Wie so viele Organisationen zieht auch Reporter ohne Grenzen seine Jahresbilanz – und kommt zunächst zu einem fast erfreulichen Resumee.

Wurden letztes Jahr noch 86 Journalisten getötet, so sind es dieses Jahr „nur“ 60. Auch die Zahl der fest genommenen Journalisten ist mit 673 im Vergleich zum Vorjahr mit 887 verhafteten Journalisten rückläufig – ebenso wie die der körperlich angegriffenen oder bedrohten Journalisten: 2007 waren es 1.511, dieses Jahr 929. Entführt wurden 2007 noch 67 Journalisten, 2008 waren es ebenfalls weniger, nämlich 29.

Grund zum Jubeln gibt es allerdings dennoch nicht. Und zwar nicht nur, weil die Zahlen – auch wenn sie gesunken sind – natürlich immer noch viel zu hoch sind. Sondern auch, weil sich nach Aussagen von Reporter ohne Grenzen die Repressionen vieler Regierungen auf die Aktivitäten im Internet fokussieren – beispielsweise auf Blogger. Von diesen sei einer getötet worden, 59 säßen hinter Gittern und 45 seien körperlich angegriffen sowie 1.740 Websiten verboten und geschlossen worden: In insgesamt 37 Ländern hat Reporter ohne Grenzen Online-Zensuren dokumentiert – allen voran in Syrien mit 162 zensierten Webseiten, in China mit 93 Seiten sowie im Iran mit 38 Seiten.

Das heißt die Organisation muss zunehmend auch ein Auge auf „normale“ Bürger haben: So sei Anfang 2008 in China erstmals ein Mann getötet worden, der sich als Bürgerjournalist im Internet engagierte. Kommunale Polizeibeamte erschlugen den chinesischen Unternehmer Wei Wenhua als er am 7. Januar einen Zusammenstoß mit Demonstranten filmte.

Reporter ohne Grenzen machte auch Angaben dazu, welche Regierungen zu den größten Feinden der Pressefreiheit und freien Meinungsäußerung gehören: Der Irak bleibt demnach mit 15 getöteten Journalisten das sechste Jahr in Folge das unsicherste Land für Medienmitarbeiter. Das zweitgefährlichste Land für Journalisten ist Pakistan mit sieben Todesfällen: Eine der Ursachen sind die Kämpfe zwischen militanten Islamisten und den pakistanischen Sicherheitskräften in den so genannten Stammesgebieten.

Das drittgefährlichste Land für Journalisten sind die Philippinen, wo vor allem politische und kriminelle Gewalt für die 6 Todesopfer verantwortlich ist. In Afrika ist die Todesrate unter den Journalisten zwar gesunken – von zwölf im Jahr 2007 auf drei in diesem Jahr. Doch der Grund für diese Entwicklung liegt nicht im besseren Schutz von Journalisten. Vielmehr verschwinden Nachrichtenmedien in Kriegszonen wie Somalia zunehmend – im vergangenen Jahr war das ostafrikanische Land das noch weltweit Zweitgefährlichste für Journalisten. Zudem geben viele Journalisten ihren Beruf auf oder flüchten ins Exil.

Die größten Gefängnisse für Journalisten sind auch in diesem Jahr wieder China (30 Inhaftierte) und Kuba (23 Inhaftierte). Mindestens 29 Journalisten sind 2008 aus politischen oder kriminellen Gründen entführt worden. In Afghanistan wurden sieben Journalisten und Medienassistenten gekidnappt, in Somalia und Mexiko jeweils fünf und im Irak vier.

Reporter ohne Grenzen dokumentiert in seiner Bilanz allerdings auch ausschließlich die Fälle, die eindeutig oder mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Berufsausübung in Verbindung stehen. Fälle, deren Zusammenhang noch nicht geklärt ist oder die anderen Umständen wie etwa Krankheit oder einem Autounfall geschuldet waren, sind nicht in der Statistik aufgeführt.

Den kompletten Bericht kann man als PDF von der Website von Reporter ohne Grenzen herunter laden.