Von kaum jemandem wird so viel Konsequenz gefordert wie von Vegetariern oder gar Veganern. Warum eigentlich? Das ist doch völliger Quatsch. Oder?
Gerade habe ich das äußerst empfehlenswerte Buch »Kein Fleisch macht glücklich« von Andreas Grabolle gelesen. Seit dem denke ich – eingefleischter Vegetarier seit fast 20 Jahren – darüber nach, zumindest zum Teilzeit-Veganer zu werden. Ich will hier nicht die vielen, wirklich vielen (!) guten Gründe wiederholen, die Andreas Grabolle auf gut 400 Seiten eindrücklich darlegt (vielleicht schreibe ich dazu in Zukunft noch mal einen Post). Ich mache mir darüber Gedanken, ob es legitim ist, ein Teilzeit-Vegetarier oder -Veganer zu sein?
Warum fleischlos glücklich macht?
Wer dem Mythos anhängt, eine vegetarische oder vegane Lebensweise sei gesundheitlich schädlich und völlig lust- und sinnenfrei, dem möchte ich – einmal mehr – Andreas Grabolles Buch zur Lektüre empfehlen. Sehr sorgfältig recherchiert berichtet er darin über das Thema (Massen-)Tierhaltung, Milch- und Eierproduktion sowie Fischfang. Wer davon noch nicht überzeugt ist, der findet vielleicht in den Kapiteln zur Ethik ausreichen Argumente, um den Einstieg ins Vegetarier- und/oder Veganertum zu wagen.
Über mehrere Kapitel entkräftet Grabolle schließlich und endlich auch den Irrglauben, ein fleischfreies Leben sei ungesünder, weil einem dabei wichtige Vitamine etc. fehlten. Das genaue Gegenteil ist der Fall, wie etliche Studien herausgefunden haben: Wer viel Fleisch und Wurst (mehr als 1,5 Wienerle) am Tag isst, lebt sogar deutlich ungesünder und verringert seine Lebenserwartungen in etwa so wie jemand, der siebzig Jahre raucht!
Inkonsequent vegan sein macht auch glücklich
Ich liebe Käse und Milch. Das ist der Grund, warum ich jahrelang dachte: Vegan sein, das könnte ich nicht! Seit der Lektüre von »Kein Fleisch macht glücklich« denke ich neu darüber nach. Ich habe mir zwei vegane Kochbücher besorgt (sehen sehr lecker aus – Erfahrungsbericht folgt) und mich kundig gemacht: ja, Milch und Eier lassen sich anscheinend ziemlich leicht ersetzen. Bei Käse wird es schon schwierig. Doch halt – wieso die Latte so hoch hängen, dass die Hürde unüberwindlich erscheint?
Es gibt kaum ein gängigeres Klischee als das des »rückfälligen« Vegetariers. Eines jenes verabscheuenswert inkonsequenten und undisziplinierten Gutmenschen, den der Heißhunger auf Fleisch überfällt (oder wahlweise eben des Veganers, der in Käserausch gerät). Dann zeigen sich die nicht-vegetarischen/-veganen Mitmenschen hämisch und das eigene, schlechte Gewissen zermartert die gute Seele. Warum eigentlich?
Ist es nicht besser, nach redlichen Idealen zu streben, auch wenn man sie nicht immer einhält oder erreicht, als es ganz zu lassen? Ist es nicht besser, Vegetarier / Veganer zu sein – und nur einmal im Jahr einen Rückfall zu erleiden, anstatt munter weiter Tiere zu quälen für den eigenen »Genuß« und Überfluss?
In kleinen Schritten zum veganen Glück
Ich jedenfalls habe mich nun entschlossen, die Sache in kleinen Schritten anzugehen: Ich ersetze zunächst erst einmal Milch und Eier. Dann taste ich mich weiter vor, welche tierischen Produkte ich in meinem Alltag noch verhältnismäßig »leicht« ersetzen kann. Ich bin mir sicher: Wenn man erst mal in diese Richtung gestartet ist, dann wird man sich auch immer weiter entwickeln.
Mit jedem neuen Gericht, das ich ausprobiere, werde ich neue Möglichkeiten und Gewohnheiten bekommen. Und mit jedem Buch und jedem Artikel, den ich in dieser Sache lese, werden ich neue Erkenntnisse und Überzeugungen gewinnen. So, wie durch das Buch »Klein Fleisch macht glücklich« von Andreas Grabolle. Die Lektüre war ein echter Gewinne. Danke an den Autoren!
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Bibliografische Angaben
Kein Fleisch macht glücklich
Mit gutem Gefühl essen und genießen
Andreas Grabolle
Mit einem Vorwort von Sarah Wiener
Goldmann Verlag, www.goldmann-verlag.de
ISBN 978-3-442-17316-7, 8,99 Euro
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Die Bilder stammen von Corinna Dumat (Burger-Bild) und Mika Abey (Pilzpfanne). Vielen Dank! (via pixelio).
Dankeschön dass du mir diese tolle Seite geschickt hast! Hat mir sehr geholfen.
Ach ja , als Veganer muss man bei Kosmetik aufpassen , da sind oft tierische Sachen drin , aber ich kenne da eine gute Vegane Marke. Ich glaube es gibt auch so ein Siegel. Da weiß man dann dass es Vegan ist
Wegen der Anatomie her sind wir von Natur aus Vegetarier. Wir haben ua. keine Reißzähne. Manche meinen dass man als Veganer Tabletten braucht. Stimmt das? Falls Nein sagt bitte wieso. Ich brauche Argumente
Hallo Bommelbiene, also in dem o.g. Buch geht der Autor sehr umfangreich auf die von Dir genannten Themen ein. Wenn Du Argumente sammeln willst, dann kann ich es Dir wirklich empfehlen. Ansonsten hab ich mal gesucht und das hier gefunden: http://www.apotheken-umschau.de/Ernaehrung/Vegetarier-Mythen-und-was-wirklich-stimmt-185177.html 🙂
Cooler Artikel , bei mir war der Übergang zum Vegetarier sein auch ungefähr so. Ich habe auch nicht jeden Tag Fleisch gegessen. Nur jeden zweiten Tag oder so. Außerdem habe ich schon seit ich klein war Tofu geliebt (jaja das alte Vorurteil.) Später habe ich immer weniger Fleisch gegessen und irgendwann keins mehr. Meine Freundinnen sind leider total gegen Vegetarier oder Veganer und Greenpeace. Das stecken sie alles in eine Schublade. Obwohl ich später gerne Veganer werden möchte. Diese Seite musste ich erst mal zum Trost lesen , hat super geholfen, Daumen hoch!!!
Hallo Kilian, ja, Du hast völlig recht – meiner Meinung nach: Das Argument mit den Raubtieren kann ich auch nicht teilen. In dem Buch von Grabolle gibt es übrigens ein ganzes Kapitel, das sich mit der Frage beschäftigt, ob die Menschen wirklich „Raubtiere“ sind oder waren. Denn eindeutig scheint das gar nicht zu sein. Es kann auch gut sein, dass wir ursprünglich tatsächlich „nur“ Pflanzenfresser waren und uns eher aus der Not heraus zu Fleischfressern entwickelt haben. Also allein dadurch zieht das Argument nicht wirklich. Und dann kommt natürlich hinzu, was Du schon geschrieben hast: Die menschliche Eigenschaft Dinge zu leugnen, die wir nicht in unser Weltbild (und unser Bild von uns selbst) integrieren können. Sich selbst einzugestehen, dass man schlimme Dinge tut, ist eben auch nicht leicht – denn dann müsste man konsequenterweise sein Verhalten „radikal“ ändern… Das betrifft ja nicht nur das Fleisch essen, sondern unsere gesamte Lebensweise insgesamt, die viel, viel zu viele Ressourcen aufbraucht und auf Kosten anderer Menschen (und Tiere) geht…
Hallo Ilona
zum einen hast du sicher recht: lieber wenig Tierprodukte als viele 🙂
Zum Anderen: Wer gleich sagt, das ist unmöglich, der steckt sein Ziel von Anfang an niedrig. Ich habe mir das Ziel lange niedrig gesteckt, bis ich irgendwann gemerkt habe, dass das doch bloß Ausreden sind. Man hat bei jedem Bissen das Wissen im Hinterkopf und es ist wesentlich befreiender, es einmal durchzudenken und dann eine Entscheidung zu treffen, die den eigenen Werten entspricht.
Dabei gehts nicht um Perfektion!
Wir sind Menschen, jeder macht Fehler, es gibt keinen Wettbewerb oder Pokal für den konsequentesten Veganer. Es geht doch darum, dass wir nicht teilhaben wollen an dem Ausbeutungssystem, das so unfair ist. Um nichts anderes.
Das Buch finde ich auch toll!
Zum Kommentar von Tess:
„Ich weiß, manche Veganer/Vegetarier wollen das nicht hören: aber wir sind »Raubtiere« und Fleisch zu essen gehört irgendwie zu unserem Wesen.“
Wir sind Menschen, stolz auf unsere Kultur und darauf, „über den Tieren“ zu stehen, u. A. durch unsere Fähigkeit, moralisch zu denken. Das immer dann zu negieren, wenn man gerne Lust auf Tierprodukte hat, ist doch nichts anderes als Verdrängung. Die Realität ist anders. Wir fahren Auto, wir versuchen, fair zu sein (auch wenn die einen Stärker und die anderen Schwächer sind), Die Vergleiche mit „den Tieren“ kommen immer nur dann, wenn Menschen etwas wollen. Dabei sind wir durchaus froh, nicht wie „die Tiere“ zu leben.
Also, entweder ganz „wie die Tiere“ oder eben nicht. Aber willkürliche Vergleiche taugen nicht als Beweis 🙂
Hallo, vielen Dank für die vielen Kommentare. An Rygel: Ich kann mir vorstellen, dass meine These für jemanden, der überzeugt ist, dass wir kein Recht haben, Tiere zu töten, grausam ist! Da hast Du recht (es kommt eben auch immer auf die Perspektive an). Was ich allerdings meinte – und vielleicht übertragen wir das auf ein Thema wie „Energie sparen“, um den Klimawandel zu mildern: Wenn wir die Latte total hoch hängen und damit die Hürde groß machen, dann werden logischerweise viel weniger Menschen anfangen, etwas in der Richtung zu tun (oder zu lassen). Klar wäre es am besten, wenn kein Tier getötet werden müsste. Aber ich denke dennoch, dass schon die Anstrengung und die Mühe, es besser zu machen, „belohnens-“ bzw. beachtenswert ist – und nicht nur die perfekte Lebensführung!
Ich sehe es genau so wie im Artikel. Es hat bei mir sehr viele Jahre vegetarisch leben und zwei Anläufe gebraucht um heute zu 99,99% vegan zu essen.
Ganz ist es in unserer Gesellschaft leider nicht möglich weil manche Inhaltsstoffe einfach nicht angegeben werden, oder es einfach falsche Auskünfte z.B. beim Bäcker gibt.
Ein Schritt ist definitiv besser als gar nichts. Ich persönlich bin auch nicht von heute auf morgen Veganerin geworden. Nicht anzufangen, nur weil man das Ziel jetzt noch nicht erreicht hat ist absolut keine Lösung.
Begib dich auf den Weg und genieße den Start in ein neues Leben. 🙂
Hallo Ilona,
ich finde deine Beitrag sehr gut. Ich selbst leben seit vielen Jahren vegetarisch und tendiere immer mehr zu vegan. Liebe aber auch Käse. Da ich aber befürchte eine Laktoseintoleranz zu haben (das wird in kürze getestet) ist mir die Entscheidung auf Milch und in den meisten Fällen auf Eier zu verzichten sehr leicht gefallen. Aber ich bin doch auch der Meinung das hier sich ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen nicht das richtige Bewirkt. Gute Ratschläge und hilfreiche Tipps wie ich etwas anstelle dessen besser umsetzen kann helfen hier doch weit aus mehr als böse Worte.
Liebe Grüße und dir viel Erfolg bei deinem Projekt.
Wow, Rygel! DER Vergleich ist schon mal heftig.
Ich persönlich finde den Artikel sehr gut und kann dem voll zustimmen. Ich selbst bin jetzt seit einem Jahr Vegetarier,kaufe vor allem im Bioladen und so viel wie möglich regional.
Meine Tochter (noch 4) darf Fleisch/Wurst essen. Im Kindergarten sowieso und zu Hause habe ich zwar nie etwas, aber wenn sie beim Einkaufen nach einer Wiener fragt, kaufe ich sie ihr (bio!)oder wenn sie bei den Nachbarn zu Besuch ist, isst sie dort auch mit was auf den Tisch kommt.
Ich weiß, manche Veganer/Vegetarier wollen das nicht hören: aber wir sind „Raubtiere“ und Fleisch zu essen gehört irgendwie zu unserem Wesen. Wenn wir darauf verzichten, dann aus moralischen Gründen und weil wir heutzutage eben auch ohne überleben können. Nichts desto trotz: es geht mir nicht darum, dass man Tiere nicht töten darf um sie zu essen. Das ist irgendwie menschlich und gehört dazu. Es geht um die Art und Weise wie wir das tun, in welchem Ausmaß das passiert. Würden wir alle nur einmal pro Monat Fleisch essen, könnte es den Preis haben den es verdient. Dann könnte das Tier gehalten werden wie es es verdient, ernährt werden wie es ihm entspricht und getötet werden auf eine Art und Weise, dass man es moralisch vertreten könnte.
Da all das selbst bei „bio“ nicht gegeben ist, habe ich für mich beschlossen, kein Fleisch zu essen. Sollte aber mein Nachbar der ein paar Kaninchen hält zu Weihnachten beschließen einige davon zu schlachten, denke ich eben schon darüber nach dieses dann zu essen. Immerhin weiß ich, dass sie ein wunderbares Leben hatten. Handgestreichelt und mit frischem Futter gefüttert, mit Freilauf etc. Ja, für das Kaninchen ist es immer noch doof zu sterben und wenn jemand sich entscheidet, dass kein Tier mehr für ihn sterben muss, dann finde ich das großartig. Aber bitte, jemanden der dennoch ein Tier ist mit Vergewaltigern und Mördern gleichzusetzen, ist schon krank!
Die Frage danach, ob ein einmaliger Rückfall im Jahr etwas Schlimmes darstellt, ist schon ziemlich pervers. Für das Tier, das dieses kleine Malheur mit seinem Leben bezahlen muss, ist so etwas bestimmt als schlimm besetzt. Stell diese Frage mal, während du dich als Faschist oder Vergewaltiger outest. Natürlich ist es auch in diesen Fällen „besser“, wenn du nur noch ein Opfer pro Jahr ins Visier nimmst, wenn die Alternative tägliche Opfer sind. Trotzdem wirst du da keinen Applaus erwarten können, denn Schändungen an Menschen werden pingelig direkt einzeln abgerechnet, da kommt niemand mit einer Verteidigung auf potentiell höhere, aber anständigerweise selbst verhinderte Opfer durch. Und das ist selbstverständlich auch gut so. Aber ich verstehe nicht so ganz, warum man das bei Tieren anders handhaben sollte.
Viel Spaß mit deinem Experiment. Das ist genau der richtige Weg um Erfahrungen zu sammeln.
Für alle die mal in edie andere Richtung tendieren empfehle ich Arthur de Vanys „The new evolution diet“. Die Ernährung besteht hauptsächlich aus Fleisch/Fisch plus gedünstetem Gemüse. Wem low carb was sagt liegt ziemlich richtig.
Wer eine natürliche Ernährung bevorzugt wird bei Masanobu Fukuoka fündig. Allerdings sollte man dann schon Selbstversorger sein, weil man kaum (außer Fisch/Wildfleisch) natürliche Nahrung bekommen kann.
Danke für die interessanten Hinweise!