Deutschland gehört zu den Geizweltmeistern

Was bedeutet es eigentlich, wenn Deutschland „Exportweltmeister“ ist (ganz abgesehen davon, dass wir es in Wirklichkeit gar nicht sind, wie ich in der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ gelesen habe)? Es bedeutet doch eigentlich, dass wir Jahr für Jahr mehr Geld einnehmen, als wir ausgeben – oder? Und woher kommt dieses Geld? Wer zahlt da mehr an uns, als wir an die anderen zahlen? Okay, eine rhetorische Frage. Doch angesichts des 16. Berichts zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe muss sie doch einmal gestellt werden – oder nicht?

Denn wie es scheint, freuen wir uns tierisch, wenn wir den anderen Ländern das Geld aus der Tasche locken können: puh, schon wieder Arbeitsplätze gesichert. Aber selbst etwas für die anderen tun? Beispielsweise mal weniger Auto fahren oder keine Billigflieger nutzen, damit die da in Afrika nicht unter dem (überhaupt ja erst noch richtig kommenden) Klimawandel zu Grunde gehen müssen? Nee, da sollen doch lieber die anderen verzichten. Und Geld ausgeben wollen wir auch nicht – wo es uns allen doch gerade so schlecht geht.

Anscheinend ist es so, denn der bereits erwähnte Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe sagt: Das im Rahmen der EU und auf G8-Gipfeltreffen getroffenen Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungshilfe auszugeben, erfüllen nur Norwegen, Schweden, Luxemburg, Dänemark und die Niederlande. Deutschland liegt mit 0,37 Prozent nur im Mittelfeld – nämlich auf Rang 12 von 22 Geberstaaten. Zwar setzte sich der Aufwärtstrend für Entwicklungshilfe im Bundeshaushalt fort, aber die Bundesregierung erfülle die Verpflichtungen nur zur Hälfte. Um dies zu tun, müsste das Budget um 1,6 Milliarden Euro pro Jahr steigen.

Nicht nur, dass die Entwicklungshilfe eher Lippenbekenntnisse zu sein scheinen – die Entwicklungsländer werden die Finanzkrise – die ja schließlich von den nimmersatten Reichen los getreten wurde – mit Sicherheit auch zu spüren: „Wir erleben in diesen Tagen, wie die Finanzkrise auch auf die Realwirtschaft übergreift. Entwicklungsländer sind besonders verwundbar und werden daher besonders hart betroffen sein und zwar langfristig“, sagt Hans-Joachim Preuß, Generalsekretär der Welthungerhilfe.

Peter Mucke, Geschäftsführender Vorstand von terre des hommes, fordert deshalb: „Ein Konjunkturpaket zur Stabilisierung der Wirtschaft, wie es die westlichen Länder derzeit auflegen, ist deshalb auch zur Stärkung der deutschen Entwicklungshilfe dringend erforderlich. Dass schnell Geld mobilisiert werden kann, wenn der politische Wille da ist, haben wir bei uns ja gerade erlebt.“ Stimmt – und ob noch was für „die da unten“ übrig bleibt, wenn auch noch die deutsche Automobil-Industrie ihr Küchlein abbekommen hat, das ist die Frage.

Wir finden: Liebe Frau Merkel, diese Geizkragen-Mentalität ist peinlich!

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

2 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

EU ist Klimaklotz

„Die Finanz- und Wirtschaftskrise stellt auf dem bevorstehenden Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs den Klimaschutz in den Hintergrund“, da befindet Germanwatch und kritisiert:...

Stéphane Hessel: Wofür lohnt es sich zu kämpfen?

»Viel wird darüber gesprochen, wogegen wir kämpfen wollen. Wenig darüber, wofür eigentlich«, der Empört-Euch-Autor Stéphane Hessel mit einem denkwürdigen Plädoyer. Stéphane Hessel zieht die...

Auf ein offenes Wort… unsere Pflicht in Sachen Klimawandel

Die Finanzierungshilfen für die am stärksten betroffenen Länder des Klimawandels sind keine Wohltätigkeit in Zeiten des Reichtums, sondern eine moralische Verpflichtung! Dies haben Brot...

Der Weg zur Postwachstumsgesellschaft

Wie sieht unsere Welt in 10, 20 oder 50 Jahren aus? Ein wunderschöner Animationsfilm – inspiriert von den 1940er Jahren – gibt einen Ausblick...