Ute Bertrand ist Umweltaktivistin und arbeitet als Pressesprecherin bei der Umweltschutzorganisation Robin Wood. Wir sprachen mit ihr über den Sinn und Zweck von Engagement.

Wie lange gibt es Robin Wood schon und wer ist hier aktiv?

Robin Wood gibt es seit 1982. Der Verein als solcher wird aber gefühlt nicht älter, weil immer wieder neue, junge Leute dazu kommen, die eigene Ideen und Themen mitbringen. Viele Robin-Wood-Aktivisten nutzen Klettern als politische Aktionsform. Wir haben ja vor allem viele Baumbesetzungen gemacht oder sind Firmenzentralen aufs Dach gestiegen.

Oft engagieren wir uns gegen fehlgeplante, große Infrastrukturprojekte, etwa den weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens, gegen Stuttgart21, Autobahnbauten wie die A44 oder neue Kohlekraftwerke wie in Hamburg-Moorburg. Wir gehen Konzerne an, die für Palmöl Tropenwälder zerstören und Menschen ihr Land rauben. Auch die Abschaltung von Atomanlagen und Atomtransporte stehen auf unserer Agenda. Das wird leider so bald nicht aufhören.

Du hast gerade die Großprojekte genannt, die dann letztlich doch realisiert werden. Bringt Engagement denn etwas?

Manche Großprojekte stehen auf der Kippe oder können zumindest nur gegen große Widerstände und mit erheblichem Zeitverzug vorangetrieben werden. Es ist eine spannende Frage, was man als Erfolg sieht und wie man Erfolg misst.

In manchen Bereichen haben wir messbare Erfolge. Etwa, dass Konzerne ihre Produktionsweise umgestellt haben und zum Beispiel auf Tropenholz aus Raubbau verzichten. Und dann gibt es Erfolge, die man nicht messen kann: Etwa dass wir neue Widerstandsorte schaffen, an denen Menschen sich treffen und ins Gespräch kommen.

Hier in Hamburg waren wir beispielsweise gegen die Moorburg-Trasse von Vattenfall engagiert – übrigens ein Projekt, das bis heute wegen Widerstand vor Ort und vor Gericht nicht gebaut wurde. Robin Wood-Aktive und Anwohner*innen haben im Winter gemeinsam wochenlang Bäume besetzt, die für die Trasse gefällt werden sollten.

Bei der Kälte wäre sonst niemand dort gewesen. Doch dadurch, dass da Leute bei Schnee in den Bäumen saßen, kamen auch andere und haben gefragt, was los ist und wie sie helfen können. Sie haben Essen vorbei gebracht, mit an der Feuertonne gestanden und gemeinsam Pläne geschmiedet.

So etwas macht Mut. Das erleben wir auch gerade wieder am Frankfurter Flughafen, wo sich die Menschen gegen den Fluglärm und den Bau eines neuen Terminals wehren. Wenn eine überregional arbeitende Organisation kommt und mit lokalen Initiativen zusammenarbeitet, dann gibt das auch dort frische Energie.

Was rätst Du einem Menschen, der umweltbewusst(er) leben möchte?

Man kann bei sich selbst beginnen und zum Beispiel weniger, umweltfreundlicher und fairer konsumieren. Das greift aber zu kurz. Mir ist es vor allem wichtig, das Ganze politisch anzugehen und nicht beim eigenen Verhalten stehenzubleiben.

Es geht darum, sich Netzwerke zu suchen und mit Gleichgesinnten politisch aktiv zu sein. Letztlich müssen wir die Strukturen ändern, in denen wir leben. Denn wenn die nicht adäquat sind, verführt uns das immer wieder zu einem Verhalten, das anderen und der Umwelt schadet. Deshalb müssen wir auch den großen Rahmen verändern und nicht nur unseren Frühstückstisch.

Und wie kann man bei euch mitmachen?

Wir freuen uns immer über neue Leute. Man kann erst einmal zu Treffen kommen und reinschnuppern. Man kann online Proteste unterstützen oder spenden. Man kann bei uns aber auch einen Kletter-Schnupperkurs machen und bei Aktionen vor Ort mitmachen.

Wir sind eine Aktionsgemeinschaft, in der die Basis das Sagen hat. Wer bei uns einsteigt, kann schnell überall mitreden. Auch über grundlegende Sachen wie: Welche Themen nehmen wir uns vor und wie gehen wir dabei vor? Da gibt es ein breites Spektrum an Beteiligungsmöglichkeiten.

Wie sieht für Dich eine bessere Welt aus?

Ich träume davon, dass die Menschen im Einklang mit der Natur leben und sie nicht ausbeuten. Dass diese Verschwendung aufhört und die Ungerechtigkeit zwischen dem globalen Norden und Süden.

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