Weltverbesserung und gelebte Utopie ist ein weltweiter Trend. Das ist eine gute Nachricht. Und was das genau bedeutet, kann man nun in einem Buch der Weltreporter nachlesen…

Auf der Suche nach dem besseren Leben

Es gibt einen weltweiten Trend der Weltverbesserung! Dies konstatiert der Herausgeber des Buches »Völlig utopisch« Marc Engelhardt. Er ist freier Journalist, Auslandskorrespondent und Mitglied des Netzwerks Feier Korrespondenten Weltreporter.

Unabhängig von einander setzten sich viele Journalisten des Netzwerk mit Utopien auseinander. Bis sie eines Tages feststellten, dass sie dieses Interesse zu einen scheint – und ja, mehr noch: Dass Utopien und die Suche nach dem anderen, dem besseren Leben anscheinend in allen Ländern dieser Welt die Menschen zu beschäftigen scheint.

»Das hat uns selbst sehr überrascht«, räumt Marc Engelhardt in einem Interview mit dem MDR ein. »Wir sind ja tatsächlich von Neuseeland über Russland bis China – überall auf der Welt präsent. Und wir haben zufällig irgendwann einmal gemerkt, dass dieses utopisch leben die Menschen überall beschäftigt – egal ob in Dänemark oder Neuseeland«, berichtet er. Also haben sie 17 interessante Beispiele ausgesucht. »Es hätten aber auch 70 sein können«, erklärt Engelhard im Hinblick auf die Fülle der von den Korrespondenten vorgefundenen Realutopien.

Die Zeit der großen Ideologien ist vorbei

Die großen Ideologien und die Gleichmacherei gehören nach Ansicht von Marc Engelhardt jedenfalls Vergangenheit des letzten Jahrhunderts an. Statt dessen entsteht in diesem Jahrhundert schon seit längerem eine Vielzahl von kleinen, vereinzelten Projekten, in denen Menschen ganz direkt und am eigenen Leib versuchen, ihre Utopien zu leben. »Da gibt es nicht diese Sicherheit: ‚Das ist es jetzt’«, meint Engelhardt.

Vielmehr probierten die Leute aus und schauten, was passiert – was funktioniert und was nicht. Der Hang, andere umerziehen oder sich strikt gegen andere abgrenzen zu wollen, ist laut Engelhardt damit auch verschwunden. »Das lässt sich doch keiner mehr gefallen«, meint er. Und warum auch? Wenn Utopien verstreut in vielen kleinen Enklaven gelebt werden können, kann sich schließlich jeder die »Welt« aussuchen, die ihm oder ihr behagt.

Utopie: Foto von  Môsieur J. via flickr

Der Freiheitsdrang eint sie alle

Womit wir bei dem sind, was dann doch wieder allen Beispielen in dem Buch gemein ist: Die Freiheit! Die Sehnsucht, der Wunsch, der unbedingte Wille sein Leben so zu gestalten, wie man es sich erträumt, zieht sich durch das gesamte Buch.

Das reicht von dem israelischen Kibbuz für »Menschen mit besonderen Bedürfnissen« über ein Hacker-Dorf in Spanien, das das Internet neu erfindet, einer Eremiten-Familie in Neuseeland – und endet nicht bei der ersten Walddorfschule Chinas, die noch im Untergrund existieren muss, da Lehrer und Eltern Gefahr fürchten müssen im Gefängnis zu landen.

Die bessere Welt im utopischen Versuchslabor

Dabei zeigen Engelhardt und seine Kolleg_innen, dass Utopien keineswegs zum Scheitern verurteilt oder eine belächelnswerte Einfältigkeiten unverbesserlicher Sozialromantiker sind. Nein, sie machen Mut – gerade weil sie unvoreingenommen die guten wie die schlechten Seiten beschreiben. Zum Beispiel mit der Geschichte von einem Dorf in Namibia, in dem es das bedingungslose Grundeinkommen heute schon gibt.

Heimat vieler Trunkenbolde und Halunken. Man hätte man davon ausgehen können, dass die Bewohner dieses Dorfes ihr Geld ohnehin nur versaufen und verzocken (was in der ersten Nacht tatsächlich geschah). Doch mittlerweile hat das ehemalige »Gesindel« eine kleine Wirtschaft zum Laufen gebracht, die eine wichtige wirtschaftliche Stütze in der Region ist. Und die Bewohner haben – nun neuen Mut und Selbstbewusstsein gewonnen – weitere Pläne gefasst.

Fazit

So ist das Buch nicht nur eine kurzweilige Unterhaltung mit Überraschungseffekt (so kann man also auch leben!?!). Es ist auch ein Mutmacher. Ein Buch voller Beweise dafür, dass es ohne durchgeknallte Lebensexperimente nun mal nicht geht in unserer Welt. Nicht nur, weil sie das Leben einfach viel bunter und schöner und interessanter machen. Sondern weil uns die Vielzahl unserer »Krisen« und Konflikte keinen anderen Ausweg übrig lässt.

P.S. Übrigens ist auch das Netzwerk Weltreporter selbst eine kleine Utopie: Gut 40 freie Korrespondenten tragen um die ganze Welt herum das zusammen, was ihnen wichtig erscheint. »Wir lassen uns auch nicht in irgendwelche Formate oder Vorgaben einsperren«, so Engelhardt zum Abschluss des Gesprächs.


Buchtipp: Völlig utopisch. 17 Beispiele für eine bessere Welt

Bibliografische Angaben

Völlig utopisch. 17 Beispiele für eine bessere Welt
Hsrg.: Marc Engelhardt
271 Seiten
ISBN 978-3-570-55244-5
Preis: 14,99
www.pantheon-verlag.de


Interessante Links zum Thema


 

Vielen Dank für die schönen Bilder an Herbert Raschke (pixelio) und Môsieur J. (flickr)