Was war das wieder für eine Woche… Wo man auch hinschaute, gab es einen vor den Kopf: Panik auf Schalke, in der Schleswig-Holsteinschen CDU, auf den Straßen von Berlin und offensichtlich auch in den Redaktionen der Tageszeitungen und TV-Sender. Denn hier galt es so manches Sommerloch zu stopfen. Doch die dollste, seltsamste und geheimnisvollste Panik von allen ist die der ominösen „Märkte“.
Wenn man mal jemanden fragt, was denn da so los, mit diesen „nervösen Märkten“ kommt er bald ins Stocken. Gerade dann, wenn er als ausgewiesener Experte darum ringt zu erklären, wieso diese Märkte denn erst so viel Unheil anrichten und dann darüber nervös werden. Und noch mehr, wenn man fragt, wie man sie denn bloß beruhigen könne – wenn dies anscheinend allen so wichtig ist… vielleicht, aber das fragt man besser diesen Experten nicht, sind die Märkte ja IMMER nervös. Egal was man tut. Vielleicht ist es ihre Funktion, ihre Erfüllung oder Aufgabe. Wie man es auch dreht und wendet. Dieser nebulöse Begriff der Märkte geistert durch das Sommerloch wie einst das Gespenst von Canterville durch sein Schloß. Und gerade darin liegt wohl auch sein Fluch. Oder ist es ein Segen?
Segen oder Fluch?
So ganz genau kann man das ja gar nicht auseinander halten. Denn bekanntlich gilt ja der Fluch der einen, als der Segen für andere. Sprich: Ohne das jemand Schaden nimmt, kann kein anderer einen Profit mitnehmen. Ein geradezu existenzielles Prinzip unserer Wirtschaft. Deutschland geht es gut? Deutschland boomt? Tja, das ist doch ein Segen! Den anderen geht es schlecht? Die anderen stürzen ab? Hm… das ist wohl die andere Seite der Medaille, des Euros oder wie man es auch formulieren möchte. Ohne Verlierer kann es nun mal keine Gewinner geben. Oder wie es Ex-Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle formulierte: „die anderen feiern eben gern und machen ein paar Stunden Siesta, das ist ja auch in Ordnung so“. Doch von nichts käme eben nichts. Und Deutschland sei da nun mal ganz anders.
Ob Deutschland die Märkte beruhigt oder gerade nervös macht, war denn nun auch das große Thema. „Deutschland und Frankreich übernehmen immer dann die Zügel, wenn es Europa schlecht geht. Das war schon immer so!“ erklärte man uns gestern in den Tagesthemen. Und: Wir haben es begriffen. Sind diese Märkte nervös, kann es eigentlich keinen besseren geben, um Händchen zu halten. Das manche glauben, aus dem Händchen würde zunehmend eine Schraubzwinge werden, na, das ist auch in Ordnung. Tatsache ist doch, dass Deutschland trotz Weltwirtschaftskrise am besten zurecht kommt. Und wenn die anderen nur Siesta machen… können wir fleißigen, fairen und geschäftstüchtigen Deutschen doch nichts dafür.
Deutsch-Französische Zügel
Tja, und nun haben wir den Salat – und zwar so viel davon, dass er getrost das Sommerloch füllt – wahrscheinlich sogar für die nächsten 10 Jahre. Merkel und Sarkozy wollen die Zügel nicht aus den Händen geben. Eine Europäische Wirtschaftsregierung müsse her. Und die solle alle Schlüssel in den Händen halten, keinem Rechenschaft schuldig sein und überhaupt absolut unantastbar. Wäre ja noch schöner… das würde doch die Märkte nur nervös machen! Und überhaupt… alle sollen sparen, so gut wie Deutschland das ja auch macht. Und eine Börsentransaktionssteuer soll es auch geben. Vielleicht 0,001 Prozent? Und was machen diese dummen Märkte, als sie das hören: Sie werden nervös. Und der Dax, der eh schon nicht zur Ruhe kam, stürzt ab. Aua.
Nachdem wir in den letzten Wochen immer nur von dunkelgrauen Donnerstagen und so sprechen konnten, besteht heute gute Hoffnung auf einen schwarzen Freitag. Und das in Ordnung so? Ne, natürlich nicht. Das machen die Märkte nicht mit. Das sie vorher den Karren in den Dreck gefahren haben, interessiert sie dabei nicht allzu sehr. Jetzt herrscht Nervosität, herrscht Panik an der Börse. Die Aktien fallen und Schuld ist die Politik, ist das Wetter, sind die Konsumenten, ist die Fiesta, vielleicht sind es auch die Bodenverhältnisse auf dem blanken Parkett. Man weiß es ja nicht. Und wenn es niemand schafft diese Märkte zu beruhigen, wird wohl keiner übrig bleiben, um es heraus zu finden.
Wer ist jetzt nervös?
Noch mal kurz zur Erinnerung: Die „Märkte“ das sind genau die Spekulanten die auf ihre eigene Nervosität Wetten an der Börse abschließen. Und diese kann man sogar gewinnen – wenn man verliert! Womit bewiesen wäre: es gibt sie eben doch, die Verlierer die auch Gewinner sind. Es wäre schön, wenn sich die Redaktionen von TV und Presse auf diesen Sachverhalt konzentrieren würden, denn die Formulierung von den „nervösen Märkten“ nervt und ist durchschaubar.
Es wird Zeit für etwas Wahrheit. Wenn wir es von der Wirtschaft und der Politik nicht erwarten können, dann vielleicht von den Medien? Je mehr Wahrheit auf den Tisch käme, desto weniger nervös würde uns die (gespielte) Nervosität machen. Man würde das Spielchen durchschauen und sich nicht mehr am Nasenring durch die Manege ziehen lassen. Und am besten kommt die Wahrheit ans Licht, BEVOR die Staaten ihre Haushaltssouveränität an diese gleichsam ominöse Wirtschaftsregierung abgeben. Dann wären vielleicht die Märkte nicht mehr nervös… ich schon!
Für die Verwendung des Bildes danken wir: Ernst Rose, via pixelio
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