Während sich die Milchbauern fragen, wie sie mit ihren Höfen überleben sollen, nimmt die Massentierhaltung drastisch zu.

Das berichtet zumindest der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Die meisten industriellen Schweine- und Geflügelställe werden in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gebaut. In Niedersachsen kommen beispielsweise zu den derzeit rund acht Millionen Schweinen 1,2 Millionen Tiere hinzu.

Ein Drittel mehr Geflügel in Niedersachsen

Der derzeitige Geflügelbestand Niedersachsens in Höhe von 47 Millionen Tieren wird sich um ein Drittel ausweiten. Neue Ställe in der Größenordnung von 3000 Plätzen führen in ganz Deutschland insgesamt auch beim Milchvieh zur Vergrößerung des Tierbestandes“, so der BUND über die Ergebnisse seiner Recherche bei den Genehmigungsbehörden der Länder. Der Verband sieht in der Massentierhaltung wachsende Tierschutz- und Umweltprobleme. Auch Anwohner würden unter den negativen Folgen wie Gestank, Gülle und Emissionen zunehmend leiden.

„Der Wahnsinn, sogar die Überproduktion noch auszuweiten, hat Methode. Mit Agrarsubventionen aus Brüssel, Berlin und den Bundesländern werden die Stallbauten gefördert. Weitere Subventionen fließen in den Ausbau von Schlachthöfen und Molkereien. Zusätzlich erhalten diese noch Lager- und Exportzuschüsse von der EU. Die Fleischbranche hat die Eroberung der Weltmärkte zum Ziel und bedient sich dabei beim Steuerzahler, um einer überholten Wachstumsideologie zu frönen“, so die BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning.

Milch und Schweinefleisch besonders unter Preisdruck

„Insbesondere bei Milch und Schweinefleisch bewirkt die Ausrichtung auf den Weltmarkt einen dramatischen Verfall der Erzeugerpreise. Während die Schweinefleischindustrie 2008 mit 2,6 Millionen Tonnen einen Exportrekord erzielte, musste jeder sechste Schweinefleischerzeuger in Deutschland aufgeben.

Und während seit Anfang 2009 Molkereien Exportsubventionen erhalten, fürchten 80 Prozent der Milchbauern um ihre Existenz. Damit die Überproduktion beendet wird, muss sich Bundesagrarministerin Ilse Aigner in der EU für Produktionslimits einsetzen“, warnt Friedrich Ostendorf, agrarpolitischer Sprecher des BUND.

Schwarz-rot hat zahlreiche Tierschutzgesetze gelockert

Die schwarz-rote Bundesregierung habe zahlreiche Umweltgesetze für die Tierhaltung gelockert, um Massentierställe schneller genehmigen zu lassen und die Gülleentsorgung zu erleichtern. Die Folge: Das Klima werde durch die industrielle Tierhaltung mit rund 140 Millionen Tonnen CO2 belastet.

Die Landwirtschaft sei inzwischen ein ebenso großer Klimakiller wie der Straßenverkehr und hauptverantwortlich für den Artenschwund und die Waldschäden in Deutschland. Besonders klimaschädlich wirke sich aus, dass in Europa für die Massentierhaltung die Futtergrundlage fehle und rund drei Viertel des Eiweißfutters importiert würden. Dabei handele es sich vor allem um Soja aus Regenwaldgebieten.

Ethisch unhaltbar: Tiere vegetieren und leiden

Die Krise der Bauern sowie die unethische Haltung von Tieren ist nicht nur hierzulande ein Problem. Weltweit müssen Tiere unter unwürdigen Bedingungen dahin vegetieren, leiden Umwelt unter den Auswirkungen der Massentierhaltung – und kämpfen Kleinbauern (vor allem in den Entwicklungsländern) um ihr Überleben, weil sie gegen die subventionierten Lebensmittel nicht konkurrieren können.

Dabei gäbe es Alternativen zum Subventions-Wettlauf: La Via Campesina (span. la vía campesina, „der bäuerliche Weg“) – eine internationale Bewegung von Kleinbauern und Landarbeitern – fordert Importzölle bzw. -verbote für Lebensmittel. Auf diese Weise könnte jedes Land, das dies braucht, seine einheimische Produktion und Bauern schützen. Doch im weltweiten Wahn des Neoliberalismus scheint diese einfache Lösung ein Tabu-Thema zu sein.

Weitere Infos: www.bund.net, http://viacampesina.org

Bildquelle: Bündnis 90 / Die Grünen (flickr)