Während sich der schwedische Energie-Riese Vattenfall in seinem Mutterland ja eher ökologisch präsentiert, sinkt das Image in Deutschland wohl mittlerweile in den tiefsten Keller.

„Der schwedische Staatskonzern Vattenfall will aus reiner Profitgier deutsche Umweltauflagen aushebeln – das ist ein einzigartiger Vorgang“, sagt Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace, zu der Klage, die Vattenfall vor dem Schiedsgericht der Weltbank anstrengt. Es geht um Moorburg, das geplante Kohlekraftwerk in Hamburg.

Vattenfall beruft sich auf internationale Energiecharta

Der Konzern beruft sich laut Greenpeace auf die internationale Energiecharta und beklagt rund 600 Millionen Euro Mehrkosten. „Sollte Vattenfall mit seiner Klage Erfolg haben, könnte Deutschland wie auch andere Staaten künftig auf den Kosten sitzen bleiben, die Konzerne für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen nicht zahlen wollen“, meint Karsten Smid (Zum Hintergrund: für das Kohlekraftwerk Moorburg sind die zusätzlichen Umweltauflagen fällig.

Diese Auflagen nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie verletzen nach Auffassung von Vattenfall aber die internationale Energiecharta, ein multilaterales Abkommen für den Energiesektor, dem Deutschland wie Schweden beigetreten sind).

Pannenserie im AKW Krümmel

Parallel dazu reißt die Pannenserie im AKW Krümmel – ebenfalls von Vattenfall betrieben – nicht ab. Die Umweltschutzorganisation Robin Wood veröffentlichte nun eine Studie, die einem (als Hamburger) die Haare zu Berge stehen lässt:  Käme es in Krümmel zu einer Kernschmelze und würde der Wind zudem aus Osten wehen, dann würden schon nach rund 15 Minuten die östlichen Teile der Stadt von radioaktiven Edelgasen verstrahlt, nach einer Stunde wäre das Hamburger Stadtzentrum betroffen. Weitere zwei Stunden später würde die Innenstadt von den leicht- und mittelflüchtigen Radionukliden getroffen, schreibt Robin Wood.

„Mehr als eine Million Menschen müssten nach einem Kernschmelzunfall im AKW Krümmel allein in Hamburg evakuiert werden. Mehr als 20.000 Tote wären mindestens die Folge, wenn es in Krümmel zum Schlimmsten kommt, “ so Dirk Seifert, Energiereferent von Robin Wood, und fährt fort: „Bei Vattenfall trifft völlig veraltete Technik auf ein katastrophales Sicherheitsmanagement.

Schlampt Vattenfall?

Angesichts der enormen Auswirkungen eines jederzeit möglichen schweren Störfalls in Krümmel ist die in den letzten Jahren zutage getretene Schlampigkeit von Vattenfall nicht hinzunehmen. Deshalb muss es Vattenfall verboten werden Atommeiler zu betreiben“.

Unsere Politiker scheinen das allerdings nicht so ernst zu sehen: CDU/CSU und FDP haben ja bereits angekündigt, dass die Laufzeiten älterer Atomkraftwerke verlängern wollen, sollten sie die Wahl im September gewinnen. Nicht zuletzt deswegen protestierten BUND-Aktivisten am vergangenen Freitag in Wiesbaden gegen eine künstliche Verlängerung der Laufzeiten, die AKW-Betreiber durch AKW-Stillstandszeiten provozieren (die Biblis A und B, das AKW Brunsbüttel und das AKW Neckarwestheim sollten eigentlich schon 2008, spätestens 2009, stillgelegt werden.

Isar und Biblis

2011 soll Isar 1 folgen, 2012 Philippsburg 1 und das AKW Unterweser). Neben dem Pannen-AKW Krümmel müsse laut BUND die sofortige Stilllegung der ältesten und gefährlichsten Atommeiler auf der Tagesordnung stehen. Für die Atomreaktoren in Biblis sei besonders kritisch zu bewerten, dass das Risiko von Erdbeben massiv unterschätzt werde und beide Reaktoren dem Absturz eines Flugzeugs nicht standhalten würden.

Nicht nur, dass es den Aufbau alternativer Energieversorung verhindert, wenn die alten AKWs länger als geplant am Netz bleiben – nach wie vor ist schließlich ungeklärt, wie der Strahlenabfalls entsorgt werden soll und wie verhindert werden soll, dass sich nukleare Materialien verbreiten (man denke nur an Asse II). Allein schon deshalb seien die Ankündigungen von CDU/CSU und FDP, nach einem eventuellen Wahlsieg die Laufzeiten der Atommeiler zu verlängern, vollkommen inakzeptabel, meinte Rothkegel. Er hält die kommende Bundestagswahl für eine Richtungsentscheidung in der Energie- und Atompolitik.

Weitere Infos: www.greenpeace.de, www.robinwood.de/energie , www.bund.net