Wie könnte ein entschleunigtes Leben jenseits unseres extensiven Konsums und Ressourcenverbrauchs aussehen? Ein paar mutige Kreative sind ihren Aussteiger-Träumen gefolgt: Nach den Prinzipien der Permakultur und mit ganz eigenen Ideen von einem »einfachen Komfort« und »inspirierenden Orten« machen sie sich daran, einen so genannten »Musenhügel« zu errichten – ausgerechnet im gebeutelten Griechenland. Ein Vorbild, wie nicht nur sie hoffen – sie suchen auch Partnerprojekte in Deutschland. Eine der Gründerinnen, Stefanie Welk, sprach mit uns.

Was ist der Musenhügel und wer seid ihr?

Das Projekt hat sich aus dem Zusammentreffen von Menschen zum richtigen Zeitpunkt entwickelt. Initiatorin ist eine Freundin, die mit drei weiteren Freundinnen ein Stück Land in Griechenland besitzt. Es werden dort, am Fuße des „Musenhügels“ vier recht kleine Wohnhäuser entstehen. Meine Freundin hatte die Vision, den oberen Teil des Hügels auf künstlerische und ökologische Weise zu gestalten – so, dass Menschen später dort miteinander leben, lernen, feiern und vor allem: sich wohlfühlen können. Da ich schon lange den Gedanken hegte, einen Lebensraum in der Natur zu schaffen, stieg ich in dieses Projekt ein und mit mir mein Kollege Gerd Marenbach. Vor Ort fanden sich weitere Kreative, die verschiedene Aufgabenbereiche übernahmen.

Schnell haben wir uns davon verabschiedet, dass der Hügel zunächst komplett aus dem Kopf entworfen und geplant wird – so ist er jetzt seit zwei Jahren am Wachsen in einem ganz organischen Sinn, denn die meisten Ideen wurden und werden nach und nach direkt vor Ort geboren.

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 Stefanie Welk und Gerd Marenbach. Von ihm stammen die Fotos – vielen Dank dafür!

Welches Ziel verfolgt ihr damit?

Wir wollen, dass Menschen sich dort ohne invasive Technik wohlfühlen. Wir möchten Räume schaffen, um Schönheit zu erleben. Raum für das Glück, welches aus einem einfachen, bewussten Leben mit der Natur folgen kann. Wir wollen zeigen, das dies keine wirklichen Einschränkungen braucht. Im Gegenteil: Der echte Sonnenuntergang fühlt sich viel schöner an als im Fernseher – und er riecht auch besser. Der Schutz, den unsere Erde spenden kann, berührt – auch wenn man ihn vielleicht nur fünf Minuten spürt, solnage man in einer der Höhlen liegt oder davor sitzt.

Wir greifen also so wenig wie möglich in die Natur ein und versuchen den vorhandenen Strukturen zu folgen. Die Gestaltung soll nachhaltig sein. Wir wollen sowohl den Prinzipien der Permakultur folgen – als auch den Geldbeutel schonen. Das ist eine der Herausforderungen.

 

Was bedeutet das konkret – wie sieht der Musenhügel aus?

Wir wollen einen Komfort, der nicht die natürlichen Resourcen beansprucht. So kommt zum Beispiel das Kompostklo nicht nur ohne Wasser aus, es liefert auch noch wertvollen Humus – ohne zu riechen. Denn die aerobe Kompostierung wird z.B. durch kaminartige Belüftung intensiviert und eventuell wollen wir das noch mit einem kleinen Solarventilator unterstützen. Unsere Dusche soll einmal im wesentlichen mit aufgefangenem Wasser arbeiten, das wir als Grauwasser zur Bewässerung weiter verwenden wollen.

Ein Permakultur- Garten mit heimischen Pflanzen und duftenden Kräutern wächst gerade heran. Wir planen ein Hühnergehege. Außerdem sammeln sogenannte »swales« – also waagerecht zum Hügel verlaufende Gräben – das Regenwasser und lassen es langsam in den Hügel einsickern. So können wir ein Vielfaches der Wassermenge im Hügel halten. Wir planen unsere Energie- und vor allem auch Wasserversorgung so weit wie möglich autark zu erhalten.

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 Wahrlich hübsch anzusehen: Das Kompostklo des Musenhügels

Nun soll der Musenhügel – der Name sagt es schon – auch Kunst, Kultur und Inspiration liefern. Was ist da geplant?

Das stimmt. Auf dem Hügel sollen ökologische Prinzipien und soziale Räume auf künstlerische Weise miteinander verbunden werden. Deshalb planen wir zum Beispiel auch einen Meditationsplatz, eine Jurte, eine Küche im Freien und einen größeren Versammlungsplatz. Wir denken, dass dort im nächsten Jahr können erste Veranstaltungen stattfinden können. Aber der Hügel belebt sich auch jetzt schon: immer wieder kommen neugierige Besucher. Der Ein oder Andere will vielleicht mal in einer der Höhlen übernachten. Sobald wir die Beschattungen integriert haben, ist ein attraktiver Platz geschaffen für Seminare, Feste und insgesamt entschleunigtes Leben.

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Sucht ihr noch Leute zum mitmachen? Bzw. in welcher Form kann man euch unterstützen?

In Griechenland brauchen wir momentan keine zusätzliche Unterstützung. Wir können uns aber gut vorstellen, auch in Deutschland ähnliche Projekte zu realisieren. Dafür brauchen wir geeignete Flächen und finanzielle Mittel. Jeder Ort hat ganz individuelle Bedingungen und Herausforderungen, möglicherweise entstehen also woanders komplett andere Gestaltungen. Außerdem interessieren uns ähnliche Projekte, mit denen wir uns vernetzen können. Sie sind auch eine gute Hilfe, da sie Synergien aktivieren.

Welche Hindernisse und Herausforderungen habt ihr zu meistern?

Der finanzielle Aspekt wurde schon genannt. Dann ist die Arbeit am Hügel geprägt durch Team-Arbeit auch mit den Handwerkern. So war das Zusammenspiel nicht immer von Anfang an rund, denn jeder hat einen eigenen Stil. Von dem auch wir lernen. Außerdem haben wir immer noch Kommunikationsprobleme, da wir leider (noch) kein Griechisch sprechen. Verhandlungen mit dem Holzhändler und überhaupt bei der Materialbesorgung, der momentanen noch provisorischen Wasserversorgung, sind eine Herausforderung. Hauptsächlich erleben wir aber eine schöne Synergie mit den Menschen, die sich einbringen. Der gegenseitige Respekt wächst. Viele sind kreativ und lassen sich inspirieren, was wiederum unsere Ideen beflügelt.

Wer seid ihr und wie seid ihr zu der Sache gekommen?

Während meines Studiums der Psychologie ist mir klar geworden, dass ich schöpferisch tätig sein will. So arbeitete ich nach meinem Abschluss nur wenig als Psychologin (transpersonale Psychologie) und hauptberuflich als Künstlerin (www.wire-art.de). Seit Jahren habe ich mich auf Draht spezialisiert, aus dem ich meine Skulpturen forme. Seit langem interessiere ich mich jedoch auch für neue Ansätze in Landwirtschaft und Architektur. Seit vier Jahren arbeite ich im Team mit Gerd Marenbach, einem Designer aus Mannheim, der ursprünglich Physik studierte, in Astronomie promovierte, sich danach eine Segelyacht baute und damit etliche Jahre im Mittelmeer unterwegs war. Wir teilen die Begeisterung für innovative Ideen, small houses und naturnahes Leben.

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 Kleine Höhlen bieten Schutz und ein Gefühl der Geborgenheit in der Natur.

Was treibt euch an und motiviert euch, am Ball zu bleiben?

Wir lieben es, zu gestalten, Visionen zu entwickeln und diese zu realisieren. Es gibt für uns kaum etwas Schöneres als eine Idee, die zum Leben erwacht und sich dann in der Materie manifestiert. Allein das ist Glück und das motiviert ganz von selbst, am Ball zu bleiben. Außerdem können wir schon jetzt spüren, dass dieser Ort ein Magnet wird und Menschen anzieht. Abends kommen Neugierige und natürlich Freunde aus dem Ort, um etwa auf der schon fertigen oberen Terrasse zu sitzen und dem Sonnenuntergang zuzuschauen. Wir haben einerseits ein Dorf, das in seinen Traditionen lebt, von denen wir lernen und einen gewissen Grundstil, wie etwa die Steinauswahl aufnehmen. Andererseits ist der Platz eine Komponente, die zusätzlich etwas ganz Altes Archaisches verbindet mit Visionärem, dem in die Zukunft Gerichtetem. Auch das macht zufrieden, glücklich: Zu erleben, dass wir hier etwas erschaffen, das geschätzt wird und sich gut anfühlt.

Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Interview!