Peak Everything – alles hat ein Ende…

Es geht nicht nur um „Peak Oil“ – geht um „Peak Everything“. Denn alle Ressourcen sind von der Erschöpfung bedroht, meint Richard Heinberg.

Wir Menschen brauchten einen enormen »Energie Profit«, um das zu erschaffen, was wir die letzten Jahrhunderte so zustande gebracht haben: Großstädte, Kunst und Kultur, Wissenschaft, eine explodierende Weltbevölkerung. Der Triumph über die »Natur« könnte gewaltig sein – wäre er in letzter Konsequenz nicht eine gewaltige Tragödie. Denn so ziemlich alle Ressourcen, die unseren Lebensstil ermöglichen, gehen zu Ende: Der »Peak Everything« wie Richard Heinberg das nennt.

Wie wohl so ziemlich jedem bekannt ist, hat die Menschheit in den letzten 200 Jahren ihren Energie-Profit enorm steigern können: erst Dampfmaschinen, dann Verbrennungsmotoren und schließlich die Elektrisierung bis hin zur Computertechnologie bescherten uns eine Entwicklung mit unglaublicher Geschwindigkeit und unglaublichen Erfolgen.

Doch müsste eine Menschheit noch mal auf dem Stand von vor 200 Jahren anfangen, wäre diese Entwicklung schlicht nicht mehr möglich: Die dazu notwendigen Ressourcen wären nicht mehr da. Und dabei geht es laut Heinberg keineswegs nur um den viel beschworenen »Peak Oil« – also den Punkt, an dem am meisten Erdöl gefördert wurde und ab dem das »schwarze Gold« zunehmend knapp und teuer wird.

Energie wird knapp – Peak Oil, Peak Cole, Peak Gas

Nein, wohin man schaut steht uns Knappheit bevor: Wann der Peak von Gas und Kohle erreicht wird, dazu gibt es laut Heinberg leider nur wenige Untersuchungen. Doch die Energy Watch Group rechnet mit dem Peak so in 15 bis 20 Jahren. Auch Uran ist endlich – und zwar relativ bald, sodass schon allein aus diesem Grund die Atomkraft keine Alternative zu Öl, Gas und Kohle ist.

Bedauerlicherweise sieht es mit regenerativen Energien auch nicht viel besser aus, denn zum Beispiel Solarpanels benötigen die sogenannten »seltenen Erden« – und die sind, wie der Name schon sagt, selten… Deshalb müssten wir uns insgesamt darauf vorbereiten in einer Zukunft zu leben, in der die Dinge nicht jedes Jahr schneller werden und wir jährlich mehr besitzen – sondern umgekehrt: wir werden künftig sparen müssen. Vor allem Energie.

Die Elemente werden knapp – Peak Water, Peak Soil, Peak Crop

Doch tragischerweise sind davon auch andere, überlebenswichtige Ressourcen betroffen: Dass trinkbares Süßwasser künftig knapp wird, ist sicherlich den meisten bekannt. Auch die Tatsache, dass unsere Meere so gut wie leer gefischt sind oder das Eis auf dieser Erde in extremen Maße schmilzt, dürfte dem interessierten Leser nicht neu sein.

Doch auch anbaufähige Erde sowie der für den Landbau so wichtige Humus nimmt dramatisch ab: Gab es 1900 noch rund 4000 Tonnen Humus pro Kopf, so waren es 1990 laut Heinberg nur noch 50 Tonnen (natürlich spielt bei der Berechnung auch das Bevölkerungswachstum eine Rolle). Damit zusammen hinge ein Rückgang der Getreideproduktion, meint Heinberg.

Der Erfindungsgeist wird knapp

Zu guter Letzt nimmt auch die Zahl der Erfindungen pro Jahr ab, wie Heinberg meint. Sicher gibt es da einen Zusammenhang – doch keinen beruhigenden. Denn gerade mit den gewaltigen Problemen, die anstehen, sollten wir Erfindungsreichtum zeigen.

Und genau dazu ruft Heinberg dann schließlich auch auf – ein Happy End hat er nämlich leider nicht zu bieten. Jeder Einzelne von uns solle sich auf die Dürrezeiten vorbereiten. Zum Beispiel, indem man einen eigenen Garten anlegt – auch in der Stadt. Oder in dem man lernt, Dinge zu bauen, zu recyclen und zu reparieren. Indem man öffentliche Verkehrsmittel unterstützt und in erneuerbare Energien investiert – auch wenn diese unseren derzeitigen Energiekonsum niemals werden decken können.

Was tun gegen den Peak Everything?

Und Heinberg rät, sich zu vernetzen und Gemeinschaften aufzubauen, in denen die Kooperation und gegenseitige Hilfe im Vordergrund steht. Denn – so Heinberg – es gebe 3 Zukunftsszenarien, wie die Menschheit mit der drohenden »Dürre Everything« umgehen könne:

  • mit einer Öko-Diktatur (die allerdings seiner Meinung nach nicht lange Bestand hätte)
  • mit einer Form eines »Green New Deal« – also einer mehr oder weniger demokratisch, aber auf jeden Fall mit einem von »oben«, vom Staat verordneten Wandel.
  • mit einem Wandel von »unten«, aus der Bevölkerung.

Und da man sich die erste Variante nicht wünschen will und auf die zweite nicht unbedingt hoffen kann – zumindest wenn man den aktuellen Zustand betrachtet – sollte man selbst die Initiative ergreifen. Dass das nun alles nicht so düster ist, wie es vielleicht scheint, möchte ich zum Schluss doch noch anmerken. Denn seien wir mal ehrlich: hat uns die Konsumgesellschaft in der Mehrheit glücklich gemacht? Nein, sicherlich nicht!

Das Gute im Schlechten …

Natürlich schreckt es, wenn sich das Leben, die Gesellschaft, die Welt so elementar wandelt. Veränderungen machen immer Angst, weil man nicht genau weiß, wie und wo sie enden. Doch bleibt uns nichts anderes übrig und so sollten wir sie als Lernaufgabe der Menschheit betrachten – nicht umsonst spielt der Verzicht in nahezu allen Weltreligionen und vielen Philosophien ein bedeutende, spirituelle Rolle.

Wer mehr dazu erfahren möchte, sollte sich die 6 Youtube-Filme mit dem Vortrag von Richard Heinberg anschauen (klickt dazu einfach oben auf das Bild), auf denen dieser Artikel fußt. Daneben hat Richard Heinberg auch ein Website. Die Seite des »Post Carbon Institute« (www.postcarbon.org) liefert weitere Infos. Und wer es ganz genau wissen möchte, kann das Buch »Peak Everything« von Heinberg lesen.

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

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