Plastik im Magen eines Meeresvogels - aus der Ausstellung "Endstation Meer" des Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

Ein Meer von Plastik

Unsere Welt ist ein Meer von Plastik: Etwa 240 Millionen Tonnen werden jährlich produziert.Was das für Auswirkungen hat, zeigt die sehenswerte Ausstellung Endstation Meer im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg.

So viel Plastik!

Etwa 240.000 Tonnen Plastik entstehen jährlich auf unserem Planeten. Da sich das Material nicht zersetzt, wird das Plastik, das einfach so in der Umwelt landet, immer kleiner zerrieben bis nur noch mikrokleine Partikel davon übrig bleiben. Diese gelangen früher oder später (über Flüsse und andere Wasserkreisläufe) ins Meer.

Allein die Nordsee muss jährlich geschätzte 20.000 Tonnen Abfall ertragen – davon 75 Prozent Plastik und Styropor (Quelle: NABU). Pro deutschem oder holländischem Strandmeter fallen etwa 256 Müllteile an – an anderen Stränden ist es noch mehr! Geschätzte 60 Prozent davon stammen aus Tourismus und Freizeit.

Plastik am Strand. Aus der Ausstellung "Endstation Meer" des Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg
Pro Strandmeter fallen in Deutschland 256 Müllteile an (Credit: www.mkg-hamburg.de)

 

Plastiktod für Tiere

So kommt es, dass es mittlerweile keinen Kubikmeter Meer mehr ohne Plastikteilchen gibt. Ja, in unseren Ozeanen schwimmen sogar 46 mal mehr Plastikteilchen als Plankton! Fische, Seevögel und andere Meeresbewohner wie Robben oder Seehunde verwechseln die Teilchen mit Fressbarem.

Diese Plastikpartikel gelangen in den Kreislauf der Tiere und damit entweder wieder auf unseren Teller – etwa über Fische. Oder die Tiere sterben an den z.T. scharfkantigen Teilen – oder auch daran, dass sie verhungern, wenn beispielsweise Plastiktüten ihren Darm verstopfen.

Umweltschutzorganisationen schätzen zum Beispiel, dass alle 50.000 bis 90.000 Seebären an verschlucktem Plastik sterben. Viele Seevögeln, die Naturschützer tot am Strand fanden, hatten bis zu einer Handvoll Plastikstücke in ihrem Magen.

Garbage Patches im Ozean. Aus der Ausstellung "Endstation Meer" im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg
Wind und Meeresströmungen treiben gigantische Mengen Müll zu so genannten Garbage Patches zusammen (Credit: www.mkg-hamburg.de)

 

Schwimmende Plastikkontinente

Die größeren Teile werden von Wind und Meeresströmung an bestimmte Orte in unseren Ozeanen getrieben. Dort haben sich mittlerweile riesige, schwimmende Plastikflächen gebildet, ,  sogenannte Garbage Patches. Sie sind bis zu 30 Meter dick und umfassen durchaus die Fläche eines Landes.

Besondere Sorgen bereitet dabei der Müll, der aufgrund des Tsunamis in Japan ins Meer gelangte – inklusive der Überreste der Havarie in Fukushima… Denn: Plastik ist wie gesagt extrem langlebig. Während ein Apfelbutzen 2 Monaten, ein Baumwollhemd bis zu 5 Monaten und eine Konservendose etwa 40 Jahre braucht, um zu zersetzen, beträgt die „Lebensdauer“ einer Einwegwindel oder eine Plastikflasche zum Beispiel 450 Jahre!

Plastikverpackungen vermeiden

Glücklicherweise klärt die Ausstellung nicht nur über die schrecklichen Folgen unseres meist unbewussten Plastikkonsums auf – sie zeigt auch, wie man unnötigen Plastik vermeiden kann. Die hohe Lebensdauer von Plastik steht besonders bei Verpackungen in eklatantem Widerspruch zu ihrem kurzlebigen Gebrauch.

Dabei wird etwa ein Drittel allen Plastiks für Verpackungen hergestellt. Zum Beispiel für Plastiktüten, von denen jährlich zirka 600 Milliarden hergestellt werden – meist, um nur ein einziges Mal genutzt zu werden. So verwendet jeder EU-Bürger jährlich rund 500 Plastiktüten! Diese sollte man auf jeden Fall schon mal vermeiden!

Mikropartikel verhindern

Besonders gefährlich sind Plastik-Mikropartikel. Der Grund: Sie lassen sich nicht aus dem Wasser herausfiltern und gelangen daher auf jeden Fall in die Meere. Solche (vermeidbaren) Mikropartikel kommen zum Beispiel in Gesichts- und Körperpeelings vor. Wählt hier also biologische, die gemahlene Nussschalen o.ä. verwenden.

Aber auf Fleece-Pullover sollen laut der Ausstellung besonders schädlich sein: Pro Waschmaschinengang verlieren sie Tausende solcher Mikropartikel, die natürlich auch ins Wasser gelangen. Also: Auf Fleece lieber verzichten – auch wenn er scheinbar umweltfreundlich aus recycelten PET-Flaschen besteht.

Berge von Plastik in der Ausstellung "Endstation Meer" im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg
Ein Berg von Plastikmüll – gewaschen und geschliffen durch das Meer – findet im Museum für Kunst und Gewerbe als Zeitzeuge seinen rechten Platz (Credit: www.mkg-hamburg.de)

Gesundheitsgefährder Plastik

Apropos PET-Flaschen: Plastik ist keineswegs ungefährlich für unsere Gesundheit. Weichmacher (Phthalate) und Bisphenol a (BPA) stehen vor allem im Verdacht. Vor allem bei Produkten für Kinder ist daher Vorsicht geboten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat eine entsprechende Broschüre herausgegeben.

Auch vor PET-Flaschen für Wasser und andere Getränke warnt der BUND, wie wir in einem früheren Post Hormonbomben PET-Flaschen beschrieben haben.

Ein Meer von Plastik

In der Ausstellung gibt es auch noch ein Kunstprojekt von Studierenden der Züricher Hochschule der Künste, das ebenfalls zum Nachdenken anregt: Wie werden kommende Generationen über uns denken, wenn sie bei archäologischen Ausgrabungen vor allem auf Plastik stoßen? Angesichts der langen Haltbarkeit spricht auf jeden Fall vieles dafür, dass unsere Epoche als Plastikzeitalter in die Geschichte eingehen wird.

Filmvorführungen

Besonders interessant und erwähnenswert finde ich auch das Filmprogramm, dass das Museum der Künste im Rahmen der Ausstellung „Endstation Meer“ zeigen wird. Zu sehen ist beispielsweise Plastic Shores von Edward Scott-Clarks (13.Januar 2013), Addicted to Plastic von Ian Cornmacher (3. Februar 2013), Bag It von Suzan Beraza (24. Februar 2013) oder auch Plastic Planet von Werner Boote (24. März 2013).

ilona

ist freie Jour­na­lis­tin, Publizistin, Projekt­ma­che­rin und Medienaktivistin. Seit über zehn Jahren schreibt sie Bücher, Blogposts, macht Podcasts, gibt Workshops und hält Vorträge. Zudem begleitet und berät sie öko-soziale Organisationen, Gemeinschaften, Künstler:innen, Kreative und Aktivist:innen bei der ganzheitlichen und nachhaltigen Planung und Kommunikation ihrer Projekte und Bücher.

13 Kommentare

  • Ich bin 15 Jahre alt und mich interessiert dieses Thema sehr! Ich finde, dass wir in der Schule nicht genug darüber informiert werden und dass wir darüber viel zu wenig lernen. An alle die helfen die Welt eine bessere zu machen: Hut ab! Ich wünsche euch viel Glück damit und ich werde auch mal mithelfen, wenn ich erwachsen bin!

  • Ist doch nur eine Presseente , bin soviel gesegelt im Leben und nirgendwo gibt es Plastikinseln . Ist so ein Thema an dem sich der paranoide dumme Deutsche dran hochziehen kann . Einfach vernachlässigen !

  • Als ich mal eine zeitlang auf Tahiti war, sah ich, das die die Einheimischen einfach ihre Plastikflaschen und benutzten Plastik-Gegenstände in die Landschaft warfen. Als ich sie fragte warum sie das tun, erklärte mir eine Frau, dass man früher den Reis den man aß in Bananablätter wickelte, wenn man den Reis gegessen hatte die Bananblätter wegwarf.
    Ebenfalls mit Annanas usw. Die Annanas steckte man mit samt dem oberen grünen Blätter, nach dem Verzehr des Fruchtfleisches, wieder in die Erde. Bald gab es neue Annanas.
    Das man Plastik nicht einfach in die Landschaft werfen darf, das es dafür eine Müllentsorgung geben muß, das geht nicht in die Köpfe der Tahitianer.
    Ebenfalls gibt es in gleicher Form diese Probleme (durch extremen Tourismus) das Problem auf de Osterinsel.

  • Hallo,
    diesen Blog finde ich klasse, engagiert, informativ, wachrüttelnd…..ich habe ihn erst heute gefunden und werde mich durch die interessanten Artikel „arbeiten“. Schön ist zu sehen, dass das Thema „Plastik“ und Nachhaltigkeit generell zuzunehmen scheint. Wir versuchen einen kleinen Beitrag zu bringen, indem wir versuchen plastikreduzierter zu leben. Nicht zwanghaft, mit Spaß, aber „offenen Augen“ …..LG Frau Schmidt

  • Die Entdeckung des Plastik war ja ein richtiger Segen für die Menschheit. Doch daraus wurde eine echte Büchse der Pandora. Die Ausmaße der schwimmenden Müllhalde so gewaltig, dass sie den Umfang der Karibik-Insel Kubas hat. Forscher kamen zu dem Schluss, dass der Müll auf dem Wasser sich seit ungefähr 22 Jahren angesammelt hat. Welche Auswirkungen der schwimmende Plastikmüllberg für die Umwelt hat, ist bislang noch nicht anzusehen. Laut Wissenschaftlern entstand die Müllinsel aus Abfällen, die zum größten Teil aus Nordamerika stammen. Aber verantwortlich ist doch im Grunde fast jeder vor allem in den G 20 Staaten. In Südamerika werden immer noch alle Produkte aus dem Supermarkt in Plastiktüten mit nach Hause geschleppt. Hier kann nur mit einer effektiven Aufklärungsarbeit entgegengewirkt werden. Man sollte es nicht glauben, aber die gibt es. Nur, die Ignoranz der Menschen nicht nur in Südamerika, sondern auch im Rest der Welt ist viel größer

  • Hallo,
    ich finde es sehr gut was Sie machen. Denn ich finde es schade wie egal den Leuten die Welt ist. Leider ist es meistens so das sie gar nicht richtig wissen was sie da gerade machen. Zum glück gibt es Leute wie Sie und ich die das gerne ändern wollen.

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