Berlin hat ein Problem mit Ratten. Soviel ist klar. Deshalb bittet der FDP-Politiker Henner Schmidt auf seiner Website um die Mithilfe Freiwilliger bei der Lösung des Problems. Gegenüber dem Berliner Kurier hat er unlängst auch verraten, wie diese konkret aussehen könnte: Man lässt einfach diejenigen den Job machen, die sowieso tagtägliche ihre Flaschen sammeln gehen; Arbeitslose, Hartz IV-Empfänger, also Menschen, die eigentlich ohnehin nichts Besseres zu tun haben. Für jeden Fang erhalten diese dann eine 1 Euro-Kopfprämie – und gut ist…

Jetzt möchte man vielleicht denken, ja, warum sollen gerade die Ärmsten der Armen in die Kloaken und Müllberge Berlins abtauchen und Beutezug machen? Warum gehen nicht diejenigen, die die Stadt so verkommen lassen haben? Man könnte sich fragen, warum gerade ein Politiker, der ja gemocht, geliebt und gewählt werden will, sich durch solch menschenverachtende Äußerungen um Kopf und Kragen redet. Doch so wie es scheint, steht er in seiner Partei nicht alleine da. Es soll(te) sogar ein entsprechender Antrag von der Berliner FDP-Fraktion eingebracht werden.

Nur eine Frage der Logik
Der Berliner Kurier meint den Grund für den forschen Vorstoß ausgemacht zu haben: „Wer sich jetzt fragt, wie man auf so eine Idee verfällt, sollte vielleicht einen Blick in den Lebenslauf des Liberalen werfen. Schmidt arbeitete für die berüchtigten Firmen-Sanierer von „McKinsey“. Und die sehen’s ja nicht gern, wenn Menschen ihre Arbeitskraft brachliegen lassen statt maximalen Nutzen zu bringen. Also auch: Ratten fangen statt rumhängen!“

2009 wird nicht nur ein Jahr der Wirtschaftskrise, sondern auch ein Jahr das unsere Gesellschaft auf den Prüfstand stellen und nachhaltig verändern wird. In der Not könnten unsere besten, aber auch unsere schlechtesten Seiten zutage treten. Wir könnten zu Entscheidungen gezwungen werden, die drastischere Konsequenzen haben, als in der Vergangenheit.

Wie werden wir reagieren? Wofür und für wen sind wir bereit, Verantwortung zu übernehmen? Welche Politikern wollen wir trauen? Immerhin sind nächstes Jahr Bundestagswahlen, von denen sich auch die FDP viel erhofft. Doch es könnte sein, dass diese gerade eine Zeit fällt, in der aus verständlichem Grund wir die Politik daran messen werden, wie sie mit den Schwächsten in der Gesellschaft umgehen. Denn das Argument: „Mit uns wird die Wirtschaft flott gemacht!“ würde noch nicht einmal einer Mittelstandspartei (die Partei für die schrumpfende Mittelschicht..) zu mehr Glaubwürdigkeit verhelfen, wenn es drumherum in der Wirtschaft kracht.

In diesem, eigentlichen insgesamt belanglosen, Vorschlag steckt also mehr Sprengstoff als erwartet, und so werden bereits Rücktrittsforderungen aus der eigenen Partei laut. Doch so weit muss es ja nicht kommen. Es würde reichen, wenn der Wind der Geschichte, der derzeitig weltweit um die Häuser streicht, auch in die feinen Nasen manchmal Politiker gelangte. Nicht, weil es strategisch günstig ist, sondern weil sie ihn tatsächlich riechen können.