Die geplante KfZ-Steuerbefreiung ist schon länger umstritten. Nun protestierten am Donnerstag Umweltverbände in Berlin dagegen.
Unter dem Motto „Sparautos statt Spritfresser! Konjunktur braucht Klimaschutz!“ stellten der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) und die Umweltstiftung WWF Deutschland stellvertretend für alle Pkw mit hohem und niedrigen Verbrauch einen VW Touareg und einen VW Golf BlueMotion auf. Ölfässer symbolisierten den Verbrauchsunterschied zwischen beiden Fahrzeugen.
Die Umweltverbände forderten Bundestag und Bundesregierung auf, Anreize zum Bau spritsparender Modelle zu schaffen. Anlass der Aktion war die Entscheidung des Bundestags zum Konjunkturprogamm sowie die Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum EU-Klimapaket.
Abgeschwächte CO2-Grenzwerte
Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD: „Die Bundesregierung kurbelt mit ihrer Politik die Wirtschaft nicht an, sondern gefährdet Arbeitsplätze in Deutschland. Durch die vorgesehene Kfz-Steuerbefreiung unabhängig vom CO2-Ausstoß und einen auf EU-Ebene abgeschwächten CO2-Grenzwert von mindestens 130 Gramm ab 2015 werden die Autobauer aus der Pflicht genommen, endlich umweltschonende und zukunftsfähige Autos zu produzieren. Nur diese werden aber bei künftig steigenden Energiekosten für den Verbraucher bezahlbar sein.“
Bei einer für Diesel durchschnittlichen Fahrleistung von 20 000 Kilometer pro Jahr verbrauche der VW Touareg V10 TDI rund 1 500 Liter mehr Dieseltreibstoff als der VW Golf BlueMotion. Pro Kilometer stoße der Geländewagen 315 Gramm CO2 aus, im Vergleich zu 119 Gramm CO2 beim BlueMotion. Trotzdem werde der Touareg durch die im Konjunkturprogramm vorgesehene Kfz-Steuerbefreiung aufgrund seines größeren Hubraumes jährlich mit 772 Euro, der klimafreundlichere Golf aber nur mit 293 Euro gefördert.
Absurde Steuerbefreiung
Werner Reh, BUND-Verkehrsexperte: „Das Beispiel zeigt die Absurdität der geplanten Steuerbefreiung: Große und teure Spritfresser bekommen das Geld hinterher geschmissen und den Normalkunden fehlt der steuerliche Anreiz, spritsparende Modelle zu kaufen. Stattdessen brauchen wir eine sofortige Umstellung der Kfz-Steuer auf CO2-Basis. Spritfresser müssen dabei so hoch mit Abgaben belastet werden, dass Käufer von spritsparenden Pkw komplett von der Steuer befreit werden können. Das ist nicht nur ökologisch sondern auch sozial gerecht.“
Dietmar Oeliger, NABU-Verkehrsexperte: „Der europäische CO2-Grenzwert für Neuwagen ist bis zur Unkenntlichkeit verwässert worden und wird bis zum Jahre 2015 keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Jetzt muss zumindest das Langfristziel von 95 Gramm pro Kilometer für das Jahr 2020 verbindlich festgelegt werden. Ansonsten droht das Gesetz komplett zur Farce zu werden. Die Krise der Autoindustrie muss als Chance begriffen werden, einen Wandel in der Modellpolitik herbeizuführen. Der Bau klimafreundlicher Pkw-Modelle ist längst machbar, das zeigen viele bereits auf dem Markt befindliche Sparmodelle.“
Viviane Raddatz, WWF-Verkehrsexpertin: „Die Bundeskanzlerin hat vor 14 Jahren als Umweltministerin genau die Grenzwerte vorgeschlagen, die sie nun auf EU-Ebene verhindert hat. Das ist peinlich. Aber es passt dazu, wie sich Angela Merkel derzeit insgesamt positioniert: Klimaschutz wird kurzfristigen Industrieinteressen geopfert. Die Botschaft, die damit an die internationale Klimakonferenz in Posen geht, lautet: Deutschland hat im Klimaschutz den Rückwärtsgang eingelegt.“
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