseres EU-Pestizidrecht gerade verhindert.
Greenpeace kritisiert Verbraucherinformationsgesetz
Auch das neue Verbraucherinformationsgesetz kritisiert Greenpeace als völlig untauglich und dringend, die Ministerin unternehme allerdings nichts. Zudem habe Aigner beim Klimaschutz bislang versagt und setzte sich sogar für die Subventionierung des Dieselverbrauchs in der Landwirtschaft ein. „Durch die Subventionierung würden Landwirte, die verschwenderisch mit Dieselkraftstoff umgehen, besonders belohnt. Das ist klimapolitischer Unfug“, erklärt Kamradt.
Auch der WWF lässt kein gutes Haar an der Ministerin: „Nach 100 Tagen im Amt hat Bundesagrarministerin Aigner sich noch nicht mit den drängenden Umweltproblemen befasst“, kritisiert der WWF. Stattdessen sei die Arbeit der CSU-Politikerin von einer großen Nähe zur Bauernlobby und großer Distanz zu den Umweltverbänden geprägt. „Frau Aigner bestellt fleißig das Feld der industriellen Landwirtschaft“, sagt WWF-Agrarexperte Matthias Meissner.
„Wie diese fordert Aigner Produktivitätssteigerung ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit. Ressourcenverbrauch, Artenvielfalt, Umweltgifte, Klimaschutz – all das scheint nebensächlich.“ Dies sei umso erstaunlicher, als der Markt für nachhaltig erzeugte Lebensmittel stetig wachse. „Dafür ist in der Strategie von Frau Aigner jedoch offenbar kein Platz“.
Klimaschutz unter Rädern?
Laut WWF kommt besonders der Klimaschutz unter die Räder. Denn die Ertragssteigerung auf dem Feld werde durch immer mehr Dünger erkauft. Beim Einsatz von Düngemitteln werden Gase wie Lachgas frei, das 300mal so klimaschädlich ist wie CO2. Dabei sei die Landwirtschaft laut dem Stern-Report bereits heute weltweit für 14 Prozent der Klimagase verantwortlich!
Auch beim Agrardiesel spielten die Klimaschutzziele der Bundesrepublik für die Agrarministerin offenbar keine Rolle. Mit Subventionen soll der Sprit noch billiger werden. „Das ist in Zeiten des Klimawandels ein völlig falsches Signal“, so WWF-Experte Meissner. „Das Geld sollte lieber für etwas eingesetzt werden, wovon alle profitieren, Bauern ebenso wie Verbraucher und die Umwelt.“
Dringend notwendig sei zum Beispiel, die Landwirte zum Bodenschutz finanziell zu unterstützen und den Einsatz von Stickstoffdüngern drastisch zu reduzieren. Stickstoffdünger kann unter anderem Grundwasser und Gewässer belasten und setzt das Klimaschädliche Lachgas frei.
Weitere Infos: www.greenpeace.de / www.wwf.de
1 Kommentar