Klimaschutz adé oder au revoir?

Die französische Ratspräsidentschaft will EU-Klimaschutz-Ziele kippen.Das jedenfalls verkündet Germanwatch in einer Pressemitteilung. Demnach schickt sie sich an, Entscheidungen für den in der kommenden Woche tagenden EU-Council der Regierungschefs vorzubereiten, die das Ende einer ambitionierten EU-Klimapolitik bedeuten würden.

„Noch diesen Dienstag hatte der Umweltausschuss des EU-Parlamentes im Wesentlichen die Vorschläge der EU-Kommission unterstützt – diese sahen ein in diesem Jahr zu beschließendes ernsthaftes Energie- und Klimapaket vor. Die französische EU-Ratspräsidentschaft  will aber nun dem Lobby-Druck der CO2-Großemittenten in der EU in zentralen Punkten nachgeben“, schreibt Germanwatch. Im einzelnen umfasst dies laut Germanwatch die Punkte:

* Bisher hatte die EU-Kommission in den Verhandlungen mit den Schwellenländern sowie auf UN-Ebene angeführt, dass sie bereit sei, im Falle eines ambitionierten Klimaschutz-Gesamtabkommens das EU-Reduktionsziel von 20 auf 30 Prozent zu erhöhen. Die Französische Präsidentschaft will für alles, was über ein 20-Prozentziel hinausgeht, nun ein zusätzliches Mitentscheidungsverfahren in der EU festlegen.

Damit verlöre die EU die zentrale Säule ihrer Glaubwürdigkeit in den internationalen Verhandlungen. Da nicht einmal sie – als vermeintlicher Vorreiter – mit der Bereitschaft zu einem 30-Prozent-Reduktionsziel anreisen würde, könnte praktisch ausgeschlossen werden, dass es ein ambitioniertes Klimaschutzabkommen in Kopenhagen im Dezember 2009 geben wird. Das zentrale Ziel der EU, den Klimawandel auf weniger als zwei Grad zu begrenzen, würde von der EU selbst zu Fall gebracht.

* Es wird die Tür geöffnet, dass ein Teil des Strommarktes von der Auktionierung im Rahmen des Emissionshandels befreit wird. Damit wird auch die zentrale Säule des Emissionshandels aufgeweicht. Ohne die Auktionierung entfällt die Lenkungswirkung dieses Instrumentes und es wird zum Subventionsinstrument für die Energieversorger, die den Emissionspreis den Kunden in Rechnung stellen, aber die Zertifikate geschenkt bekommen.

* Es sollen Kriterien eingeführt werden, nach denen die Industrie von der Auktionierung von Verschmutzungsrechten befreit werden soll. Damit wird der Emissionshandel zu einem zahnlosen Tiger.

* Auch will die französische Präsidentschaft, dass die EU ohne eine Zusage für neue Finanzinstrumente in die internationalen Verhandlungen geht. Anders als vom EU-Parlament vorgeschlagen, soll dann nicht einmal ein bestimmter Anteil der (nach dem vorgelegten Papier) ohnehin verringerten Auktionierungserlöse für den internationalen Klimaschutz bereitgestellt werden. Auch soll es den Nationalstaaten überlassen bleiben, ob sie die Erlöse zuhause für den Klimaschutz nutzen.

* Eine Reihe von Mitgliedsstaaten schlägt außerdem vor, dass nur noch 50% der Emissionsverpflichtungen der Industrie und Energiewirtschaft, und sogar nur ein Drittel für die anderen Sektoren als Klimaschutz in der EU geleistet werden muss. Der Rest könnte dann durch billige Zertifikate aus Entwicklungsländern geleistet werden.

Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, kommentiert: „Die EU hat sich auf eine Strategie festgelegt, den Klimawandel auf weniger als zwei Grad zu begrenzen, weil alles andere zu völlig unakzeptablen Konsequenzen – vom Schmelzen der polaren Eiskappen bis hin zum Kollaps des indischen Monsuns oder des Amazonas-Regenwalds führen kann. Unter dem Ansturm einiger Lobbyisten soll nun eine Klimastrategie durchgesetzt werden, die diesem Ziel Hohn spricht. Die EU würde sich damit in die Reihe der Totengräber des Klimas einreihen. Wir fordern die deutsche Regierung auf, dem einen Riegel vorzuschieben.“

Die derzeitige Finanzkrise zeige die Konsequenzen, wenn sehenden Auges gewaltige Risiken eingegangen werden, schreibt Germanwatch. Der frühere Weltbank-Ökonom Nicholas Stern hatte den Klimawandel als „das größte Marktversagen der Geschichte“ bezeichnet. „Wenn dieser Entschluss durchgeht, wissen wir, dass die EU diesem Marktversagen keinen Riegelvorschiebt“, so Bals.

Infos: www.germanwatch.org