Als Auftakt zum Wahlkampf 2013 – so scheint es – hat sich unsere Bundeskanzlerin etwas ganz besonders Bürgernahes ausgedacht: den »Dialog über Deutschland«… Wer angemeldet ist, kann unter www.dialog-ueber-deutschland.de eine 180-Worte-Meinung zu den Fragen »Wovon wollen wir leben?« – »Wie wollen wir zusammenleben?« – »Wie wollen wir lernen?« schreiben. Die 10 am meisten gevoteten Statements sollen dann diskutiert werden. Eine demokratische Mogelpackung?

Man mag es der Erfinderin eines der Unwörter des Jahres – nämlich dem Begriff der »marktkonformen Demokratie« – nicht unbedingt zutrauen, dass sie einen echten Dialog mit den Menschen, dem Volk führen möchte. Und so schränkt sie das »Experiment«, wie sie es nennt, auch schon im Vorfeld ein. Es sei nicht abzusehen, ob bei der Sache wirklich etwas heraus komme, was sich dann auch wirklich umsetzen ließe.

Aus Fehlern soll man lernen

Ach, wer würde da nicht an den »Digitalen Bürgerdialog« vom letzten November denken, als Angela Merkel per Youtube die 10 beliebtesten Fragen der Bürger beantworten wollte – aber die Frage, die auf Platz eins gewählt wurde gar nicht mit einer Antwort bedachte: wie sie denn über die Legalisierung von Cannabis dächte (siehe spiegel-online)? Aus diesen »Fehlern« soll Angela Merkel übrigens schon gelernt haben.

Denn im aktuellen »Bürgerdialog« habe das PR-Team den Spitzenreiter »OpenSource statt schlechter Software«, der innerhalb von wenigen Stunden mehrere Tausend Stimmen erhalten haben soll, kurzerhand auf Null gesetzt, berichtet Jacob Jung in seinem Blog. Der deutlich rechtslastige Vorschlag »Offene Diskussion über den Islam«, der eine »Entkriminalisierung« der Islamkritik fordert und mit mittlerweile über 10.000 Votings die Kategorie »Wie wollen wir zusammen leben?« anführen soll, sei von der PR-Redaktion hingegen nicht moniert worden, meint Jung.

Eine web-afine Kanzlerin

Ohnehin wittert die Opposition die pure Wahlkampfstrategie. Und wahrscheinlich nicht nur sie. Denn klar ist, dass sich die Kanzlerin mit dem PR-Gag nicht nur als offene, bürgernahe und web-affine (klar, die »Angst« vor der Piratenpartei geht um) Politikerin präsentieren kann. Sie kann kostengünstig, weil nicht über die Partei finanziert, ein Meinungsbild der Deutschen abgreifen. Und die Moral von der Geschicht? Wer viel Zeit hat, kann unserer Kanzlerin bei der Vorbereitung ihrer Wahlkampfreden behilflich sein. Alle anderen sollten sich um Projekte kümmern, die uns wirklich voran bringen in einer gemeinsame, hoffentlich bessere Zukunft!

P.S. Danke für das hübsche Bären-Bild an Olga Meier-Sander (via pixelio)