»Water is Love« heißt ein toller neuer Dokumentarfilm. Er zeigt, was Wasser mit Klimaschutz zu tun hat. Warum Wasser Leben bedeutet. Wie Wasser unser Lehrmeister für ein gutes Leben sein kann. Und wie wir alle Wasserkreisläufe wieder in Gang setzen können.
Water is Love hat einen tieferen Sinn
»Wenn wir das Wasser nicht verstehen, werden wir die Klimakatastrophe nicht aufhalten können«, sagt Ati Quigua, indigene Stadträtin von Bogotá, Wasserschützerin und Naturrechtsaktivistin im Film »Water is Love«. Für sie ist Wasser mehr als ein für die Menschen nützliches Element. Es ist ein handelndes Subjekt. Eine Person mit eigenen Rechten und einem Wert an sich. Mit einem eigenen Leben, einem eigenen Sinn und einem eigenen Willen.
Das Wasser in seinem Kreislauf, seinem Wirken in der Welt zu verstehen, bedeutet daher auch mehr, als die naturwissenschaftliche Analyse. Es bedeutet, die Verbindung wieder zu spüren. Zu erkennen, welche Rolle wir Menschen in dem großen Ganzen spielen. »Der große Schmerz der Menschen besteht darin, dass sie die Verbindung zur Natur verloren haben. Dadurch verstehen sie den Kreislauf des Wassers nicht – und zerstören ihn«, meint sie.
Die Welt ist keine Maschine
In unserer Kultur sehen wir die Welt als eine große Maschine an. Beim Klimaschutz handeln wird daher so, als sei eine Komponente der Maschine kaputt: »Der Input und Output von CO2 stimmt nicht mehr. Lass uns das reparieren!«, sagen wir uns und basteln an CO2-neutralen Organisationen, Gemeinden, Städten, Ländern … Selbstverständlich befeuert CO2 in der Atmosphäre die Klimakatastrophe. Doch diese Sichtweise allein wird nicht reichen, meint der US-amerikanischer Kulturphilosoph, Occupy-Theoretiker und Autor Charles Eisenstein im Film.
»Sich nur auf eine Sache zu konzentrieren – wie CO2 – ist das Problem. Auf diese Weise werden wir die Probleme nicht lösen können. Doch wenn wir uns schon auf eine Sache konzentrieren, dann sollte es das Wasser sein«, sagt Charles Eisenstein in »Water is Love« weiter. Denn Wasser ist Leben. Und wenn wir sehen lernen, wie das Wasser um die Erde fließt, können wir der Erde dabei helfen, sich selbst zu heilen.
Wasser = Klima und Klima = Wasser
In tollen Animationen mit beeindruckenden Illustrationen zeigt der Film, wie ein Wasserkreislauf im Gleichgewicht aussieht. Wie Wasser aus Meeren, Seen und Flüssen, aber auch aus Wäldern verdunstet, aufsteigt, zu Wolken wird und sein Wasser wieder abgeregnet. Wie dieses Wasser versickert, durch die Gesteinsschichten zum Grundwasser trifft, das wiederum aus Quellen über Bächen, Flüssen, Seen und zum Meer gelangt.
Die Animationen zeigen aber auch, was geschieht, wenn der Wasserkreislauf aus dem Gleichgewicht ist. Etwa, weil immer mehr Erdoberfläche mit Häusern, Straßen, Pflastersteinen und anderen Dingen versiegelt sind. Dann verdunstet kein Wasser aus Baumkronen. Dann kühlt sich die Luft in der Umgebung nicht ab. Dann kann Regenwasser nicht versickern. Es kommt zu Überflutungen. Dann trocknen Grundwasserquellen aus. Dann verschwinden Bäche, Flüsse und Seen. Dann verschwindet die Vegetation, Wälder verdorren oder verbrennen. Eine Negativspirale kommt in Gang.
Tamera baut einen Wasserkreislauf
Doch dieser Entwicklung müssen wir Menschen nicht tatenlos zusehen. Sicher, die Natur wird sich mit der Zeit selbst wieder regenerieren. Doch das wir vermutlich zu lange dauern. Das wird unsere Kultur nicht überleben. Vielleicht noch nicht mal unsere Spezies. Deshalb ist es gut, dass Menschen überall auf der Welt bereits seit Jahren dabei sind, Wasserkreisläufe zu schützen – und auch neu aufzubauen.
Ein Beispiel dafür ist das Ökodorf Tamera in Portugal (hier ist auch der Sitz der Filmemacher). Als die Gründer*innen des Dorfes dort ankamen, gab es dort außer kargen, verdorrten Hügeln nicht viel. Gemeinsam mit dem österreichischen, naturnahen Landwirt Sepp Holzer veränderten sie mit riesigen Baggern die Topografie (siehe Bild oben rechts). Regenwasser konnte im Winter die Hänge hinabfließen und sammelte sich in einem eigens geschaffenen Wasserbecken.
Obwohl diese Umgestaltung der Gegend in den Filmausschnitten recht brutal aussieht, hat sie doch einen unglaublichen Effekt: Wenige Jahre später ist Tamera eine grüne Oase mit Bäumen, Büschen, Gärten, Blumen und vielen Tieren – von Insekten über Singvögel bis hin zu Wildschweinen (siehe Bild oben links).
Johads in Indien verwandeln Wüste in Oasen
Der Wasserschützer und Umweltaktivist Rajendra Singh aus Indien ist ein weiteres, beeindruckendes Beispiel, wie Menschen Wasserkreisläufe wieder in Gang bringen und so die Resilienz ganzer Landstriche stärken können. Er ist laut der Filmemacher*innen auch bekannt als der »Wassermann aus Indien« oder als »Wasser-Gandhi«.
Eigentlich ist er Arzt. Doch ein Patient öffnete ihm die Augen, als er zu ihm sagte: »Wir brauchen keine Medizin, wir brauchen Wasser«. Zunächst wollte Singh diese Aufgabe von sich weisen. Er sei ja kein Ingenieur. Doch der Patient zeigte ihm, wie es geht. Mittlerweile hat Rajendra Singh zusammen mit vielen anderen Menschen in seiner Heimatregion mehr als 10.000 traditionellen »Johads« gebaut. Das sind einfache Holz- und Steinkonstruktionen, die Regenwasser aufstauen und ihm so Zeit geben, in der Erde zu versickern. So hat sich eine Halbwüste von rund 6.500 Quadratkilometern wieder in fruchtbares Land verwandelt. Die Bilder im Film »Water is Love« sind wirklich beeindruckend.
Fazit: Water is Love
Der Film ist wirklich schön gemacht mit seiner Mischung aus inspirierenden Interviews beeindruckender Persönlichkeiten – und kunstvollen Animationen, die die natürlichen Kreisläufe, Verbindungen und Abhängigkeiten in Ökosystemen zeigen. Die Liste an Filmpreisen für »Bester Dokumentarfilm von …« ist dem entsprechend lang.
Selbst für Menschen, die sich danach nicht direkt im Wasserschutz engagieren möchten, lohnt sich der Film »Water is Love«. Zu sehen sind darin nämlich auch viele, viele junge Leute, die in Tamera ein Sommercamp besuchen. Viele von ihnen fragen verunsichert: »Können wir denn etwas gegen die Klimakatastrophe tun? Was können wir tun?« Und es gibt viele ältere Menschen, die sich schon ihr Leben lang für den öko-sozialen Wandel einsetzen und dennoch sagen: »Ja, du kannst etwas tun! Es lohnt sich, sich zu engagieren!«
Diese Gewissheit, diese Hoffnung, diese Tatkraft ist wichtig in Zeiten, in der sich das Gefühl breit macht, es ginge hauptsächlich nur noch darum, das Schlimmste zu vermeiden (mehr als 2 Grad Erderwärmung, Rechtsruck, Krieg u.v.m.). Damit ist der Film »Water is Love« auch und all jenen zu empfehlen, die eine Motivationsspritze für ihr Engagement für eine bessere Welt gebrauchen könne. Auch und vor allem Familien, deren Kinder in den vergangenen Jahren in der Friday-for-Future-Bewegung vielleicht zu viel Frust mitgenommen haben.
Auf einen Blick: Water is Love
Jahr: Juni 2024
Länge: rund 100 Minuten
Urheber*in: Tamera Media
Screening: Du kannst eine Lizenz erwerben, um den Film einer Gruppe zu zeigen (https://www.waterislovefilm.org/screening-form)
Website: https://www.waterislovefilm.org
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