Gestern gaben wir mal ein Interview: eine junge Studentin will ihre Abschlussarbeit über „Positiven Journalismus“ schreiben. Ein gut anderthalb-stündiges Gespräch über unsere Gesellschaft, unser Lebensgefühl, unsere Sicht auf die Welt (und wie sie von den Medien vermittelt wird) – und was wir alle, sei es nun als hauptberufliche Journalisten, als nebenberufliche Blogger oder als „Aktivisten“ tun können, um unseren Idealen ein bisschen näher zu kommen – dem, was wir uns innerlich alle wünschen. Dem, was wir aber oft meinen, uns nicht leisten zu können – oder mit solchen Wünschen alleine da zu stehen, ohnmächtig gegenüber einer gleichgültigen Masse, die sich zu Tode amüsiert…

Gestern war aber auch Tag der Menschenrechte. Denn am 10. Dezember 1948 verfasste die UNO-Generalversammlung 30 Artikel, die die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte bilden. Gestern war auch der Tag, an dem Barack Obama den Nobelpreis verliehen bekam – und das obwohl er zu großen Schlacht in Afghanistan aufruft… Gestern war auch ein Tag, an dem die Menschen durch die Straßen hetzten. Entweder, weil sie beruflich im typischen Endjahresstress sind oder weil sie auf der Suche nach Geschenken sind oder beides.

Heute sitze ich hier, und versuche diese Dinge zusammen zu bringen. Unser aller Wunsch nach und unsere Hoffnung auf Gerechtigkeit und Achtung der Menschenwürde auf der einen Seite. Unsere Angst vor dem Anderen und unser Druck, allen Erwartungen und Anforderungen gerecht werden zu müssen, auf der anderen Seite. Viel zu leicht verwickelt man sich im Hamsterrad des Alltags. Gerade in der Vorweihnachtszeit, wo Festivitäten, Familien, und nicht zuletzt der Beruf die letzten freien Minuten des Tages aufzehren – dabei sollte gerade diese dunkle Jahreszeit dem Innehalten dienen.

Gerade dieser Monat sollte die Zeit sein, wo wir uns auf das wirklich wesentliche im Leben besinnen. Wo wir auch mal an Jesus und sein Leben denken – auch wenn wir es für einen Mythos halten und/oder nicht an Gott glauben. Es sollte auch eine Zeit sein, wo wir auf das vergangene Jahr zurück blicken und uns fragen, was wir erreicht haben. Was wir wirklich erreicht haben – und damit meine ich nicht Geld, Karriere und Wohlstand (respektive vermeintlich überstandene Wirtschaftskrisen).

Nein, ich finde, wir sollten uns fragen, was wir ganz persönlich dazu gelernt haben. Sind wir innerlich gewachsen? Konnten wir vielleicht wieder ein Stück weit los lassen – egal, ob es dabei um einen Streit geht (wer „hat“ Recht), um Materielles, um Vorbehalte oder Ängste geht? Konnten wir wieder ein Stück mehr Anteil nehmen an den Schwächen, der Hilflosigkeit oder Verzweiflung anderer Menschen, Tiere oder unserer Umwelt? Haben wir es geschafft, Gewohnheiten abzulegen, von denen wir wissen, dass sie nicht gut sind?

Veränderung fängt bei uns selbst an. Ich bin sogar überzeugt, dass nur sie der Weg zu einer wirklichen Veränderung der Welt in eine positive Richtung sein kann. Andere zu kritisieren fällt immer leicht. Gutes tun aus einem Altruismus heraus auch. Seine eigenen Unzulänglichkeiten zu sehen und sich einzugestehen ist dagegen wesentlich schwieriger. Aber es hilft nichts – ich glaube, dass man dies tun muss, um wahrhaftiger zu werden. Und um nichts weniger geht es schließlich in unserem Leben. Das ist jedenfalls meine Überzeugung.

Ich jedenfalls werde mich irgendwann in den kommenden Tagen hinsetzen und einen Brief schreiben. Einen Brief an mich. Das tue ich jedes Jahr. Darin schreibe ich, was genau ich nächstes Jahr lernen, ablegen oder ändern möchte. Ende 2010 werde ich ihn lesen – und ich werde sehen, dass ich wieder ein kleines Stückchen auf meinem Lebensweg weiter gekommen bin. Vielleicht versucht ihr das auch? Es hilft, das wesentliche im Leben vor lauter Alltagsstrampelei nicht ganz aus dem Blick zu verlieren… In diesem Sinne: eine besinnliche Vorweihnachtszeit!

Bildquelle: www.pixelio.de