Der Austieg aus dem Austieg: Die Mogelpackung des Jahres…?

Ja lautet die eindeutige Antwort von Umweltschutz- und Antiatom-Organisationen auf diese eher rhetorische Frage. Sie haben die Delegierten von Bündnis90/Die Grünen jedenfalls nun in einem Offenen Brief dazu aufgerufen, bei ihrem Sonderparteitag am kommenden Wochenende die Pläne der Bundesregierung in Sachen Atomausstieg abzulehnen.

Die Briefeschreiben – genauer gesagt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Robin Wood, .ausgestrahlt, Campact, die Naturfreunde Deutschlands, die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) und zahlreiche lokale Standortinitiativen der Anti-Atom-Bewegung wie die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg sowie die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad – begrüßten zwar die endgültige Abschaltung der sieben ältesten Atommeiler plus Krümmel zu begrüßen.

„Dies bleibt jedoch auch sichergestellt, wenn die Grünen den Ausstiegsplan insgesamt ablehnen würden“, erklären sie in ihrem Brief. Dagegen sind ihrer Meinung nach zu viele Bestandteile des „Atomfahrplans“ der Bundesregierung unzureichend. Zum Beispiel in Bezug auf das AKW Gundremmingen C: obwohl es nahezu baugleich mit den Kraftwerken in Fukushima sei, solle es noch bis 2021 weiterlaufen dürfen. „Unverbindlich bleibt auch die angekündigte bundesweite Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll. Fakten würden lediglich in Gorleben geschaffen, indem dort der Ausbau des Salzstocks zum Endlager fortgesetzt werde“, erklären die Unterzeichner.

„Mit einer Zustimmung würden sich die Grünen an einen Zeitplan fesseln, der ihnen jeden relevanten atompolitischen Gestaltungsspielraum im Falle einer Regierungsbeteiligung im Jahr 2013 rauben würde. [..] Die Grünen müssen in der Offensive bleiben und dürfen das Heft des Handelns nicht aus der Hand geben! Sie müssen mit der klaren Forderung nach einem Ausstieg innerhalb einer Legislaturperiode in den Bundestagswahlkampf 2013 ziehen“, forderten die Verbände.

Da schauen wir doch mal, ob die Realpolitiker (Entschuldigung, aber ich muss unweigerlich an diese unsäglich Sendung von Anne Will am letzten Sonntag denken…) auf die „illusionären Gutmenschen“ hören – oder ob sie ihre Prinzipientreue der vermeintlich notwendigen Kompromissbereitschaft unterordnen… Die Unterzeichner sehen das jedenfalls nicht gelassen und drohen in ihrem Brief mit negativen Konsequenzen für das Verhältnis zwischen der Anti-Atom-Bewegung und den Grünen – ähnlich wie dies im Jahr 2000 der Fall war. Das könnte vielleicht den Grünen unangenehm sein, schließlich möchte sie doch für ihren Wahlkampf an der Spitze von Demonstrationen mitlaufen dürfen…

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

Hinterlasse einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

120.000 gegen Atomkraft

Sicherlich habt ihr Plakate, Flyer oder im Netz Aufrufe gesehen: Gestern war die Anti-Atom-Ketten-Aktion. Und es war ein Erfolg. 120.000 Menschen kamen, 120 Kilometer...

Mich laust der Affe. Oder: Wie viel Greenwashing verträgt eine Umwelthauptstadt eigentlich?

Dass das ganze Theater um Hamburg als angebliche Umwelthauptstadt viel mit Greenwashing zu tun hat, wird sicherlich nicht nur enttäuschten (Ex-)Grünen-Wählern auffallen. Die Umweltschutzorganisation...

Wer, wo und wie viele – der AKW Atlas der Deutschen Umweltstiftung zeigt Gefahrenherde in und um Deutschland

Nun ist er da, der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg – aber der Konflikt ist damit noch lange nicht behoben. Die Anti-Atombewegung...

Radio: Berlin wir kommen! – Endlagerdebatte endlos neu

Anti-Atom-Treck von Gorleben nach Berlin: Seit Dienstag sind Atomkraftgegner auf rund hundert Traktoren unterwegs, um in der Hauptstadt am Samstag für den endgültigen Ausstieg...