Immer mehr Menschen fordern den Schutz von Klima, natürlichen Ressourcen und Öko-Systemen – kurz des Lebens auf diesem Planeten. Doch was genau müsste sich strukturell ändern, um zu einer klimafreundlichen Gesellschaft zu gelangen? Ein paar Antworten.
Das Ende der gewohnten Welt
Sicherlich habt ihr schon bemerkt, dass ich mich seit einigen Wochen verstärkt mit den derzeit aktuellen Themen wie Klimakrise, Artensterben und Ende sämtlicher Ressourcen beschäftige. Ich habe mich mit Menschen von Fridays for Future, Extinction Rebellion (XR), Ende Gelände und vielen mehr getroffen. Bei allen Gesprächen und Vorträgen kam mir eines ein bisschen (nur ein bisschen!) zur kurz: Die konkreten Forderungen.
Extinction Rebellion lehnt es sogar ab, konkretere Forderungen des „wie“ zu erheben. Denn die Bewegung möchte möglichst viele Menschen ansprechen und zum mitmachen bewegen. Das ist verständlich. Dennoch befürchte ich, dass die meisten Menschen auf die Fragen „Sollen wir das Klima schützen?“ mit „Ja“ antworten würden. Doch wenn es dann konkret wird, sieht es doch wieder anders aus. Da befürchten dann viele, dass sie einseitig die „Nachteile“ eines Wandels zu tragen hätten – ob es nun um Stromtrassen, verlorene Arbeitsplätze oder gestrichene Flugreisen geht.
Die Krisen kommen – was ist zu tun?
Deshalb habe ich mich gefragt, was genau wir wohl tun müssen, um eine klimafreundliche, CO2-neutrale Gesellschaft mit einem vertretbaren ökologischen Fußabdruck und einem Erdüberlastungstag am 24.12. zu bekommen? Fündig wurde ich z.B in dem Buch „Change!“ von Graeme Maxton (auch wegen anderer Passagen ist es lesenswert!). Maxton ist Ökonom, war früher überzeugter Neoliberaler, wurde dann aber Generalsektretär des Club of Rome und hat – so kann man in dem Buch lesen – seine Gedankengebäude doch ziemlich umstrukturiert.
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Ziele, auf die wir hinarbeiten sollten
Unter diesem Titel fasst Graeme Maxton insgesamt 15 Ziele zusammen, die uns auf dem Weg in eine zukunftstaugliche Gesellschaft einen relevanten Schritt voranbringen würden. Relevant heißt hierbei: Diese Ziele zu erreichen wäre den aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zur Klimakrise angemessen bzw. würde die Krise soweit abwenden, dass wir ihre Folgen wahrscheinlich noch handhaben und beeinflussen könnten (einer Erderwärmung und mindestens 2 Grad kommt laut Maxton aber auf jeden Fall):
- Raus aus fosiler Energie: Die Emissionen aus der verbrennung fossiler Energie müssten bis 2030 um mind. 35 % gesunken sein (auch wenn dazu Fabriken geschlossen werden müssten). Bis 2040 sollte die gesamte Fossilindustrie (angefangen bei der Kohle) kompett still gelegt worden sein.
- Weder Flugzeuge noch Autos: Die Emissionen aus der verbrennung fossiler Energie im Verkehr müsste bis 2030 um mind. 35 % gesunken sein. Bis 2040 um über 80 %. Es sollte keine weiteren Investitionen in Flughäfen und Autobahnen erfolgen.
- Stoppt Zement: Alle Zementwerke und die meisten Metallwerke müssten so rasch wie möglich geschlossen werden. Spätestens in den nächsten 5 Jahren, außer wenn Metalle emissionsfrei erzeugt werden.
- Plastik muss kosten: Plastikverpackungen müssten in den nächsten 5 Jahren um 50 % und bis 2030 um 90 % reduziert werden. Dazu müssen die Hersteller, nicht die Konsument*innen, für den Müll verantwortlich sein. Die Entsorgung von Plastik (nicht das Recycling) sollte rund zehn Euro pro Kilo bis zu 100 Kilo Plastikmüll kosten. Danach 1.000 Euro pro Kilo.
- Bäume müssen leben: Abholzung und Rodungen müssten bis 2025 um 50 % und bis 2030 um 95 % reduziert werden. Palmöl sollte bis 2025 verboten werden. Betroffene Länder sollen bis zu 20 Jahre einen Finanzausgleich erhalten.
- Lokal denken und handeln: Die Nahrungsmittelproduktion muss reformiert und lokalisiert werden. Bis 2030 sollte der Einsatz von Stickstoffdünger spätestens um 50 %, bis 2040 um 100 % reduziert werden.
- Gashahn abdrehen: Bis 2025 sollte der Einsatz aller umweltbelastenden fluorierten Gase beendet werden.
- Besser bauen: Die INvestitionen in Isoluierung, nachhaltige Neubauten und sonstige Energieeffizienzmaßnahmen sollte sich jährlich um 15 % erhöhen.
- Alles unter Strom: Alles, was sich elektrifizieren lässt, sollte elektrifiziert werden. Von der Herstellung bis zum Transport.
- Nahverkehr zum Nulltarif: Es muss kräftig in die Bahninfrastruktur investiert werden. öffentlicher Nahverkehr sollte am besten kostenlos sein.
- Erneuerbar statt fossil: Alle geplanten Investitionen in fossile Energieträger sind in den nächsten 20 Jahren in enereuerbare Energiequellen umzuschichten. Die Investitionen in erneuerbare Energien sollten jährlich um 15 % steigen.
- Meere schützen: Es sollte eine internationale Agentur zum Schutz der Ozeane eingerichtet werden. Diese sollte auch die derzeitigen Schäden beheben und die dafür Verantwortlichen strafrechtlich zur Rechenschaft ziehen.
- Sequestieren: Die Investition in die biologische Sequestierung (Abscheidung von CO2 und Speicherung im Boden) müssen erheblich steigen.
- Radikal abrüsten: Die Verteidungsbudgets müssten auf ein absolutes Minimum reduziert werden, um mit diesen Geldern Klimaschutzprojekte zu finanzieren.
- Verursacher zur Kasse bitten: Alle Unternehmen, Konzerne und Anteilseigner, die in den letzten 40 Jahren mit ihren Aktivitäten das Klima geschädigt haben, sollten Entschädigungen zahlen. Diese Zahlungen sollten „den Kapitalwert ihrer bis dato kumulierten Gewinne aus Dividenden und Wertsteiergungen ihrer Investments während dieser Zeit übersteigen“. Außerdem sollte man über zusätzliche Strafzahlungen nachdenken. Wessen Vermögenswerte beschlagnahmt werden, dessen Angehörige sollen Unterstützung bekommen.
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Befremdlich, aber wahr?
Diese Handlungsideen sind laut Graeme notwendig, um eine Klimakrise abzuwenden, die bis zu 7 Milliarden Menschenleben (ganz zu schweigen von Tier- und Pflanzenleben) kosten wird. Sicher, wer sich vorstellt, dass 7/8 aller Menschen an den Folgen der Klimakrise sterben könnten, für den ist ein so radikaler Umbau wahrscheinlich nicht so abwegig. Doch wer denkt das heutzutage wirklich?
Ziemlich wenige Menschen sind sich der Gefahr, wie sie Graeme beschreibt, überhaupt bewusst. Dazu kommt, dass sie noch lange hin zu sein scheinen. Und heute vor allem Menschen treffen, die aus Sicht vieler nicht so viel wert zu sein scheinen, wie wir Weiße in den Industrienationen. Wie anders ließe sich erklären, dass so viele achselzuckend das Sterben im Mittelmeer ignorieren?
Das zeigt auch, dass die oben genannten Maßnahmen nicht daran scheitern werden, dass sie schwer, beängstigend und umwälzend sind. Nein, sie scheitern daran, dass die Menschheit anscheinend zu träge und desinteressiert ist, ob die Bedrohlichkeit der Situation zu erkennen – und auch nur ansatzweise darüber nachzudenken, was notwendig wäre, um aus der Sackgasse herauszukommen, in die wir gerade mit Vollgas hineinfahren. Ja, sie finden es geradezu empörend, anmaßend und besserwisserisch (erhobener Zeigefinger), wenn man darüber spricht oder schreibt.
Was meint ihr?
Ich selbst habe natürlich keine Ahnung, was genau wir alles tun müssten, um die Krisen aufzuhalten. Ob Graeme Maxton nun im Einzelnen Recht hat oder nicht ist mir jedoch auch (in diesem Beitrag) gar nicht so wichtig. Wichtig war mir überhaupt erst einmal ein Gespür dafür zu bekommen, wie groß das Ausmaß der notwendigen Maßnahmen im Einzelnen ist.
Die Antworten von Maxton zeigen mir: Es steht viel auf dem Spiel. Wir müssten wirklich große gesellschaftliche Risiken eingehen, wenn wir Entwicklungen wie die Klimakrise oder das Artensterben, den Exodus der Weltmeere oder das Ende der Ressourcen aufhalten wollten. Und es steht keineswegs fest, dass dabei die Welt friedlicher und gerechter würde. Aber wir könnten unseren Nachfahren eine Welt hinterlassen, die zumindest noch in etwa so gastlich ist wie heute …
Oder was meinst du?
Was müssten wir aus deiner Sicht tun?
Hältst du die Ideen von Graeme Maxton für über- oder untertrieben?
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CHANGE! Warum wir eine radikale Wende brauchen
Graeme Maxton
ISBN 978-3-8312-0474-8
Preis: 18,00 Euro
Komplett Verlag | bestellen bei Buch7.de
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Bildquelle: „I made it myself“ Wikipedia.org
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