Gestern war es wieder soweit: Bundeskanzlerin Angela Merkel richtete sich in der traditionellen Neujahrsansprache an die Menschen. Und wie jedes Jahr gab es wieder viel Larifari, bedeutungsschwangere Phrasen und als um Verständnis buhlende Mahnungen getarnte, unterschwellige Drohungen zu hören. Nichts davon machte wirklich Mut. Nichts davon wirkte herzlich – und angesichts der Regierungspolitik im vergangenen Jahr – ehrlich. Wir haben uns mit dem oftmals nebulösen Wortlaut auseinander gesetzt.
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
lassen Sie mich ganz offen sein: Als ich vor einem Jahr genau hier saß und zu Ihnen sprach, da habe ich bei aller Zuversicht durchaus auch mit gemischten Gefühlen in die Zukunft geschaut, denn unser Land steckte tief in der Finanz- und Wirtschaftskrise. Es war die schwerste Krise seit über 60 Jahren. Doch trotz aller berechtigten Sorgen – es wurde ein gutes Jahr für Deutschland.
(Zumindest für einen kleinen, wohlhabenden Teil der Deutschen…)
Und über eines vor allem können wir uns freuen: Noch nie hatten im geeinten Deutschland mehr Menschen Arbeit als heute. Die Zahl der Arbeitslosen ist die Niedrigste seit fast 20 Jahren.
(Was für Arbeit fragt sich… Kann es denn zufrieden machen, wenn immer mehr Gehälter durch den Staat aufgestockt werden müssen – also von uns? Was ist wichtiger: Arbeit zu haben oder davon auch leben zu können?)
Deutschland hat die Krise wie kaum ein anderes Land gemeistert. Was wir uns vorgenommen hatten, das haben wir auch geschafft: Wir sind sogar gestärkt aus der Krise herausgekommen. Und das ist vor allem Ihr Verdienst, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger.
(Was für ein Unfug. Oder ist damit der Verzicht auf Gehälter, Löhne und Honorare gemeint?)
Deutschland ist so erfolgreich, weil Sie Tag für Tag Ihre Arbeit machen. Sie sind früh morgens auf den Beinen. Sie arbeiten im Schichtdienst, an Sonn- und Feiertagen. Sie kümmern sich um Aufträge und um Ihre Mitarbeiter. Sie meistern Ihren Alltag, wie schwer er oft auch sein mag. Gemeinsam haben wir Enormes geleistet. Wir haben erfahren, was möglich ist.
Das ist wichtig, denn wir Deutschen sind uns unserer Stärken selbst nicht immer bewusst. Unsere Fußball-Nationalmannschaft hat in Südafrika ganz wunderbar genau die Tugenden gezeigt, die uns stark machen: Fleiß und Disziplin, Ideenreichtum und Technik auf höchstem Niveau.
(Stimmt: Fleiß und Disziplin sind NICHT höher zu bewerten als Gerechtigkeit und Anstand. Doch in Deutschland muss man sich immer mehr für eine der beiden Seiten entscheiden. Entweder man funktioniert, ist fleißig, pünktlich und diszipliniert – also muckt nicht auf, oder aber man stellt die ungerechten Bedingungen in unserem Land infrage. Die Deutschen sind ihrer Mentalität nach Untertanen. Es muss fiel geschehen, bis sie den Hintern hoch bekommen, und sich für ihre Rechte stark machen.)
Nur ein Wort noch zum Fußball: Wenn nächstes Jahr die Frauen-WM in Deutschland stattfindet, dann will unsere Mannschaft zum dritten Mal den Titel holen. Mit unserer Unterstützung kann sie es wirklich schaffen, ich jedenfalls freue mich schon auf das Eröffnungsspiel in Berlin. Aber bei aller Zuversicht: Unsere Stärken werden wir auch in Zukunft beweisen müssen und zwar nicht nur im Fußball.
(Tja, die politischen PR-Berater empfehlen natürlich: „Du musst in Deutschland alles schön mit dem Fußball erklären, damit das doofe Volk das versteht – aber rede bloß nicht zuviel vom solidarischen Teamgeist…“)
Europa steht in diesen Monaten inmitten einer großen Bewährungsprobe. Wir müssen den Euro stärken. Dabei geht es nicht allein um unser Geld. Der Euro ist ja weit mehr als eine Währung. Wir Europäer – wir sind zu unserem Glück vereint. Das vereinte Europa ist der Garant für unseren Frieden und Freiheit. Der Euro ist die Grundlage unseres Wohlstands. Deutschland braucht Europa und unsere gemeinsame Währung. Für unser eigenes Wohlergehen wie auch, um weltweit große Aufgaben zu bewältigen.
(Unfug. Europa zettelt im Ausland ziemlich viel Unsinn an – da ist von Frieden und Freiheit nicht immer die Rede. Die Menschen in Europa wollten den Euro nicht; den wollten aber die Spekulanten. Heute versteht man wieso.)
Wir Deutsche nehmen unsere Verantwortung wahr auch wenn sie manchmal sehr schwer ist. Unsere Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan mussten in diesem Jahr den Tod von neun Kameraden verkraften. Auch wenn kein Wort von mir das Leid der Familien und Freunde der Gefallenen tatsächlich mildern kann, will ich von Herzen sagen: Ich vergesse sie nicht. Auch die körperlich und seelisch Verwundeten vergesse ich nicht. Ich hoffe so sehr, dass sie rasch wieder gesund werden können.
(Und was hat Deutschland bitteschön in einem Krieg verloren? Reicht uns die Erfahrung zweier Weltkriege nicht aus? Ist unsere Gier wirklich so groß, dass wir dafür junge Menschen in den Tod schicken? Was sind die wahren Ziele der Deutschen in Afghanistan? Wenn wir wirklich Mitleid mit unseren Jungs haben, dann sollten wir sie umgehend dort raus holen!)
Die Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan haben mir erzählt, dass viele Menschen, auch ganz unbekannte, ihnen zu Weihnachten Briefe und Päckchen geschickt haben. Sie haben mich ausdrücklich darum gebeten, Ihnen dafür zu danken. Das tue ich hiermit sehr, sehr gerne.
(Wahrscheinlich war das ein PR-Offizier, der einen einfachen Gefreiten „gebeten“ hat, dies doch der deutschen Presse zu sagen. Gleichzeitig stellt die ARD ihr Programm für die Soldaten ein. Dieser Krieg ist ein Armutszeugnis für die deutsche Politik, von grün, über rot, nach gelb und bis zu schwarz)
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
so wie wir mit Hoffnung in die Zukunft blicken, so tun das auch die Menschen in anderen Teilen der Welt. Auch sie haben Vorstellungen davon, wie sich ihr Land entwickeln soll. Damit fordern sie auch uns Deutsche heraus, nicht stehen zu bleiben.
(Tja, und genau da liegt die Wurzel dessen was ihr Terrorismus nennt. Denn Hass kann nur dort entstehen und missbraucht werden, wo er zuvor geschürt wurde. Wenn wir andere Länder nicht ausbeuten und ruinieren, wenn wir mit ihnen auf Augenhöhe diskutieren und wirklich helfen würden Missstände zu beheben, würden wir dem Terrorismus die Substanz entziehen und damit auch den Demagogen die ihn für ihre eigenen Zwecke missbrauchen.)
Die christlich-liberale Bundesregierung setzt deshalb alles daran, im kommenden Jahr wichtige Etappenziele zu erreichen. Das wohl wichtigste: Noch mehr Menschen sollen Arbeit bekommen können. Auch werden wir unsere Finanzen weiter in Ordnung bringen und die Steuern vereinfachen. Wir wollen unser Gesundheits- und Pflegesystem weiter verbessern, damit auch in Zukunft jeder Mensch die Gesundheitsversorgung und Pflege bekommt, die er braucht.
(In Ordnung bringen hieß aber zuletzt lediglich, dass den Armen noch mehr weg genommen, bzw. vorenthalten wurde. Wie sollen diese aber einen Binnenmarkt stützen? Wie soll es den kleinen Unternehmen in unserer Nähe gut gehen, wenn die Menschen kein Geld haben, um ihre Produkte zu kaufen? Arbeit ist nur dann sozial, wenn man durch sie auch leben kann. Das Gesundheitssystem ist ungerecht und lasten nun Patienten noch mehr Kosten auf, Reiche werden geschont und Pharmaunternehmen bedient. Das Pflegesystem wird immer weiter „rationalisiert“, zum Leidwesen der Pflegebedürftigen. Wirkliche Zuwendung wird fast unmöglich. Große Konzerne reißen diesen Markt an sich.)
Wir wollen den Zusammenhalt in unserem Land stärken, gerade zwischen denen, deren Familien immer schon hier gelebt haben, und denen, die sich als Zuwanderer integrieren.
(Deswegen heißt es „Multikulti ist tot“? Deswegen heißt es, dass die Bürgerproteste die Demokratie gefährden würden und 5,- Euro Monatsaufschlag den Ärmsten zu reichen haben – obwohl die Kosten an allen Stellen explodieren. Das hat mit Zusammenhalt NICHTS zu tun, es sei denn, man meint den Zusammenhalt von Politik und Wirtschaft. Die Menschen können damit nicht gemeint sein, denn sonst sähe die Politik der Regierung gerechter aus.)
Wir nehmen den Begriff von der Bildungsrepublik Deutschland ernst: So schaffen wir viele neue Studienplätze und wir führen Bildungsgutscheine ein für Kinder, die bisher zu oft am Rande standen.
(Die Regierung ist sich nicht zu schade, genau diese Kinder gnadenlos abzuzocken. Oder was soll man von den Erhöhungen der Studiengebühren halten? Mal nebenbei: Wo sollen denn die ganzen Jobs her kommen, für die wir unsere Jugend so vortrefflich ausbilden? Im Moment wird rationalisiert, abgebaut, es werden Kosten eingespart und Kopfzahlen verbessert. Das ist der Trend. Warum wird an den Schulen noch immer Konkurrenz, Neid und Egoismus gelehrt und an den Universitäten längst überholte Theorien? Der Begriff „Bildungsrepublik“ sollte substanziell überdacht werden. So hinterlässt er einen hämischen und äußerst zynischen Eindruck.)
Wir gehen den Weg zur modernsten Energieversorgung der Welt, die Klima und Umwelt schont und bezahlbar ist.
(Und Jahrzehnte wurden von CDU, CSU, FDP und sogar der SPD alles verhindert, was in irgendeiner Weise umweltfreundlich war. Die Atomkraft wurde mit Milliarden bezuschusst, obwohl die Frage der Endlagerung nie geklärt wurde. Heute wird sie als günstige, grüne und saubere Energie verkauft. Das sind alles nur „Plastikwörter“, die bei genauer Betrachtung der Kritik nicht standhalten).
Wir vollenden den Wandel der Bundeswehr zu kleineren und flexiblen Streitkräften, indem wir die Wehrpflicht durch einen freiwilligen Wehrdienst ersetzen. Dem Zivildienst wird ein Freiwilligendienst folgen. Das alles ist ein Einschnitt, ich weiß. Aber es ist auch eine Chance für unser Land, denn wir brauchen die Solidarität von allen von Mensch zu Mensch. Sie kann nie allein vom Staat geleistet werden. Ich danke den vielen Menschen in unserem Land, jungen wie alten, die wie selbstverständlich und oft unbemerkt anderen Menschen helfen.
(Diese Argumentationskette ergibt überhaupt keinen Sinn. Warum wird die Bundeswehr in Zeiten des Terrors abgebaut? Was hat das wiederum mit Solidarität zu tun? Tatsache ist, dass Kriege immer mehr zur Angelegenheit großer Konzerne werden und nicht mehr wirklich mit den Ländern zu tun haben, in denen sie ausgetragen werden. Tatsache ist, dass diese Konzerne verstärkt auf Söldnerfirmen setzen, die den „Job“ machen. Berufssoldaten und Söldner sollen die Kriege der Zukunft führen, denn dann gibt es keine Mütter mehr die ihre Kinder zurück wollen, keine Friedensbewegung, denn „die da“ machen es ja freiwillig. Man entzieht dem Kriege jedweden moralischen Aspekt – das ist der Grund)
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
das alles ist Deutschland, unser Deutschland im 21. Jahrhundert. Das alles trägt zu Zusammenhalt und Wohlergehen bei. Denn Wohlergehen und Wohlstand das heißt nicht nur „mehr haben“, sondern auch „besser leben“. Dafür brauchen wir Sie: die Menschen, die etwas besser machen wollen, die sagen: Geht nicht, gibts nicht, die eine Idee haben und den Mut, sie auch umzusetzen.
(So ein Unfug. Wer mehr hat ist nicht zwangsläufig glücklicher. Ein Wohlstand, wenn das Wort mal selbst betrachtet, ist nicht nur an Geld und Besitz gekoppelt. Man möchte aber dass wir das glauben und endlos hinter diesem Wohlstand her laufen – und auf dem Weg zu unserem Glück, wie Konsumroboter immer neue Dinge kaufen. So stellt sich die Industrie eine prima Gesellschaft vor und so wird sie uns in der Ansprache auch verkauft… Leute die sagen, dass wir das alles gar nicht bräuchten, wenn wir wieder mehr zu einer echten Gesellschaft würden, wird man indes nicht so gern hören.)
Der Philosoph Karl Popper hat gesagt: „Die Zukunft ist weit offen. Sie hängt von uns ab, von uns allen.“ Lassen Sie uns in diesem Sinne mit Ideen, mit Neugier, mit Leidenschaft und mit dem Blick für den Nächsten die Lösung neuer Aufgaben anpacken. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien für 2011 Gesundheit, Kraft, Zufriedenheit und Gottes Segen.“
(Es tut weh, dass hier Gott ins Spiel gebracht wird. Denn dieser dürfte eine Welt die Kaufen und Verkaufen für das Größte hält und zugleich andere Länder – notfalls militärisch – davon zu überzeugen wünscht nicht gut heißen. Christlich ist das nicht… Karl Popper meinte mit diesem Satz die Verantwortung die wir in uns tragen und dieser gerecht zu werden ist die eigentliche Aufgabe für 2011. Der „Blick für den Nächsten“ könnte zum Beispiel auch der Blick eines uniformierten und bewaffneten Beamten in die Augen des Kindes sein, welches er gleich anzugreifen gewillt ist. )
ENDE
Tja, und da war sie schon vorbei, die Kaminfeuerrede ohne echten Inhalt. Die Phrasen mit Leben zu füllen wird Aufgabe der Menschen sein. Doch ob sie sich damit zufrieden geben wollen, nicht aufmuckende, folgsame, pünktliche, fleißige Arbeitsbienen sein zu wollen, getrieben von unerfüllten Hoffnungen und dem Glauben, dass nur der Konsum dieses Loch stopfen könne… ich denke nicht. 2010 hat etwas in Gang gebracht was sich nicht mal eben mit der Aufforderung zum Duckmäusertum beiseite wischen lässt.
(Echte) „Solidarität“, und das begreifen sie hoffentlich bald, ist jetzt nicht allein von der Bevölkerung, sondern vielmehr von der Politik, der Wirtschaft und Medienwelt gefordert. Mal sehen, ob die das genauso gern einlösen, wie sie es von uns fordern.
Was erwartet Ihr denn? Je klarer die Ansprache ausgefallen wäre, desto besser könnte man sie später darauf festnageln. Der Trick ist immer, bei dem was man gibt möglichst unklar zu bleiben und bei dem was man will möglichst klar zu werden. Erst wenn das Zweite zu grotesk wird, muss es sprachlich versteckt werden.
In dem Sinne ein ereignisreiches 2011!
Phil