In Chile steht Anfang September eine neue Verfassung zur Wahl. Dann entscheiden sich die Chilen:innen »zwischen der bestehenden Verfassung aus Diktaturzeiten oder der ersten Magna Carta der Welt, die auf demokratische, partizipatorische und paritätische Weise erarbeitet wurde«, wie die Heinrich Boell Stiftung schreibt.

Die Verfassung Chiles stammt noch aus der Zeit der Diktatur unter Pinochet. Sie sollte Chile zu einem Vorzeigeland des Neoliberalismus nach der »Chicagoer Schule« machen. Seit dem hat sich einiges verbessert im Land, aber auch etliches verschlechtert. Zuletzt kam es 2019 zu sozialen Unruhen, als die Ticketpreise für den öffentlichen Verkehr erhöht werden sollten. Vermutlich auch deshalb haben die rechten und konservativen Parteien bei der Wahl zum Verfassungskonvent derart schlecht abgeschnitten, dass sie noch nicht mal die Sperrminorität von einem Drittel der Stimmen erreicht haben. Entsprechend wenig Einfluss hatten sie auf die neue Verfassung.

Die wichtigsten Themen

Zu den wichtigsten Themen der kommenden chilenischen Verfassung gehören laut SRF die folgenden Punkte:

  • Die Rolle des Staates: Bislang sollte sich der Staat aus so gut wie allen Bereichen heraushalten. Auch aus solchen wie Bildung, Gesundheit, Kultur oder Wohnraum. Das hat zuletzt 2019 zu massiven Protesten geführt. Die neue Verfassung will das ändern. Zum Beispiel soll der Staat allen Bürger:innen Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem garantieren.
  • Indigene Völker: Bisher gehörte Chiles Verfassung zu den wenigen aus Lateinamerika, die die indigenen Völker in seiner Verfassung nicht anerkennt. Im Verfassungkonvent waren 17 indigene Vertreter:innen, so viele wie in noch keinem Verfassungskonvent der Welt.
  • Wasserrechte: Das Wasser wurde in Chile noch unter Pinochet vollständig privatisiert. Heute kontrollieren laut SFR internationale Unternehmen die Wasservergabe in Chile. Das soll sich nun ändern. Die kommende Verfassung soll die private Kontrolle der Wasserrechte abschaffen.

Die Organisation medico international spricht von der »ersten sozial-ökologisch-feministischen Verfassung der Welt … Einer Verfassung, die Geschlechterparität im Staat festschreibt, die Rechte der Natur anerkennt und sich zur Plurinationalität und damit zu den indigenen Völkern des Landes bekennt« (Schreiben vom 12. August 2022).

Widerstand mittels Fake-News

Jetzt liegt es Anfang September an der Bevölkerung, der neuen Verfassung zuzustimmen – oder eben auch nicht. Rechts-konservative Kräfte wollen das natürlich verhindern. Es geht um Macht, Einfluss, Geld … Und so sehen sich die links bis links-liberalen Kräfte, deren Handschrift die neue Verfassung hauptsächlich trägt, mit einer Fake-News-Lügen-Kampagne konfrontiert.

Nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern auch in Fernsehsendungen und anderen konservativen Medien verbreiten rechts stehende Prominente derlei Unwahrheiten. So soll die neue Verfassung zum Beispiel Abtreibungen bis zum neunten Monat erlauben, die Menschen hätten dann kein Recht mehr auf ein eigenes Haus – oder der Staat würde sich alle Renten einverleiben. Ihr Ziel: Der Mehrheit der Bevölkerung soll so viel Angst vor den Neuerungen gemacht werden, dass sie lieber beim Alten bleiben.

Demokratiebewegung unterstützen

Die Organisation medico international ruft daher dazu auf, die Demokratiebewegung in Chile zu unterstützen, zum Beispiel durch eine Spende. Und auch, indem wir darüber berichten und Menschen darauf aufmerksam machen. Im neuesten Rundschreiben der Organisation habe ich einen recht bewegenden Augenzeugenbericht gelesen. Es scheint sehr viel Aufbruchstimmung, Mut und Optimismus bei den Demokratie-Aktivist:innen zu herrschen.

Ich finde gerade in Zeiten, wo es immer mehr Despoten zu geben scheint und diese immer harscher und kriegslüstener werden, sind solche Entwicklungen echte Mutmacher. Ich werde die Kampagne »Adios Neoliberalismo« von medico international daher auf jeden Fall unterstützen. Machst du mit?

Weitere Infos bekommst du hier: https://www.medico.de/adios

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