Es ist geschafft: Unsere Landwirtschaftsministerin Aigner gab gestern in Berlin bekannt, dass der Anbau und der Verkauf des MON 810-Saatguts ab sofort verboten ist, das berichtet der Informationsdienst Gentechnik. Ausschlaggebend für die Entscheidung sollen neue Studien gewesen sein, die ein Risiko für nützliche Insekten wie Bienen und Marienkäfer nachweisen.
„Großes Aufatmen also besonders bei denjenigen, deren Existenz durch den Gentechnik-Anbau direkt bedroht ist, wie Imkerinnen und Imker sowie Biobäuerinnen und Biobauern“, schreibt der Informationsdienst Gentechnik. Aber auch alle, die in den letzten Tagen und Wochen Protest-E-Mails verschickt haben, Frau Aigner hinterher gereist und auf Dächer geklettert sind, Studien verfasst haben oder einfach ihre Nachbarn informiert und Flyer verteilt haben, dürften sich kräftig auf die Schulter klopfen!
Massenhafte Proteste
Mehr zu der heutigen Entscheidung finden Sie in einem Dossier des Informationsdienstes.
Der massenhafte Protest, so der Informationsdienst, sei angekommen. Also doch ein Zeichen, dass es sich lohnen kann, aktiv zu werden. Wir hoffen, dass dies als Ermunterung dient, nun auch in anderen Bereichen nicht locker zu lassen, sondern Druck zu machen, um eine bessere Welt gemeinsam zu erreichen. Denn natürlich geht der Kampf weiter:
Frau Aigner habe nämlich auch deutlich gemacht, dass sie keine Grundsatzentscheidung zur Agro-Gentechnik getroffen hat, sondern dass es sich um einen Einzelfall handelt. Wichtige Entscheidungen über neue Zulassungen auf EU-Ebene stehen in den nächsten Monaten an: http://www.keine-gentechnik.de/gentechnik-alarm.html.
Demonstrationen in Deutschland
Ähnlich sieht es mit denjenigen aus, die immer noch gegen Patente auf Tiere und Pflanzen protestieren. Über tausend Bauern protestieren heute nämlich gemeinsam mit Umwelt- und Entwicklungsorganisationen in München. Über 5000 Bürgerinnen und Bürger sowie etwa 50 Verbände haben sich laut der Greenpeace-Mailinglist einem Sammeleinspruch gegen ein Patent zur Züchtung von Schweinen angeschlossen.
Der Einspruch gegen das ursprünglich vom US-Agrarkonzern Monsanto angemeldete Patent wird heute am Europäischen Patentamt (EPA) in München von der Organisation „Kein Patent auf Leben!“ übergeben.
Protest-Marsch. Kein Patent auf Leben
Die Teilnehmer des Protest-Marsches unter dem Titel „Stoppt das Patent auf die arme Sau!“ (wir berichteten bereits) fordern ein gesetzliches Verbot von Patenten auf Leben. Greenpeace hat gestern eine neue Recherche zu Patentanträgen vorgelegt, nach der sich die vom EPA genehmigten Patente inzwischen von der Zucht von Kühen bis auf die Milch erstrecken.
Die heutige Demonstration gegen Patente auf Leben gilt laut Greenpeace als die bisher größte in Europa. Wir wünschen vom Norden aus viel Glück und Erfolg – in unser aller Sinne!
Hallo Tobias,
ist Auslese nicht etwas anderes als der Zwang zum Kauf genetisch veränderten Saatgutes? Das „MON“ steht doch für Monsanto, oder? Dann muss man eben auch noch mal genauer drauf schauen, wer dieser Anbieter ist, wie er vorgeht, welche Geschäftspraktiken er hat usw. Daraus lässt sich gewiss schon mal einiges ableiten.
Aber wie kann die Angst anderer Menschen lächerlich sein? Gerade dann, wenn man meint, es besser zu wissen??
Gregor
Lieber Tobias, so ganz lächerlich scheint mir der Widerstand nicht zu sein (gleiches gilt aus meiner Sicht übrigens auch im Hinblick auf die Nano-Technologie). Hier ein paar Argumente (weitere unter http://www.genfoodneindanke.de):
– Bisher ist die genaue Wirkung der Mechanismen, mit denen bei Pflanzen und Tieren das Erbgut verändert wird, unklar. Immer wieder tauchen bei Gen-Pflanzen unerwartete Eigenschaften auf.
– Freigesetzte GVO (gen-technisch veränderte Organismen) schaden der Umwelt. Bereits jetzt zeigt sich, dass der Gen-Pflanzenanbau zu Artenrückgang führt und neue resistente „Super-Unkräuter“ entstehen. Von Gen-Pflanzen produzierte Gifte reichern sich im Boden an. Britische Risikostudien haben gezeigt, dass beim Anbau von herbizidresistenten Gen-Pflanzen die Zahl der Kräuter auf den Feldern drastisch zurückgeht. Auch die Vögel und Insekten, denen sie als Futter dienen, werden deutlich weniger. Als Vergleich dienten konventionell bewirtschaftete Flächen.
– Forscher haben noch nicht geklärt, wie sich der Verzehr von GVO langfristig auf die menschliche Gesundheit auswirkt. Ein Beispiel: In den USA wurde die nur als Futtermittel zugelassene Gen-Mais-Sorte StarLink auch in Lebensmitteln gefunden. Beim Menschen kann StarLink Allergien auslösen. Über 500 Millionen Dollar kostete das Einsammeln, Entschädigen und Vernichten der kontaminierten Lebensmittel und des noch vorhandenen Saatgutes. Das war im Jahr 2000. Seither wird StarLink-Mais nicht mehr angebaut. Dennoch fand das US-Landwirtschaftsministerium 2001 in 8,6 Prozent aller Maisproben StarLink-Verunreinigungen. Im vergangenen Jahr waren noch 1,2 Prozent der Proben belastet. Besonders bedenklich sollen außerdem die Antibiotika-Resistenzen sein, die in viele bisher entwickelte Gen-Pflanzen eingebaut wurden.
– Sollte sich einer dieser Befürchtungen als richtig erweisen, dann: Sind GVO ausgebracht, lassen sie sich nicht einmal mit extrem großem Aufwand aus der Umwelt entfernen.
– Weil sich GVOs natürlich verbreiten bzw. Hybride mit anderen Pflanzen bilden, wäre der Bio-Anbau durch die Gen-Pflanzen in Frage gestellt.
– Die behaupteten wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile der Gentechnik in der Landwirtschaft konnten nicht belegt werden. Zudem wird befürchtet, dass die großen Saatgut-Konzerne Bauern und Verbraucher abhängig machen wollen von ihren patentgeschützten Gen-Pflanzen, für die jedes Jahr neue Lizenzgebühren anfallen.
Diese Gen-Panik ist schon etwas albern. Keine Frucht, die heute angebaut wird hat noch irgendwas mit einer Naturpflanze zu tun. Durch Zucht werden die genetischen Informationen der Ursprungspflanze bereits seit tausenden von Jahren manipuliert.
Letzten Endes basiert die Angst vor gen-manipulierten Pflanzen darauf, dass wir zu viel Fernsehen. Wir assozieren Gen-Manipulation mit Mutanten, Zombies, Pest und Cholera. Lächerlich.
„Frau Aigner habe nämlich auch deutlich gemacht, dass sie keine Grundsatzentscheidung zur Agro-Gentechnik getroffen hat, sondern dass es sich um einen Einzelfall handelt.“
Genau deshalb halte ich das auch mehr für Wahlkampfrhetorik. Immerhin: Der Druck „von unten“ hat zumindest Teile der Politik schonmal aus der Reserve gelockt. Monsanto & Co. werden aber zurückschlagen…
Grüße von der Arbeitsgruppe
Andy