Filmtipp: Die Krisen sind da! Und sie werden immer mehr… Aber: Was tun?

Die Naturkatastrophen nehmen zu. Damit auch das menschliche Elend. Die Welt zerfällt in extremen Reichtum – und extreme Armut. Das Wasser wird knapp, fruchtbarer Boden auch. Und dennoch lebt ausgerechnet der kleiner Teil der Weltbevölkerung (wir!) nach wie vor eklatant über seine Verhältnisse, der wahrscheinlich am meisten das Wort »Nachhaltigkeit« im Munde führt. Woran also liegt es, dass wir noch immer nichts gelernt haben? Was kann man tun, um nicht weiter mit Volldampf auf die Katastrophen zu zusteuern? Eine Serie an kurzen Dokus lässt Vordenker unserer Zeit zu Wort kommen. Mit zum Teil widersprüchlichen, aber in jedem Fall diskutablen Argumenten und Sichtweisen.

Resourcenspekulation

»Der Markt ist vollkommen ungeeignet, um Ressourcenpreise festzulegen«

Dies meint im ersten der bereits fünf veröffentlichten Filme Ernst Urlich von Weizäcker, seines Zeichens Physiker und Biologe sowie Gründer des Wuppertal Instituts. Er fordert – um endlich zu einer wahrhaften Nachhaltigkeit zu gelangen, von der wir uns wider besseren Wissens jedes Jahr immer weiter entfernen, anstatt uns ihr anzunähern – den Ressourcenverbrauch von der Wohlstandszunahme abzukoppeln.

Wie dies praktisch gehen könnte, das hat Weizäcker in seinem Buch »Faktor vier« beschrieben. Doch derlei Theorie haben bekanntermaßen noch nie zu prompten Umsetzung geführt. Deshalb hat sich der Wissenschaftler in seinem nächsten Buch »Faktor fünf« Gedanken gemacht, wie die politischen Rahmenbedingungen aussehen müssten, um diese Entkoppelung hinzu bekommen.

Sein Fazit: Die Energiepreise müssen langsam, aber stetig steigen. Nur dann würde es sich für die Unternehmen lohnen, in energie-effiziente – sprich nachhaltige – Technologien zu investieren. Den so genannten Entwicklungsländern empfiehlt Weizäcker gleich ins energie-effiziente Wachstum einzusteigen. D.h.: Im Grunde müsste seiner Empfehlung nach eine weltweite (politische, demokratische?) Institution die Energiepreise diktieren. Eine utopische Vorstellung… oder eine Distopische?

Energiepreise

»Hätten wir die wahren Energiepreise würden die Unternehmen wieder mehr in menschliche Arbeitskraft investieren«

stößt Klaus Wiegandt ins gleiche Horn. Er ist ehemaliger Metro-Vorstand, sozusagen geläutert und nun in Sachen ökologische Aufklärung unterwegs. Und er empfiehlt die totale Aufklärung. Nur rund 0,5 Prozent der Menschen wüsste um das, was eigentlich notwendig wäre, um die drohenden Umwelt- und Ressourcenkrisen abzuwenden, meint er.

Deshalb publiziert er und hält Vorträge und Seminare. Er hofft auf das Ideal der Aufklärung: Dass derjenige, der das Richtige erkannt hat, dieses auch tun wird. Leider hat sich diese Hoffnung bislang im großen Stil nicht bestätigt. Die meisten Menschen sind dagegen, andere auf der anderen Seite unter menschenunwürdigen Bedingungen für sich schuften zu lassen.

Die meisten Menschen finden es schlimm, dass auf der anderen Seite der Welt Menschen verhungern und Tiere verdursten, weil sie den Klimawandel nicht bewältigen. Und dennoch kaufen wir Billig-Jeans, essen so viel Fleisch wie nie zuvor und beschweren uns, wenn das Benzin teurer und die Kilometerpauschale abgeschafft wird. Ja, leider muss man wohl der Tatsache ins Auge sehen, dass die schöne Idee der LOHAS – durch »strategischen Konsum« die Welt zu verbessern gründlich gescheitert ist.

»Entscheidungen werden von der Politik getroffen und nicht von der Wirtschaft oder der Zivilgesellschaft«

findet hingegen Jakob von Uexküll, Gründer des Right Livelihood Awards und des World Future Councils. Deshalb, so seine These, können wir uns auch unseren zynischen Antipolitismus nicht mehr leisten. Ja, wir haben die Pflicht politisch aktiv zu sein. Nicht unbedingt als Berufspolitiker und auch nicht unbedingt permanent. Aber auf jeden Fall mehr, als dies derzeit für den Großteil der Bevölkerung der Fall ist.
»Es genügt eben nicht, Visionen zu haben. Wir brauchen Gesetze und Strategien, um diese umzusetzen – ansonsten kann der Einzelne wenig erreichen«, erteilt Uexküll der Idee des strategischen Konsums ebenfalls eine Absage. Und dass wir etwas tun müssen steht außer Frage: »Noch nie hat das, was wir tun – oder nicht tun – so große Auswirkungen auf zukünftige Generationen gehabt wie heute«, sagt Uexküll. Ein wachsendes BIP (Brutto Inlandsprodukt) könnte dazu führen, dass es den meisten immer schlechter geht, zitiert er einen Ökonomen.

Er geht deshalb davon aus, dass uns – wenn wir so weiter machen – Konflikte und Kriege um Ressourcen im Ausmaß der beiden Weltkriege drohen. Nur, dass diese mehrere Hundert Jahre dauern werden. In dieser Zukunft werden praktische Fähigkeiten von unschätzbarem Wert sein – also zu wissen, wie man Obst und Gemüse anbaut, etwas reparieren oder bauen kann u.v.m. »Aber die wichtigste Fähigkeit wird die sein, in der Öffentlichkeit zu reden und andere von einer Sache zu überzeugen«, meint Uexküll.

»Es ist zu spät für Nachhaltigkeit. Es ist zu spät die Krisen abzuwenden«

zieht der US-amerikanische Ökonom Dennis Meadows die wohl pessimistischste Bilanz der Interviewten. Seiner Ansicht nach können wir »nur noch« versuchen, uns bestmöglich auf die kommenden Krisen vorzubereiten. Das schließt die Aneignung der bereits genannten praktischen Fähigkeiten ein. Das bezieht sich aber auch darauf, Strategien und Konzepte zu entwickeln, wie wir Konflikte friedlich bereinigen können. Wie wir Kultur und Menschenwürde erhalten können. Und auch, wie wir uns von den großen Konzernen und den anderen Nutznießern des aktuellen Systems emanzipieren können.

»Wir verbrauchen zur Zeit die Ersparnisse von Millionen von Jahren«, meint Meadows. Er meint das Öl, sauberes Wasser, fruchtbaren Boden, reine Luft. Und es gibt – seiner Ansicht nach – nichts, was wir tun können, um die großen Profiteure dieses Raubbaus davon abzuhalten. »Die großen Konzerne werden unsere Erde des Profits wegen zerstören und wir können sie nicht daran hindern«, meint er fatalistisch.

Einen Ausweg sieht er nur darin, jetzt schon Alternativsystem aufzubauen. Beispiel Geld: trotz massenhafter Proteste sieht er die Bevölkerung nicht in der Lage in einem demokratischen Prozess die internationalen Finanzmärkte so zu gestalten, dass sie dem Wohl der Menschen und der Umwelt dienen. »Wir können aber mit lokalen Währungen Alternativen schaffen, die wir auch dann noch nutzen können, wenn die Weltwährungen zusammen gebrochen sind«, meint er.

Eine absolut demoralisierende, deprimierende und demotivierende Sicht der Dinge? Vielleicht, meint Meadows. Aber er hält es nichts desto trotz für wesentlich sinnvoller den Tatsachen ins Auge zu blicken, als viel Zeit und Energie für ein Ideal der Nachhaltigkeit zu verschwenden, die wir niemals erreichen werden.

Unser Fazit:

Die Themenreihe ist interessant in ihrer Abwechslung und auch gerade in ihrer Widersprüchlichkeit. Eine öffentliche Diskussion auf diesem Niveau ist längst überfällig. Die Filme sind mit einer Dauer von zehn Minuten zudem extrem internet-affin. Und doch können die Filme natürlich nur ein allererster Denkanstoß sein. Wie ich hoffe für viele, für die die Auseinandersetzung mit solchen Themen sonst zu aufwendig und langwierig erschien. Und: wir sind gespannt auf die nächsten Filme!

Die Website zum Film mit den ersten 5 Filmen gibt es unter www.wastun.tv

Für die Verwendung des Aufmacherfotos bedanken wir uns bei Stihl24, pixelio