Da sitzt man da und fragt sich gerade, wohin einen die Bankenkrise wohl noch führen wird – aus dem eigenen Häuschen? Auf die Straße? Da fällt uns ein Online-Game ins Auge, das derzeit anscheinend (so jedenfalls die Betreiber in der üblichen PR-Selbstlobhuddelei) angesagt ist: Das Penner-Onlinegame.
Dabei schlüpft man in die Rolle eines Obdachlosen, muss lernen zu schreiben, um sich ein Schildchen malen zu können. Muss lernen, Gitarre zu spielen, um mehr Geld sammeln zu können. Muss lernen Pfandflaschen zu sammeln und so weiter und so fort. Bei all dem ist natürlich darauf zu achten, dass der Alkholospiegel im Blut nicht unter einen gewissen Pegel absinkt…
Bereits 466623 registrierte User scheint es schon zu geben, es gab 1108939 Haustierkämpfe, 25279289 Biere wurden bereits getrunken und 5009947 Hamburger verdrückt – das gibt die Statistik auf der Website bekannt (Stand 18.9.08). Politisch natürlich vollkommen inkorrekt – aber anscheinend erfolgreich.
Nun gibt es ja eine Reihe von Independent Spiele-Entwicklern, die Computerspiele wirklich als eine Möglichkeit sehen, soziale Probleme oder Konflikte zu lösen: Denn auf diese Weise kann sich der Spieler eben mal nahezu „echt“ in die Haut eines anderen versetzen. Zu nennen wäre da beispielsweise Molle Industria – als einer von vielen. Die Überlegungen und Ideen, die diese Game-Aktivisten haben, sind wirklich interessant und sie machen klar, dass in dem oft unterschätzten oder missverstandenen Genre eben doch ein enormes Potential schlummert – und zwar nicht in materieller Hinsicht (was ja oft einzig im Blickfeld steht), sondern in kultureller und künstlerischer.
Doch scheint man es in diesem Fall wohl einfach nur „funny“ zu finden (wie ein begeisterter Spieler in einem Forum schrieb), die Stereotypen durchzuhecheln – und den Loosern auf der Strasse mal zu zeigen, dass man sich sehr wohl zum Schlossbesitzer hocharbeiten kann (143 haben das beim Penner-Spiel laut Statistik schon geschafft – die deutsche Version des amerikanischen Traums „Vom Tellerwäscher zum Millionär“?), wenn man sich eben einfach nur geschickter anstellt.
Eine wirklich merkwürdige Freizeitbeschäftigung. Wir können nur hoffen, dass sich die hier gesammelten Erfahrungen in ein bisschen mehr Einfühlungsvermögen den Obdachlosen gegenüber sowie Freigebigkeit beim nächsten Einkaufsbummel (wenn da wieder mal einer sitzt mit dem Pappbecher) münden…
Bildquelle: www.pennergame.de
Wie kann man nur das Leiden anderer zu einem Spiel machen? Ich bin echt schockiert!
Solche Angebote machen viel von dem kaputt, was andere mit ihrer Arbeit erreichen wollen. Unsere Gesellschaft wird nicht überdauern (wie man sieht), wenn wir nicht bald lernen, uns umeinander zu kümmern, anstatt uns gegeneinander aufzubringen oder nur Verachtung füreinander zu empfinden.
Nibiru