Eins, zwei, drei – alle mit dabei

Bereits im August 2006 hatte das Bundeskabinett beschlossen, dass sich Deutschland 2010/2011 an einer EU-weiten Volkszählung beteiligen würde (siehe netzpolitik.org). 2007 schaffte der Bundestag die entsprechende Gesetzesgrundlage (siehe auch tagesschau.de) und 2008 legte das Statistische Bundesamt dann den Fahrplan für den Zensus 2011 fest , mit dem sich die Bundesrepublik nach 1987 wieder in den international üblichen zehn-Jahres-Rhythmus von Volkszählungen einreihen soll (siehe auch heise.de). Obwohl sich die Volkszählung nicht gr0ß von der unterscheidet, die noch 1987 auf so große Widerstand in Deutschland stieß, regte sich bislang kaum etwas. Das soll sich nun ändern…

Anders als beim Zensus von 1987 stützt sich die Volkszählung allerdings vor allem auf die zusammen geführten Daten aus Meldeämtern und der Bundesagentur für Arbeit. Diese sollen laut foebud mit einer eindeutigen Identifikationsnummer gespeichert und dann mit den Daten aus einem gleichzeitig erstellten Wohnungsregister kombiniert werden. Zu diesem Zweck müssten alle Eigentümer von Gebäuden und Wohnräumen detaillierte Angaben zu Eigentumsverhältnissen, Größe und Ausstattung der Wohnungen und zu den Mietern machen. Dazu werden etwa 10 Prozent aller Bürger nochmal direkt befragt. Ein Widerspruch dagegen ist nicht möglich.

Widerstand gegen die Volkszählung 1987

„Wir sind der Meinung, dass die geplante Datensammlung weit über eventuelle Notwendigkeiten einer Volkszählung hinausgeht und außerdem wichtige Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts z. B. zur informationellen Selbstbestimmung verletzt und deshalb verfassungswidrig ist“, schreibt foebud auf ihrer Website – und reicht deshalb eine Verfassungsbeschwerde ein.

An dieser Beschwerde kann jeder bis zum 12. Juli kostenlos teilnehmen. Wer sich vorher noch informieren will, findet unter der u.g. Website weitere Informationen, Flyer zum Herunterladen und Weitergeben – und man kann über diese Website auch an foebud spenden, denn natürlich entstehen für den Verein durch die Klage hohe Kosten.

Ja, es ist schon komisch: Auf der einen Seite erlebt die Anti-Atomkraft-Bewegung eine unglaubliche Wiederbelebung. Auf der anderen Seite dümpeln – eigentlich ebenso wichtige Themen – die Friedensbewegung und auch der Kampf für Bürgerrechte und Datenschutz so vor sich hin. In den Medien gibt es jedenfalls keine größere Debatte. Die würde eigentlich fehlen!

Weitere Infos: http://zensus11.de, https://petition.foebud.org/FoeBuD/zensus11/

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

1 Kommentar

  • Die Aktion sollte unterstützt werden. Bei der letzten Zählung haben die Medien noch die Position der Gegner beleuchtet. Es wurde diskutiert, argumentiert und natürlich protestiert. Heute kommen Tausende zum Public Viewing (nichts gegen Fußball), aber ob sich genauso viele gegen den Eingriff in ihre Privatssphäre wehren wage ich zu bezweifeln.

    Nibiru

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